Digitales | Games: Kingdom Hearts 2.8: The Final Chapter Prologue
Manchmal kann es wirklich schwer sein, ein episodisches Spiel objektiv zu behandeln, tragen wir doch alle ab einem gewissen Zeitpunkt eine Art (rosarote) Nostalgiebrille mit uns herum. Umso schwieriger wird es, wenn diese Brille, wie im Falle ›Kingdom Hearts‹, bereits seit 15 Jahren auf unserer Nase sitzt. Die Sicht beginnt langsam zu verschwimmen, die Bügel wollen nicht mehr richtig sitzen – und dennoch! Irgendwie irgendwie möchten wir sie dann doch nicht einfach so abnehmen. Findet DANIEL MEYER.
Logisch – es sind Teile unserer Kindheit und Jugend, die sich hinter ihr verbergen und die wir, gerade bei einem Spiel wie ›Kingdom Hearts‹, nicht ohne Weiteres missen wollen; die farbenfrohen und spannenden Begegnungen innerhalb dieser durch Disney und Square Enix gekennzeichneten Welt, das Erleben der vielen Abenteuer mit Sora und seinen Freunden, alles Dinge, die uns früher einmal das Leben versüßten und nun an die »gute alte Zeit« erinnern lassen wollen. – Problematisch wird es leider nur, wenn man einmal über den Gläserrand geschaut hat.
Wirrwarr
Square Enix tat in den letzten Jahren nicht gut daran, die Produktion der vielen Nachfolger auf unterschiedliche Plattformen und Konzepte zu verteilen. Die große Anzahl an Spin-Offs und Konsolenwechseln machte es für viele Fans schwer, dem ohnehin schon komplexen Plot zu folgen und ließen so große Löcher in der zuvor relativ linear zu verstehende Erzählstruktur entstehen. ›Kingdom Hearts 2.8 – The Final Chapter Prologue‹, als vorerst letzte Spin-Off Version, soll nun diese Lücken füllen und uns einen ersten Einblick in den von vielen sehnsüchtig erwarteten dritten Teil der Hauptsaga liefern.
Wie auch ›Kingdom Hearts 1.5‹ und ›2.5‹, setzt sich ›The Final Chapter Prologue‹ dabei aus mehreren Fragmenten zusammen: Dem PS4 exklusiven ›0.2 Birth by Sleep – A Fragmentary Passage‹, der HD-überarbeiteten Version des Nintendo DS-Spieles ›Dream Drop Distance‹ sowie ›χ Back Cover‹, einer Filmreihe aus dem kürzlich erschienenen Browserspiel ›Kingdom Hearts Unchained χ‹.
Eine kurze Reise ins Reich der Dunkelheit
Ersteres wird dabei sicherlich für viele Kaufgrund Nummer eins sein, denn es stellt besagten Brückenteil dar, der verschiedene Geschichtsepisoden miteinander verknüpfen und endlich wieder Klarheit in die verwirrende Welt der Schlüsselkrieger bringen soll. Hierbei dürft ihr euch erstmals mit Aqua, der Heldin aus dem 2010 erschienenen PSP Spin-Off ›Kingdom Hearts: Birth by Sleep‹, einen Weg durch die verworrenen Schattenwelten erkämpfen und somit eine direkte Fortsetzung ihrer früheren Geschichte erfahren.
Die circa dreistündige Episode spielt sich dabei äußerst flüssig, ist jedoch eher als eine Tech-Demo zum bevorstehenden dritten Teil, statt als vollwertiges Spiel zu verstehen. Viele der eingebauten Level bleiben lange Zeit geradlinig und fokussieren sich darauf, neue Interaktionsmöglichkeiten oder den durchaus schön anzusehenden Kampfmodus hervorzuheben. Gleichzeitig erhaltet ihr, gerade durch die neue Unreal 4 Engine Implementation, einen ersten Einblick darüber, wie sich wohl ›Kingdom Hearts 3‹ anfühlen oder gar spielen wird. Vieles scheint verbessert, Bewegungen sind natürlicher gestaltet und Umgebungen erhalten durch das Grafikupdate das wohl realistischste Gesicht seit Beginn der Spielereihe – das wäre dann aber auch schon alles.
Leider lassen sich in ›A Fragmentary Passage‹ keine tiefergehenden Informationen, wie etwa Skill- oder Ausrüstungssysteme finden, sodass man das Spiel mit den gleichen Sets beendet, mit denen man es auch begonnen hat. Selbst die kleinen Nebenquests, durch die man kosmetische Effekte, wie etwa Aquas Outfit oder Aussehen, verändern kann, täuschen hier nicht über das Gefühl hinweg, dass es sich eher um eine kleine Kostprobe des Möglichen handelt, das Spiel aber noch lange nicht über das volle Potential verfügt, das es haben könnte. Gleichermaßen halfen die meisten der eingebauten Cut-Szenen zwar sich erneut in das natürliche Gefüge des Spieles einzufinden (im Wesentlichen erhält man eine Kurzzusammenfassung von Yen Sid höchstpersönlich), sie machten jedoch auch erneut auf die vielen Schwächen und abstrusen Geschichtswendungen aufmerksam, die durch die unzähligen Erweiterungen bereits verknüpft werden mussten.
Gleiche Träume, jetzt in HD!
So wie auch Aquas neueste Reise wenig zum Gesamtverständnis der Reihe beizutragen scheint, verbleibt auch die Relevanz der anderen Fragmente in ›The Final Chapter Prologue‹ fragwürdig. Mit ›Dream Drop Distances‹ erhalten wir erneut die Möglichkeit, Sora und Riku, dieses Mal auf ihrem Weg zur Schlüsselschwertmeisterschaft, zu verfolgen. Die Remaster-Version des früheren Nintendo DS Spiels ist hierbei erstaunlich unkompliziert gelungen und lässt sich, trotz der früheren Touch-Pad-Steuerungen, nahezu mühelos bedienen.
Zwar bleibt das »Dream Eater«-System, das sich am besten als Crossover zwischen ›Pokémon‹ und ›Nintendogs‹ verstehen lässt, weitestgehend uninteressant, die relativ groß gestalteten Level und das durchaus anspruchsvolle »Flowmotion«-Kampfsystem machen ›Dream Drop Distances‹ aber zu einer netten Nebenbeschäftigung und kann Fans, die den gesamten Überblick vor ›Kingdom Hearts 3‹ erhalten wollen, gerne ans Herz gelegt werden. Besitzer der früheren 3DS-Version werden hier jedoch nichts Neues finden.
Das Beste zum Schluss? Noch mal zurück zum Anfang!
Zu guter Letzt zeigt Square Enix mit ›χBack Cover‹ einen Zusammenschnitt von Cutszenen aus dem mobilen und als Browserspiel ausgelegten Teil ›Kingdom Hearts Unchained χ‹ und offenbart hiermit noch einmal jüngste Ereignisse vor dem Start der offiziellen Spielchronologie (›Kingdom Hearts: Birth by Sleep‹). Die Filme wirken durch eingebettete Unreal 4 Engine gut animiert und besitzen durch das hohe Aufgebot von bekannten Voice Acts, wie etwa Travis Willingham (Harvey Dent in ›Batman: The Telltale Series‹) oder Ray Chase (Noctis, ›Final Fantasy XV‹), einen gewissen Charme – die etappenweise Erzählung und das Auslassen verschiedener im Spiel befindlichen Handlungen lassen jedoch an manchen Stellen mehr Fragen offen, als der Film in Wirklichkeit beantworten möchte. Auch hier gilt die Regel: Interessant für eingefleischte Fans oder als Zeitvertreib, Gelegenheitsspieler könnten an ihre Grenzen stoßen.
Die Zusammenfassung
›Kingdom Hearts 2.8 – The Final Chapter Prologue‹ ist wohl das weitestgehende Paket der drei bisher bestehenden Kollektionen, deckt es doch sowohl die frühesten als auch spätesten Ereignisse der Spielechronologie ab. Dennoch wird man das Gefühl nicht los, dass Square Enix mit diesem Teil primär versucht, Erste Hilfe für alle in der Geschichte verlorenen Fans zu leisten und sie so langsam auf den Zusammenstoß aller Ereignisse (vorzugsweise in ›Kingdom Hearts 3‹) vorzubereiten. ›A Fragmentary Passage‹ zeigt einen ersten kurzen Ausblick wie ein solches ›Kingdom Hearts‹ aussehen könnte, lässt aber jegliche Tiefe vermissen, um eine wirkliche Aussage über die Zukunft der Spielereihe schließen zu können. Letztendlich wird es die Zeit zeigen, ob ›Kingdom Hearts‹ nur durch die rosarote Nostalgiebrille weiterleben oder als wirklicher AAA-Franchise bestehen bleiben kann.
Titelangaben
Kingdom Hearts 2.8
Square Enix
erhältlich für Playstation 4
ab 42,99 Euro UVP