Digitales | Games: Madden NFL 17
Fast jede populäre Sportart besitzt ihre eigene Videospieladaption, seien es Eishockey, Tennis oder das Golfen. Doch König Fußball regiert natürlich auch in dieser Sparte – mit garantiertem Verkaufserfolg. Fällt der Blick über den großen Teich, so gibt es dort einen anderen Platzhirsch: Die American Football-Simulation ›Madden NFL‹. Hierzulande wollen allerdings nur Wenige etwas von dem »anderen« Fußball wissen. FLORIAN RUSTEBERG hat sich mit EAs ›Madden NFL 17‹ nicht nur ein Sportspiel angeschaut, sondern ist in eine neue Welt abgetaucht, in der unter anderem Wikinger und Delfine um die Vorherrschaft kämpfen.
Steht der typische Mitteleuropäer vor der Aufgabe, American Football zu beschreiben, so genügt ihm dazu vermutlich die Fläche eines Bierdeckels. Gefüllt wird dieser mit den gängigen Klischees: Die Spieler sind allesamt muskulöse Hünen, noch imposanter in ihren breiten Schulterrüstungen. Dazu tragen sie enge Leggings und riesige Helme, hinter denen sie durch ein Metallgitter durchluken. Der Coolste von ihnen ist der Quarterback, das ist aus US-College-Filmen hinlänglich bekannt. Gespielt wird dieser zahme Rugby-Verschnitt auch nicht mit einem Ball, sondern einem ledernen Objekt, das einem spitzen Ei ähnelt. Und überhaupt, getreten wir dieses Spielgerät doch sowieso nur selten mit dem Fuß.
Dementsprechend niedrig, wie das Wissen über diesen Sport hierzulande, ist auch die Nachfrage nach einer spielerischen Umsetzung für den heimischen Fernseher. Zwar erscheint ›Madden 17‹ in Deutschland, die Mühen und Kosten einer Synchronisation wurden jedoch nicht in Kauf genommen. So sollten potenzielle Spieler dem Englischen und Schrift und Ton mächtig sein, um dem Geschehen folgen zu können. Den vielen Fachbegriffen ließe sich in einer deutschen Version ohnehin nur schwer gerecht werden. So vergeht einige Zeit, bis Football-Neulingen Vokabeln wie »Interception«, »Snap« und »Punt« ins Blut übergehen. Mit den Begriffen allein, ist es mit dem Pauken noch nicht getan.
Bei einem Fußballspiel wie ›FIFA‹ fällt der Zugang recht leicht, weil ein Spieler direkt gesteuert wird und, vereinfacht dargestellt, entweder passt oder aufs Tor schießt. Im Gegensatz zum Fußball ist American Football kein kontinuierliches Spiel. Die Spielzüge dauern nur kurz an und werden durch Spielunterbrechung getrennt. Für den Spieler heißt das, er muss genau wissen, wie er diese Momente angehen möchte. Gemeinsam ist, dass sich Defensive und Offensive stark unterscheiden und eine komplett andere Steuerung und Taktik verlangen.
Ziel des offensiven Spieles ist es natürlich zu punkten, in dem der Spielball in die gegnerische Endzone gebracht wird. Zugleich versucht das Team in der Defensive, das zu verhindern. Für beide Seiten gilt es, vor jedem Manöver die Aufstellung auszuwählen. Eröffnet wird von den Angreifern, deren Quarterback eine Anspielstation sucht. Im Videospiel kann dafür aus mehreren Optionen gewählt werden, deren Tasten angezeigt werden. Das folgende Spielgeschehen umfasst Entscheidungen wie bspw. der Ball gefangen werden, um den Raumgewinn zu sichern, oder um mit dem Ball weiter zu laufen. Auf der Verteidigerseite versucht man, den Pass schon im Ansatz zu verhindern und möglichst wenig Yards abzutreten.
Die Tricks und Würfe sind grundsätzlich schnell gelernt und fordern dem Spieler wenig ab, doch die eigentliche Finesse liegt bei der Auswahl der Taktik. Das wird schon klargemacht, wenn sich die Auswahl der Aufstellungen öffnet und den nicht Eingeweihten schier erschlägt. Jede Aufstellung mit ihrem eigenen Namen lässt sich mit verschiedenen Läufern spielen, um auf die Entscheidung des Gegners zu reagieren. Das Spektakel abseits der Entscheidungen lässt sich aber auch sehen, denn die künstliche Intelligenz lässt die 22 Spieler gut miteinander interagieren und sich realistisch in ihren Rollen verhalten. Gleiches gilt für Zusammenstöße, Tacklings und andere Interaktionen, die überzeugen können.
Im Spiel enthalten sind die üblichen Möglichkeiten eines Sportspieles. Neben dem unkomplizierten schnellen Spiel kann eine ganze Saison an der Seite eines Teams durchgespielt werden. Umfangreiche Trainingsszenarien sind ebenso vorhanden wie der »Ultimate Team«-Modus, in dem aus Spieler-Sammelkarten das eigene Top-Team geformt und gespielt werden kann. Eine gelungene Neuerung wurde mit »Play the Moment« eingeführt. In dieser Variation ist es möglich, nur in den spannenden Momenten eines Spiels einzugreifen, während der Rest quasi überspult wird. Die Anzahl der Teams umfasst die 32 der NFL und keine weiteren, wie etwa welche aus des College Footballs.
›Madden NFL 17‹ präsentiert sich eher als kleine Taktikspielerei, denn als hektische Tastendrückerei. Es bildet einen gelungenen Einstieg in die Welt des American Football, benötigt aber trotzdem etwas Verständnis für einen taktisch komplexen Sport.
Titelangaben
Madden NFL 17
EA Games
erhältlich für PS3, PS4, Xbox 360, Xbox One
ab 59,99 €