Jugendbuch | Sonia Fernández-Vidas: Quantic Love
1686 formuliert Isaac Newton erstmals sein Gravitationsgesetz, das besagt, dass jeder Massenpunkt jeden anderen Massenpunkt mit einer Kraft anzieht, die entlang der Verbindungslinie gerichtet ist. Und was passiert, wenn ein weiterer Massenpunkt dazukommt? ANDREA WANNER war neugierig.
Sonia Fernández-Vidal stammt aus Spanien und hat einen Liebesroman für Jugendliche geschrieben. Zweierlei ist daran besonders: die Geschichte spielt in der Schweiz, genauer gesagt am CERN, der Großforschungseinrichtung im Kanton Genf, in der physikalische Grundlagenforschung betrieben wird, insbesondere mithilfe großer Teilchenbeschleuniger der Aufbau der Materie erforscht wird.
Laila, die 17jährige Protagonistin, verbringt dort nach ihrem Abitur ein dreimonatiges Praktikum – allerdings zu ihrem Leidwesen nicht in der Forschung, sondern als Aushilfe in der Cafeteria. Außerdem weiß Fernández-Vidal, wovon sie erzählt. Sie ist promovierte Quantenphysikerin und hat unter anderem an genau jenem europäischen Kernforschungszentrum gearbeitet. Und daraus wird jetzt eine Geschichte, die eben nicht nur von der Liebe, sondern auch von der Physik erzählt.
Wie leicht es ist, am CERN einen Job in der Cafeteria zu bekommen und diese quasi alleine zu bewirtschaften, ist eine Frage. Laila ist es gelungen – mit behaupteten Vorkenntnissen, die sie nicht hat. Ob sich die Aushilfen tatsächlich ein Zimmer mit den Sommerstudenten teilen, ist eine andere Frage. Laila tut es und kommt über ihre leicht überdrehte, toll aussehende und in Fragen der Physik kaum zu überbietende Mitbewohnerin Angelina in Kontakt mit anderen Studenten. Und natürlich trifft sie ihren Traummann. Besser gesagt, sie findet gleich zwei überaus gut aussehende Traummänner: Den Journalisten Alessio, der eigentlich über Sport schreiben will, und sie spontan für ihren allerersten Cappuccino umarmt: »Das ist der mieseste Cappuccino, den ich in meinem ganzen verdammten Leben getrunken habe.« Und den Amerikaner Brian, der in einem Forschungsprojekt arbeitet. Und von beiden geht eine gewisse Anziehungskraft aus.
Die Story, das lässt sich nicht verheimlichen, ist nicht gerade innovativ. Laila und die Figuren um sie herum sind äußerst klischeehaft gestaltet, ähnlich wie die Situationen, in die sie – absichtlich oder unabsichtlich – geraten. Was den Roman dann doch lesenswert macht, sind all die Dinge, die er über Physik zu berichten weiß – bzw. die die Autorin entspannt und wie nebenbei einstreut. Anekdötchen, grundlegende Fragen, ungelöste Probleme und faszinierende Rätsel: Was der Physikunterricht bei den meisten nicht geschafft hat, gelingt hier spielerisch und spielend. Manchmal kann das zur Überforderung von Nichtphysikern werden, wenn »Schrödingers Katze« mal eben so nebenbei erwähnt wird, in den meisten Fällen funktioniert es gut.
Und spätestens, wenn man das erkannt hat, kann man sich ganz entspannt zurücklehnen und das muntere Treiben am CERN beobachten. Wer macht das Rennen? Welche Anziehungskraft ist am Ende die stärkere? Eingebettet in so viel Kluges, ist das dann doch schon fast Nebensache.
Titelangaben
Sonia Fernández-Vidas: Quantic Love
Quantic Love, 2012. Aus dem Spanischen von Kristin Lohmann
München: Hanser 2014
240 Seiten, 15,90 Euro
Jugendbuch ab 13 Jahren
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