Jugendbuch | Jenny Jägerfeld: Der Schmerz, die Zukunft, meine Irrtümer und ich
Erwachsenwerden ist eine Herausforderung und es ist oft nicht leicht, zu erkennen, wo die eigenen Probleme aufhören und die der Erwachsenen anfangen. Die 17jährige Maja sucht und findet ihren eigenen Weg. Von ANDREA WANNER
Der Auftakt ist dramatisch: »Das Blut spritzte« – Maja hat sich im Kunstunterricht den halben Daumen abgesägt. Nicht nur ihr Kunstlehrer, sondern auch ihr eigener Vater sind sich nicht sicher, ob Maja sich nicht absichtlich verletzt hat, weil sie nicht in der Lage ist, ihre Gefühle auszudrücken.
Maja, die Ich-Erzählerin, in schwarzen Klamotten und mit kahl rasiertem Schädel, streitet diesen Erklärungsversuch ab – und fängt doch an zu grübeln: Warum hat sie keine Freunde – bis auf Enzo, der ganz selbstverständlich zu ihrem Leben gehört –, ist eine Außenseiterin, tut sich mit vielen Dingen, die für andere ganz selbstverständlich sind, schwer? Wie sehr ähnelt sie ihrer Mutter, die die Familie verlassen hat? Auf der Suche nach sich selbst, nach ihrer verschwundenen Mutter und nach der Wahrheit, wird Maja so manches klarer.
Jenny Jägerfeld, die für ihren Roman in Schweden 2010 mit dem August-Preis ausgezeichnet wurde, gelingt ein authentischer Jugendroman, der die Gefühle und Gedanken der jungen Protagonistin überzeugend zu Papier bringt. Maja schwankt zwischen Wut, Trauer, Selbstmitleid, Ironie und einer unbändigen Energie. Es fällt ihr schwer, ihre Gefühle auszubalancieren, sich auf sich selbst zu verlassen. Und noch schwerer fällt es ihr, echtes Vertrauen zu anderen zu fassen. Zwischen der Fürsorge ihres Vaters und dem analysierenden Blick ihrer Mutter, einer Psychologin, ist das Leben ein ständiger Balanceakt.Als dann auch noch ein junger Mann auftaucht, für den sie sehr verwirrende Gefühle zu entwickeln beginnt, ist es mit ihrem Gleichgewicht erst mal aus.
Dieses Ausbalancieren zwischen ernsten Themen und heiteren Ansätzen, diese Schwere, der eine wundervolle Leichtigkeit folgt, prägen die Geschichte von der ersten bis zur letzten Seite. Die Suche nach den wahren Problemen führen in ganz neue Richtungen, Maja lernt Menschen kennen, die einen anderen Blick auf das Leben haben, und sie beginnt, selbst neue Blicke zu wagen, nicht nur permanent sich selbst zu hinterfragen.
Am Ende hat Maja erkannt, was schon das gelungene Cover verrät: es gibt Irrtümer, aber es müssen nicht die eigenen sein. Damit wird manches einfacher. Und der Weg in die Zukunft einer, auf den sich Maja getrost machen kann.
Titelangaben
Jenny Jägerfeld: Der Schmerz, die Zukunft, meine Irrtümer und ich
Här ligger jag och blöder, 2010)
Aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer
München: Hanser 2014
288 Seiten. 14,90 Euro
Jugendbuch ab 15 Jahren
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