Wer A sagt …

Kinderbuch | Willy Puchner: ABC der fantastischen Prinzen

Vor einem Jahr suchte Prinz Willem eine Frau. Sechsundzwanzig fabelhafte Prinzessinnen marschierten auf. Eine Hochzeit gab es nicht. Aber wer A sagt, muss auch B sagen, daran hielt sich Willy Puchner und erzählte die Geschichte im ›ABC der fantastischen Prinzen‹ zu Ende. Mit einem Haken. Von MAGALI HEISSLER

441394Prinz Willem will sich endlich für eine Frau entscheiden, aber keine der eingeladenen Prinzessinnen soll leer ausgehen. Deswegen lädt er fünfundzwanzig unverheiratete Prinzen zu einem Ball ein. Sie dürfen sich breit präsentieren wie zuvor die Damen. Wohlerzogen, wie Willem ist, dürfen am Ende die Damen die Wahl treffen. Das wird ein großartiges Fest werden. Prinz Willem hat alle Mittel aufgeboten, sogar einen Hasen als Conférencier. Da kann nichts schiefgehen.
Und schon treten die Herren auf, schön dem Alphabet nach, von Prinz August, der im August in Augsburg geboren wurde bis zu Prinz Zacharias, zwar zufrieden und zielbewusst, aber auch ein zappeliger Zauberer. Auch eine neue Tierwelt tut sich auf, die der Frösche, Kröten, Unken und Lurche.

Buntes Getümmel

Was gibt es wieder alles zu sehen! Ein Ritter in Rüstung und mit dem Schwert in der Hand, Prinzen in Mönchskutten, Anzügen, durchscheinenden Umhängchen, Flaschenkleidern (Prinz Frederick, feinfühlig, wenn auch feige), kurzen Hosen, langen Hosen, engen Lederhosen mit Echsenmuster und der Rockgitarre vor dem Bauch (Georg, der großartige und gottesfürchtiger Georgier). Sie stammen aus allen Weltecken und haben die absonderlichsten Hobbys. Seltene Buchstaben wie X oder Y sind dabei nicht das einzige reiche Betätigungsfeld für einen fruchtbaren Geist wie Puchners.

Das bunte Getümmel auf den sechsundzwanzig Porträts – eine Vorstellung von Prinz Willem inklusive – ist ebenso komisch wie bizarr und Puchner um keinen Einfall verlegen. Die Prinzen sind übrigens ganz von dieser Welt, da arbeitet einer schon mal für Youtube, ein anderer mag Vegetarisches, der dritte organisiert Olympiaden. Doch auch das Märchenhafte fehlt nicht, Fantastisches gibt es zuhauf, ein Vogelstimmen-Saxophon, etwa oder ein zitronengelber Zeppelin.

Das Ende vom Lied

Wie die Prinzessinnen dürfen auch die Prinzen ihre Wünsche äußern, ob Opernsängerin oder Cinderella, liberale Lady oder Göttin, in Lackstiefeln oder ultramarinblauem Umstandskleid, die Palette scheint endlos. Wer zuweilen von Angst vor Sprachverarmung befallen wird, denen sei dieses Buch innig empfohlen. Nicht nur der Wortreichtum begeistert, auch die Kombinationsmöglichkeiten tun es. Wer denkt aus dem Stand an »Romantisches Rotkäppchen« oder die »treue Tante mit Trachtenhut« oder einen »berauschenden Ball der Buschmänner«?
In den Beschreibungen liegt ebenso viel Witz wie in den Porträts. Da gibt es keine Einheitsgesichter noch stramme Einheitshaltung. Die Herren sind verträumt, energisch, brummig, hochmütig, stolz, schüchtern. Individualität herrscht. Man kann sich kaum sattsehen.

Ob es zum Ball oder gar zu Hochzeiten kommt? Die Unterschiedlichkeit der Arten, die im Ballsaal aufeinandertreffen, bringt die Leserin ins Grübeln. Hie die Prinzessinnen, allesamt Vertreterinnen der Vogelwelt, dort die Prinzen, Frösche, Lurche, Unken. Ob das gutgeht, wenn die Damen zuschlagen? Oder ist das das Ende vom Lied?

Der Hasenconférencier scheint unbesorgt, als schließlich allesamt verschwunden sind. In den Büchern bleiben sie uns auf jeden Fall erhalten, die seltsamen, verrückten, liebenswürdigen und verträumten Figuren bei ihrer Suche nach geeigneten Partnerinnen und Partnern. Und mit den Büchern vor der Nase kann man sich auch aufmachen, die Paare selbst zusammenzustellen.
Das wird zweifellos ein immerwährendes Vergnügen für jedes Lesealter.

| MAGALI HEISSLER

Titelangaben
Willy Puchner: ABC der fantastischen Prinzen
Zürich, NordSüd Verlag: 2014
64 Seiten. 19, 99 Euro
Bilderbuch ab 5 Jahren

Reinschauen
| Leseprobe

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Aufmerksam studieren!

Nächster Artikel

Alles unter Kontrolle?

Weitere Artikel der Kategorie »Kinderbuch«

1, 2, 3 … ich komme!

Kinderbuch | Daniel Barrow: Elefant, wo bist du?

So schwierig kann es ja wohl nicht sein, einen Elefanten, der sich versteckt, zu finden. Na ja, im afrikanischen Busch vielleicht. Aber doch nicht in der Wohnung oder im Garten. Zwei Freunde spielen Verstecken und sie machen das ziemlich toll, findet ANDREA WANNER.

Mut statt Verzweiflung

Kinderbuch | Marzena Sowa und Dorothée de Monfreid: Die kleine Flucht

Was macht mit Frau Spinne mit dem einen ihrer zahlreichen Kinder, das einfach nicht in der Lage ist, ein vernünftiges Netz zustande zu bringen. Frau Wurm hat einen Vorschlag, der gleich in die Tat umgesetzt wird. Von ANDREA WANNER

Eine mehr als ungewöhnliche Freundschaft

Kinderbuch | Maja Konrad: Holly, Herbert und die Fleischfresserpflanze

Zunächst sieht es nach purem Pech aus, als ausgerechnet der fiese Nils Holly auf dem Flohmarkt den Chamäleonwecker wegschnappt. Die merkwürdige Pflanze, die die ihr die Frau am Verkaufsstand quasi als Trostpreis in die Hand drückt, muntert das Mädel wenig auf. Das soll sich schnell ändern, weiß ANDREA WANNER.

Sommermärchen

Kinderbuch | Rusalka Reh: Sommer auf Balkonien Sommer, Ferien, in fremde Länder reisen, das scheint längst die unvermeidliche Verknüpfung dreier Faktoren. Zuweilen geht es nicht ganz so glatt. Zwar ist Sommer und die Kinder haben Ferien. Doch das Verreisen fällt aus. Was soll man da anfangen? Mit ein wenig Fantasie entdeckt man ein fremdes Land gerade jenseits der Balkontür. Rusalka Reh erzählt in ›Sommer auf Balkonien‹ ein Sommermärchen und damit zugleich eine ganz wahre Geschichte. Von MAGALI HEISSLER

Was für ein Freund bist du?

Kinderbuch | Emilia Dziubak: Das Faultier und die Motte

Dieses Bilderbuch will Vieles: unterhalten, bilden, ein bisschen spannend sein, eine bunte Tierwelt präsentieren und: auf jeden Fall für ganz schön viel Verblüffung sorgen. Ob ihm das gelingt? BARBARA WEGMANN mit der Antwort.