Achluophobie ist die Angst vor der Dunkelheit. Ein bisschen davon ist ganz normal – und wenn man so wie ein Junge im Fahrstuhl feststeckt, gehört sie schlicht dazu, findet ANDREA WANNER.
Horrorfilme spielen damit mit dieser Furcht und wer das Cover anschaut – ganz in Schwarz gehalten, nur der Buchrücken in leuchtendem Orange, so wie die karierte Mütze des Jungen, gruselt es ein bisschen. Ihn selbst sehen wir eher umrisshaft in Grau, nur die Augen sind weiß, kugelrund und geweitet: er hat eindeutig Angst!
So beginnt die Geschichte. Das erschrockene Gesicht in groß, der Hintergrund nicht ganz schwarz, sondern auf blaugrauem Grund schwarze Schraffur. Dunkel genug, um sich zu fürchten. Und der erste Satz: »Plötzlich ist alles Schwarz um ihn herum.« Das »plötzlich« lässt zusammenzucken. Wer kennt es nicht, den Schrecken, wenn plötzlich und unerwartet das Licht ausgeht. Noch wissen wir gar nicht, wo er ist, den Fahrstuhl sehen wir erst später. Da kauert er sich in eine Ecke. Wir spüren, dass es ihm nicht gut geht, dass sein Herz wie wild schlägt. Und dann setzt die Fantasie ein, die ihn abstürzen lässt in einen chaotischen Keller. Oder uralt werden in diesem blöden Fahrstuhl, weil er nie mehr rauskommt.
Dazu kommt das schlecht Gewissen. Er weiß genau, dass er nicht alleine Aufzug fahren darf. Aber wenn man beim Spielen die Zeit vergisst, ist es die einzige Chance, halbwegs pünktlich daheim zu sein. Damit sich niemand Sorgen machen muss. Wenigstens hält er sich an das zweite Verbot: er drückt nicht auf den roten Knopf, traut sich nicht. Dabei wäre das ja der Ausweg.
Wir sind ganz nah dran an einem Konflikt in einer Notlage, intensiv und überzeugend geschildert und dabei doch ganz nah an dem Blick eines Kindes auf die Situation. Wenig Text, viele Bilder. Was tun? Wie mit dieser Krise umgehen? Die Imagination, die Katastrophen heraufbeschworen hatte, sorgt am Ende auch für eine wunderbare Lösung, die zeigt, dass der Kleine Menschen hat, auf die er sich immer und wirklich überall verlassen kann. So viel Vertrauen, so viel Glück am Ende, wenn wirklich ganz am Schluss ein heller Lichtstrahl das Dunkel durchdringt und alles wieder gut ist.
Titelangaben
Constance Ørbeck-Nilssen und Øyvind Torseter: So dunkel!
(Så mørkt det ble, 2020). Aus dem Norwegischen von Maike Dörries
Hildesheim: Gerstenberg 2023
48 Seiten, 16 Euro
Kinderbuch ab 10 Jahren