Stummer Beobachter

ComicG | Flix / Ralph Ruthe: Ferdinand, der Reporterhund

Schon seit 2009 arbeitet Ferdinand in der Redaktion des Kindermagazins Dein Spiegel. Nun endlich wurden all die Jahre engagierter Berichterstattung mit einem Sammelband belohnt. Obwohl Ferdinand eigentlich für eine jüngere Leserschaft schreibt, musste STEFANIE HÄB so manches Mal schmunzeln, als sie den eigenartigen Reporterhund bei der Arbeit begleitet hat.
Ferdinand
Wenn Flix einen Comic zeichnet, für den Ralph Ruthe den Text liefert, dann erwartet man Großes. Und tatsächlich kann sich diese liebevolle Kombination aus Ruthes scharfsinnigem, aber in diesem Fall kindgerechtem Humor und den ecknasigen Figuren der Marke Flix sehen lassen – vor allem bei kleinen Lesern. Die einzelnen zwei- bis dreiseitigen Episoden präsentieren sich entweder als pädagogisch wertvolle Zeitungsartikel, die durch Panels mit manchmal erstaunlich weit hergeholten Beispielen illustriert werden, oder einfach als kleine herzerwärmende Geschichten aus dem Leben des gelben Zeitungshundes.

»Schreiben Sie was, Ferdinand. Irgendwas!«

Ja, die Hauptfigur des Comics ist bereits der Inbegriff der Putzigkeit: Wir haben es mit einem winzigen Hund zu tun, der zwar einen Kopf hat, der genau so groß ist wie sein Körper, dafür aber umso minimalistischere Gesichtszüge. Als aufgeschlossen und vielseitig interessiert erlebt man den ansonsten eher schweigsamen Gesellen, der sich ausschließlich in Courier New ausdrückt.

Meistens beginnt die jeweilige Episode damit, dass der zenmäßig entspannte Ferdinand von seinem chronisch gestressten Chef – der natürlich eigentlich ein netter Kerl ist – einen Artikel aufgetragen bekommt. Dann muss der loyale Reporterhund unter Zeitdruck mal eben einen mangelhaft recherchierten Beitrag für den Wissensteil seiner Zeitung heruntertippen. Eine derartige Arbeitsmoral würde ihn als glaubwürdige Informationsquelle für ein junges, leicht beeinflussbares Lesepublikum eigentlich schon disqualifizieren, wenn seine Artikel am Ende nicht doch von erstaunlicher Brillanz wären und er selbst nicht so einen hohen Niedlichkeitsfaktor hätte.

Ruthe für Einsteiger

Und genau diese Artikel, die sich Ferdinand da so locker aus dem Ärmel schüttelt, sind es, die auch den älteren Leser noch zum Lachen bringen. Nicht etwa, weil er dabei neue Erkenntnisse über die chemischen Vorgänge beim Kochen erlangt, sondern weil diese Erkenntnisse so herrlich geistreich verbildlicht werden. Etwa, wenn Ferdinand erklärt, dass manche Dinge erst durch Kochen genießbar werden – und zwar am Beispiel seines Chefs, den er in einer köstlichen Gemüsesuppe zubereitet, bevor er ihn dann verspeist.

In solchen Momenten erinnert man sich auch gleich wieder daran, dass ja Ruthe an der Sache beteiligt ist. Fast schon satirische Züge nimmt dann Ferdinands Artikel zum Thema Evolution an, wenn die Gene der Lebewesen mit einer Ikea-Bauanleitung verglichen werden. Jeder, der schon einmal beim Aufbauen eines Ikea-Regals verzweifelt ist, wird an der treffenden Darstellung eines fehlerhaft zusammengebautes Pony seinen Spaß haben. Ferdinand selbst hat dabei übrigens nichts zu lachen, weil sein Chef für solcherlei Albernheiten nicht viel übrig hat.

Auch optisch ist die Reihe in bester Flix-Manier auf jeden Fall ein Genuss: Die Bilder sind herrlich farbenfroh, aber nicht überladen. Dazu wirkt der kleine rundliche Hund reichlich komisch in einer Welt voller grober, eckiger Menschen, die alle mindestens doppelt so groß sind wie er selbst. Das ist auch ein schönes Sinnbild dafür, dass die Serie jungen Leuten dabei helfen soll, die komplizierte Welt der Großen zu verstehen. Genau deswegen hat der Comic aber auch nur eine begrenzte Reichweite, da Ferdinand Lesern über dem Durchschnittsalter des Dein Spiegel-Publikums nichts Neues mehr erzählen kann.

So ist auch klar, dass Ruthe seinen zynischen Humor nicht auf die jungen Leser loslassen kann, obwohl seine Handschrift, vor allem die von Shit Happens, durchaus erkennbar ist – etwa in einem Beispiel für solche Abstecher der Evolution, die sich langfristig einfach nicht durchsetzen konnten: Zebras mit Streifen in Zielscheibenform. Alles in allem wird Ferdinand den Liebhabern des schwarzen Ruthe-Humors jedoch zu simpel sein und auch thematisch die erwachsenen Leser nicht mehr fesseln können, sodass der Comic wohl eher über die Schulter des eigenen Kindes mitgelesen wird.

| STEFANIE HÄB

Titelangaben
Flix (Zeichnungen) / Ralph Ruthe (Text) : Ferdinand, der Reporterhund
Hamburg: Carlsen Comics 2013
64 Seiten, 9,95 Euro
Ab 9 Jahren

Reinschauen
Homepage von Flix
Homepage von Ralph Ruthe

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