Weihnachtsvorbereitungen

Kinderbuch | Kai Pannen: Du spinnst wohl!

Spätestens mit dem ersten Advent wird klar: Weihnachten rückt unweigerlich näher. Zeit, sich mit den Vorbereitungen für das Fest zu beschäftigen. Und das denkt auch Karl-Heinz. Gut geplant ist halb gefeiert und wenigstens für seinen Festtagsbraten ist am 1. Dezember schon gesorgt. ANDREA WANNER entdeckte schönste Adventsgeschichte in 24 Kapiteln mit zwei ungewöhnlichen Akteuren.

du_spinnst_webDes einen Freud ist des anderen Leid. So sieht es am 1. Dezember aus. Für Karl-Heinz ist der Braten im Topf, genauer genommen im Netz. Denn Karl-Heinz ist eine Spinne, dick, faul und gefräßig. Pech hat Bisy. Bisy ist eine äußerst beschäftigte Stubenfliege, die ausgerechnet in der Vorweihnachtszeit anderes zu tun hätte, als bewegungs- und tatenlos in einem Netz rumzuhängen und darauf zu warten, verspeist zu werden.

Das ist die Ausgangslage am 1. Dezember. Karl-Heinz ist happy, Bisy ein bisschen nervös. Zumal die Spinne sich seine Argumente, warum das so gar nicht geht, nicht anhören will. »Mit Essen spricht man nicht«, lautet die Devise von Karl-Heinz und die bestens verpackte Fliege soll einfach bis zum Fest ruhig sein. Den Gefallen tut sie ihm nicht.

Kai Pannen entwickelt rund um die beiden Helden ein Spiel zwischen Anziehung und Abstoßung, zugegeben mit sehr ungleichen Ausgangsvoraussetzungen. Bisy ist in der Welt rumgekommen und hat eine Menge Tipps für die Spinne, wie Weihnachten zu einem ganz besonderen Fest werden kann. Tag um Tag, Kapitel um Kapitel gibt es Neues zu tun. Und ab und zu erwischt er die Spinne an einem wunden Punkt. Wenn beispielsweise nach Spinnoklaus alle 6 Pantoffel leer sind (okay, Spinnen haben 8 Beine, aber Karl-Heinz verwendet nur 6 davon tatsächlich als Beine und die beiden anderen als Arme mit Händen dran. Nur falls jemand denkt, hier ginge es zoologisch nicht korrekt zu). Nicht mal seine Tante Kassandra hat an ihn gedacht.

Tja, ein Spinnenleben ist nicht leicht. Und so kommt es beispielsweise, dass die beiden gemeinsam zum Einkaufen losziehen, um für Naschereien zu sorgen. Aber auch andere Probleme wollen gelöst werden: Bisy hat Hunger, Karl-Heinz Zahnschmerzen. Bisy juckt es am Rücken und Karl-Heinz weiß nicht, was das beste Rezept für einen Weihnachtsfliegenbraten ist. Was als sehr einseitige Kommunikation beginnt, wird bald zur lebhaften Unterhaltung zwischen den beiden ungleichen Bewohnern der Spinnenbehausung.

Die Illustrationen stammen ebenfalls von Kai Pannen und selten begegnete man so knuddeligen, liebenswerten Gliederfüßlern. Jedes Detail ist stimmig und mit Sorgfalt in die Story eingepasst. Zur Steigerung der Dramatik ist der Grund oft dunkel gehalten, geheimnisvoll und gefährlich schimmern dann die Fäden des Netzes golden. Kleine Kerzchen leuchten heimelig und der Kontrast zwischen Gefahr und Weihnachtsvorfreude könnte größer nicht sein. Es kommen Gäste vorbei in diesen Tagen des Wartens, gebetene und ungebetene, die beiden machen selbst einen Besuch bei Bisys fast blinder Oma Ottilia (Bisy immer gut verpackt und unter Kontrolle, damit er nicht entwischen kann), sie erzählen sich Heiteres und auch weniger Lustiges. Karl-Heinz hatte keine ganz leichte Kindheit und Bisy hört teilnahmsvoll zu. Tag um Tag, Unterhaltung um Unterhaltung, Bild um Bild erfährt man mehr über die beiden.

Es weihnachtet sehr, täglich ein bisschen mehr. Es duftet nach Weihnachten, es klingt nach Weihnachten, es gibt Vorbereitungen und Geheimnisse. Und es gibt ein Problem. Denn das Ende dieser sich da ganz leise und vorsichtig entwickelnden Freundschaft ist ja klar. Oder doch nicht? Das wird im 24. Kapitel – natürlich genau an Weihnachten – verraten.

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Kai Pannen: Du spinnst wohl!
Eine außergewöhnliche Adventsgeschichte in 24 Kapiteln
München: Tulipan 2015
100 Seiten, 14,95 €
Vorlesebuch für alle
Erwerben Sie dieses Buch bei Osiander

Reinschauen
| Leseprobe

1 Comment

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Zeit zu trauern

Nächster Artikel

Spion zwischen allen Stühlen

Weitere Artikel der Kategorie »Kinderbuch«

Pure Magie

Kinderbuch | Norman Messenger: Stell dir vor … Das Wunder-Bilder-Buch Stell dir vor, du hast Durst, eine Tasse und eine Teekanne. Aber leider eine Kanne ohne Ausguss. Stell dir ein Haus vor, aus roten Backsteinen, einem Dach nebst Dachrinne und einer grünen Haustür. Und stell dir vor, das Haus hat kein einziges Fenster. Stell dir eine Uhr vor, eine schöne, bemalte Uhr mit Zifferblatt und den Zahlen von Eins bis Zwölf. Aber ganz ohne Zeiger. Verrückt? Norman Messenger nimmt uns mit in eine Welt, in der all das möglich ist. ANDREA WANNER staunt.

Ganz schön nervig

Kinderbuch | Nadia Budde: Vor meiner Tür auf einer Matte Vielleicht kennt jemand das »bucklig Männlein«, das immer und überall zur Unzeit auftaucht und nervt. Und jetzt stelle man sich vor, dass dieser Störenfried eine Ratte ist. Will man das? ANDREA WANNER ist sich zunächst mal sicher, dass nicht.

Schepper, klapper, rumms!

Kinderbuch | Isabelle Arsenault: Albert will lesen

Gar nicht so einfach, in Ruhe zu lesen. Hier ist es laut, dort schallt Musik, Kindergeschrei und Rowdygebrüll. So geht es auch Albert, bis er sich lautstark wehrt. Eine witzige Geschichte mit einer schönen Wende am Schluss. VON GEORG PATZER

Winterpause

Kinderbuch | Thomas Krüger: Hotel Winterschlaf Für die Menschen ist der Winter eine Jahreszeit, in der viel passiert. Weihnachten und Silvester, Schneeballschlachten, Schneemänner und Schlittenfahren gehören unbedingt dazu. Für viele Tiere in unseren Breitengraden ist es eine Zeit, in der sie sich zurückziehen und Winterschlaf halten. Wie gut, wenn sich jemand darum kümmert, dass sie ein nettes Plätzchen haben, findet ANDREA WANNER.

Die Maus traut sich nicht ins Wasser

Kinderbuch | C. Spengler, K. Gehrmann: Seepferdchen sind ausverkauft

Wenn die Eltern nicht aufpassen und nicht zuhören, kann alles Mögliche passieren. Unfälle, Feuer, zu viel Fernsehen, gelangweilte Kinder … Es kann auch passieren, dass dann die Wohnung auf einmal voller Tiere ist. Nur ein Seepferdchen ist nicht dabei. Von GEORG PATZER