Staffellauf

Kinderbuch | Christine Knödler (Hrsg.): Das Schaf im himmelblauen Morgenmantel

Was wird aus zwei Pinguinen, die an einer Bushaltestelle auf den Bus warten, der sie – ja, wohin eigentlich – bringen soll? Träumen kann man ja mal. Vom Meer. Vom Land, wo die Zitronen brühen. Von einem Fest mit Tanz. Aber wo die Geschichte hinführt … ANDREA WANNER ließ sich mitnehmen – von Bild zu Wort zu Bild zu Wort zu Bild.

Das Schaf im himmelblauen MorgenmantelEs ist ein ebenso spannendes wie ungewöhnliches Projekt: 31 Künstler aus dem Bereich Kinderbuch haben gemeinsam eine Geschichte gezeichnet und geschrieben. Begonnen hat Quint Buchholz mit einem seiner typischen fotorealistischen Bilder, die im Stil des Pointillismus in meiste gedämpften Tönen magische Momente festhalten. Wie zum Beispiel zwei Pinguine an einer Bushaltestelle in einem Zwielicht, das die aus dem Allgäu stammende Autorin Antonie Schneider als frühen Morgen interpretiert. Sie lässt die beiden Südhalbkugelbewohner miteinander reden, Erwartungen äußern, Vermutungen austauschen, die das Traumhafte der Situation betonen.

Die nächste Doppelseite gestaltet Stefanie Harjes. Und obwohl gerade sie Erfahrungen mit Bussen hat, greift sie – wie auch schon in ihrem Bilderbuch ›Der Bus mit den eckigen Rädern‹ vor allem das Innenleben des Fahrzeugs auf: Tanzende und musizierende Figuren, chagallähnliche, hingehuschte Vergänglichkeiten. Man muss genau hinschauen, um den roten Faden in den kleinen Versatzstücken wie der – grünen – Katze wiederzuentdecken, in den Satzfragmenten, die ins Bild integriert sind.

Heinz Janisch wird konkreter: »Schau, da vorn kommt der Bus!« Und jetzt kann die Fahrt richtig losgehen. Eine Reise ins Ungewisse. In ein Traumland, eine Märchenwelt, ein wundersames Universum, das mit jedem Umblättern neue Facetten zeigt, Möglichkeiten verwirft und, je nach Künstlerin oder Künstler ganz eigene Wege einschlägt.

Das verblüfft, wirft Fragen auf, verunsichert und zeigt, wie unterschiedlich die Künstler und Künstlerinnen ticken. Manchmal schüttelt man etwas verwundert den Kopf: ganz reibungslos funktioniert so eine Geschichte dann doch nicht und manchmal ist der rote Faden zwar zu erkennen, wirkt aber wie durchgeschnitten und neu zusammengeknotet. Klar, jeder versucht den eigenen Beitrag zu etwas Besonderem zu machen.

Die beiden Pinguine werden aus ihrer Hauptrolle gedrängt, die sie zu Beginn eingenommen haben und weiter hätten haben können. Stattdessen kommen zwei Kinder ins Spiel, Nida und Till. Und ein Schaf, das nicht schafen kann. Ja, genau, weder schlafen noch schaffen, sondern schafen.

Viel mehr kann und darf man eigentlich nicht verraten. Das von Christine Knödler herausgegebene Buch bietet eine spannende Möglichkeit, Künstlerinnen und Künstler der Kinderbuchszene zu entdecken und den gefundenen Lieblingsillustratoren und Autorinnen vielleicht auch in anderen Büchern zu begegnen. Denn das Typische ihrer jeweiligen Kunst kann man problemlos in den kleinen Kostproben wiederfinden.

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Christine Knödler (Hrsg.): Das Schaf im himmelblauen Morgenmantel
Von Bild zu Wort zu Bild zu Wort zu Bild zu Wort zu Bild
München: mixtvision 2016
128 Seiten. 19,90 Euro
Kinderbuch ab 5 Jahren
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

King of Rock and Roll – Rock, Pop, Namedropping: Chuck Berry …

Nächster Artikel

American Pie-Rugby – Mix

Weitere Artikel der Kategorie »Kinderbuch«

Abenteuerlich!

Kinderbuch | Nikola Huppertz: Die unglaubliche Geschichte von Wenzel, dem Räuber Kaminski, Strupp und dem Suseldrusel Aufgabe von Erzählerinnen ist es, eine Geschichte lebendig werden zu lassen für die Leserinnen. Sie miterleben, mitfühlen zu lassen. Neben den Gefühlen wird das innere Auge angesprochen. Was aber passiert, wenn die Figuren einer Geschichte tatsächlich lebendig werden und die Buchseiten verlassen? Dann wird es abenteuerlich. So wie bei Nikola Huppertz in ›Die unglaubliche Geschichte von Wenzel, dem Räuber Kaminski, Strupp und dem Suseldrusel‹. Abenteuerlich in vielerlei Hinsicht – meint MAGALI HEISSLER.

Fadenspiele

Kinderbuch | Mareike Postel: Fadenwirrwarr

Der »Ariadnefaden« war ein Geschenk der Prinzessin Ariadne, Tochter des kretischen Königs Minos, an Theseus; Josef Guggennmos hat ein wunderbares Gedicht mit dem Titel ›Der Faden‹ gemacht, »Der lag da wie ein Strich. Der lag da und langweilte sich«, dem dann allerhand Amüsantes einfällt; ein roter Faden hält einen Text zusammen – und kann noch viel mehr, wie ein Bilderbuch verrät. Von ANDREA WANNER

Ein Knirps auf dem Vormarsch

Kinderbuch | Janet Foxley: Munkel Trogg Riesen sind – natürlich – riesengroß. Sind sie das nicht, haben sie ein Problem. Davon weiß Munkel Trogg, der kleinste Riese der Welt, ein Lied zu singen. Aber wer zuletzt lacht, lacht bekanntlich am besten. Von ANDREA WANNER

Zudecken, knuddeln, Liedchen singen, müde knutschen

Kinderbuch | J. Douglas, L. Riphagen: Das Küsschen-Krokodil Viele Kinder können nicht einschlafen. Hören Geräusche, haben Angst. Haben nur ein kleines Bärchen bei sich, das ihnen aber auch nicht helfen kann. Verstecken sich unter der Bettdecke, aber das macht’s auch nicht besser. Von GEORG PATZER

Gedanken-Spiele

Kinderbuch | Nikola Huppertz: Als wir einmal Waisenkinder waren Pippi Langstrumpf, Oliver Twist, Harry Potter, Momo oder Heidi haben eines gemeinsam: Sie sind ohne Eltern auf sich alleine gestellt. Ein Leben ohne elterlichen Schutz kann in Büchern ein großes Abenteuer sein, aber wenn man eigentlich mit seinen Eltern ganz gut klarkommt, will man ungern auf sie verzichten. Von ANDREA WANNER