Licht an!

Kinderbuch | Constance Ørbeck-Nilssen und Øyvind Torseter: So dunkel!

Achluophobie ist die Angst vor der Dunkelheit. Ein bisschen davon ist ganz normal – und wenn man so wie ein Junge im Fahrstuhl feststeckt, gehört sie schlicht dazu, findet ANDREA WANNER.

Ein Junge mit Baseballkappe steht im DunklenHorrorfilme spielen damit mit dieser Furcht und wer das Cover anschaut – ganz in Schwarz gehalten, nur der Buchrücken in leuchtendem Orange, so wie die karierte Mütze des Jungen, gruselt es ein bisschen. Ihn selbst sehen wir eher umrisshaft in Grau, nur die Augen sind weiß, kugelrund und geweitet: er hat eindeutig Angst!

So beginnt die Geschichte. Das erschrockene Gesicht in groß, der Hintergrund nicht ganz schwarz, sondern auf blaugrauem Grund schwarze Schraffur. Dunkel genug, um sich zu fürchten. Und der erste Satz: »Plötzlich ist alles Schwarz um ihn herum.« Das »plötzlich« lässt zusammenzucken. Wer kennt es nicht, den Schrecken, wenn plötzlich und unerwartet das Licht ausgeht. Noch wissen wir gar nicht, wo er ist, den Fahrstuhl sehen wir erst später. Da kauert er sich in eine Ecke. Wir spüren, dass es ihm nicht gut geht, dass sein Herz wie wild schlägt. Und dann setzt die Fantasie ein, die ihn abstürzen lässt in einen chaotischen Keller. Oder uralt werden in diesem blöden Fahrstuhl, weil er nie mehr rauskommt.

Dazu kommt das schlecht Gewissen. Er weiß genau, dass er nicht alleine Aufzug fahren darf. Aber wenn man beim Spielen die Zeit vergisst, ist es die einzige Chance, halbwegs pünktlich daheim zu sein. Damit sich niemand Sorgen machen muss. Wenigstens hält er sich an das zweite Verbot: er drückt nicht auf den roten Knopf, traut sich nicht. Dabei wäre das ja der Ausweg.

Wir sind ganz nah dran an einem Konflikt in einer Notlage, intensiv und überzeugend geschildert und dabei doch ganz nah an dem Blick eines Kindes auf die Situation. Wenig Text, viele Bilder. Was tun? Wie mit dieser Krise umgehen? Die Imagination, die Katastrophen heraufbeschworen hatte, sorgt am Ende auch für eine wunderbare Lösung, die zeigt, dass der Kleine Menschen hat, auf die er sich immer und wirklich überall verlassen kann. So viel Vertrauen, so viel Glück am Ende, wenn wirklich ganz am Schluss ein heller Lichtstrahl das Dunkel durchdringt und alles wieder gut ist.

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Constance Ørbeck-Nilssen und Øyvind Torseter: So dunkel!
(Så mørkt det ble, 2020). Aus dem Norwegischen von Maike Dörries
Hildesheim: Gerstenberg 2023
48 Seiten, 16 Euro
Kinderbuch ab 10 Jahren

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Vom Vorlesen und Zurücklesen

Nächster Artikel

Zu jung, um schon erwachsen zu sein

Weitere Artikel der Kategorie »Kinderbuch«

Geschwisterliebe

Kinderbuch | Brigitte Jünger: Ida und das Gürkchen Wer viele Geschwister hat, weiß, dass das einerseits sehr schön und abwechslungsreich sein kann, einem das Leben auch manchmal ziemlich schwer macht. ANDREA WANNER berichtet vom Besuch bei einer Großfamilie.

Alle Jahre wieder…

Kinderbücher | Weihnachten … naht das Fest mit Riesenschritten. Für alle, die sich die Wartezeit aufs Christkind lesend oder vorlesend verschönern möchten, hat ANDREA WANNER in den Weihnachtsbuchneuerscheinungen gestöbert und einen ganzen Sack damit gefüllt.

Vom Werden und Vergehen

Kinderbuch | Zoë Tucker: Ein Garten für uns

Es wird Frühling: Zeit für die Gartenarbeit. Ein kleines Mädchen macht sich zusammen mit drei älteren Frauen ans Werk. ANDREA WANNER begleitete sie in ihren Gemeinschaftsgarten

Unsicherer Grund

Kinderbuch | Stefanie Höfler: Feuerwanzen lügen nicht

Nits und Mischa sind beste Freunde, solange sie denken können. Aber was weiß Nits tatsächlich über den Menschen, dem er vertraut und dem er sich nahe fühlt? Ein Lügengebilde bricht zusammen, sorgt für Verletzungen und neue Blicke auf den anderen. Von ANDREA WANNER