Willkommen im neuen Jahr

Kinderbuch | Daniela Kulot: Reim dich durch den Januar und den Rest vom ganzen Jahr

Irgendwann haben wir es gelernt: die Monate, die Jahreszeiten, die einander folgen. Später haben wir sogar gelernt, warum das so ist. Und warum es auf der Südhalbkugel andersrum funktioniert. Aber jetzt fangen wir noch mal ganz von vorne an und freuen uns an dem stabilen Pappbilderbuch für die Kleinsten, wo in fröhlichen Versen alles erklärt wird. Von ANDREA WANNER

ReimDas neue Jahr hat mit Raketen und Böllern begonnen, sogar ein bisschen Schnee hat der erste Monat des Jahres mitgebracht. Der Januar eröffnet den Reigen. Die Doppelseite erlaubt einen Blick in die Bärenhöhle, wo gemütlich eingekuschelt eine Bärenmutter (oder ein Bärenvater?) mit drei kleinen Bären schläft. Winterschlaf. Das sieht sehr gemütlich aus. Draußen ist alles winterweiß, das Silvesterfeierwerk verpennen die Vier – wie sicher viele der kleinen Bilderbuchbetrachter auch. Umgeblättert. Dort bietet der Februar eine Elefantenfaschingsparty. Die grauen Dickhäuter haben sich bunt in Schale geworfen, feiern den Karneval als Prinzessin, Cowboy, Clown oder Vampir. Und mittendrin feiert ein Häschen mit, mit einer langen Mohrrübennase verkleidet als – Elefant! Am wechselhaften Aprilwetter freuen sich Regenwürmer und im Juli lernen Froschkinder in Badehosen das Schwimmen im Teich. Der November bringt graue, nasskalte Tage, ein rosarotes Schweinchen steht frierend an der Bushaltestelle. Das Weihnachtsfest kann man bei der Mausefamilie erleben mit einem geschmückten Christbaum im warmen Mausloch und einer verschneiten Winterlandschaft draußen. Und ehe das Jahr zu Ende geht, sehen wir noch, wie die Bärenfamilie zu Bett geht. Der Kreis schließt sich und das nächste neue Jahr kann beginnen.

Jede der Monatsszenen ist liebevoll ausgedacht und bis in die Details witzig gestaltet. Ein farbiger Streifen am Rand ordnet die Monate den jeweiligen Jahreszeiten zu: Ein kühles Blau steht für den Winter, ein leuchtendes Grün für den Frühling, warmes Orange für den Sommer und sattes Braun für den Herbst. Im Wesentlichen bevölkern vermenschlichte Tierfiguren die jahreszeittypischen Szenen, aber vieles von dem, was sie tun, lässt sich auch auf Menschen übertragen. Die Zweizeiler reimen dabei die Situation pointiert: »August, der ist so richtig heiß, der Kater träumt von Himbeereis.« Oder »September färbt die Bäume bunt, der Hamster hamstert Korn im Mund.« Eine Fülle an Obst und ein goldenes Getreidefeld kurz vor der Ernte, mittendrin ein satter, zufriedener Hamster mit dicken Backen fassen das in leuchtenden Farben in ein Bild zusammen.

Und wer dann ganz genau hinschaut, entdeckt sogar die Tierkreiszeichen: Im September sind es ein winziges Engelchen und ein kleiner Teufel in den beiden Schalen einer Waage, ein Widder ziert die Latzhose des Bauern im März, unter dem Kirschbaum im Juni ist ein Krebs zu entdecken, im November sitzt ein Schütze im Bushäuschen und wer lange genug sucht, findet sicher auch den Steinbock im Dezember. Auch an dieser versteckten Spielerei ist Daniela Kulots Ideenreichtum und originelle Umsetzung des Themas zu erkennen. Liebevoll hat sie mit den beiden Vorgängerbilderbüchern ›Reim dich nett ins Bett‹ und ›Zähl dich nett ins Bett‹ geholfen, das Einschlafritual für die Kleinen zu gestalten. Der Alltag bietet noch viele Themen – und hoffentlich noch viele ihrer stabilen, gelungenen Pappbilderbücher, die ein schöner Beweis dafür sind, dass man auch dir jüngsten »Leserinnen und Leser« ernst nehmen kann.

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Daniela Kulot: Reim dich durch den Januar und den Rest vom ganzen Jahr
Hildesheim: Gerstenberg 2015
26 Seiten, 9,95 Euro
Bilderbuch ab 2 Jahren

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Die Welt, eine einzige Beleidigung

Nächster Artikel

Das Meer in uns

Weitere Artikel der Kategorie »Kinderbuch«

Zuckersüß und mächtig spannend

Kinderbuch | Lisa Graff: Eine Messerspitze voll Magie Zauberei und Kindergeschichten sind altehrwürdige Partnerinnen und kommen deswegen nicht selten auch in Ehren ergraut daher. Alles andere als behäbig aber ist der Kinderroman von Lisa Graff ›Eine Messerspitze voll Magie‹. Eine Handvoll originelle Ideen, kühne Verwicklungen, ein Dutzend schräger Figuren und ausführliche Kuchenrezepte zum Nachbacken garantieren zuckersüße und mächtig spannende Lektüre. Von MAGALI HEISSLER

Der überwältigende Charme des Alltäglichen

Kinderbuch | Emma Adbåge: Mickan ist ganz zufrieden mit sich In Kinderbüchern muss etwas passieren, heißt es. Am besten Abenteuer und das am laufenden Band. Egal, ob Verbrecherjagd, Gespenster oder Familienprobleme, Hauptsache, es wird rasant. Dabei übersieht man leicht, dass nicht alle Kinder gleich sind. Manche ziehen ihr Vergnügen daraus, das ganz Alltägliche zu betrachten. Dass das einen eigenen, überwältigenden Charme entwickelt, beweist die junge schwedische Autorin Emma Adbåge mit Mickan ist ganz zufrieden mit sich. Von MAGALI HEISSLER

Auf der Suche

Kinderbuch | Ulrich Hub: Lahme Ente, blindes Huhn

Das klingt total politisch unkorrekt: lahme Ente und blindes Huhn. Aber wenn es nun mal so ist: die Ente bewegt sich an Krücken fort, das Huhn sieht nichts. Und was daraus wird ist einfach genial, findet ANDREA WANNER.

Monsieur Hulot und der Oktopus

Kinderbuch | David Merveille: Hallo Monsieur Hulot »Wie eine Perlenschnur sind die Gags aufgereiht, verbunden von einer überaus liebenswerten Intelligenz und einem romantischen Charme, der über Chaplins kalkuliertes Spiel weit hinausgeht. Eine zärtlich-erfreuliche Typen-Komödie, die sich gegen jede filmische Einordnung nicht nur im französischen Kino sperrt.« liest man im Lexikon des Internationalen Films, wenn man nach Monsieur Hulot sucht. ANDREA WANNER als alter Jacques-Tati-Fan freut sich über ein besonderes Bilderbuch.

Philosophische Gedanken

Kinderbuch | Manfred Mai: Wunderbare Möglichkeiten Verläuft alles im Leben nach einem Plan, den womöglich Gott sich ausgedacht hat, oder ist alles Zufall? Der elfjährige Maximilian würde es so gerne ergründen – wie schon viele vor ihm und sicher auch noch viele in der Zukunft. Von ANDREA WANNER