Jugendbuch| Timothée de Fombelle: Die wundersamen Koffer des Monsieur Perle
Ein junger Prinz verliebt sich in eine Fee. Aber wie so oft in Märchen gibt es den Bösewicht, der den beiden ihr Glück nicht gönnt und es zerstört. Und wie auch so oft in Märchen hofft man auf Wege, dass dann doch noch heißt »Und sie lebten glücklich und zufrieden …« Von ANDREA WANNER
Die magischen Welten, die Timothée de Fombelle seit ›Tobie Lolness‹ erschafft, sind faszinierende, schillernde Gebilde, fragil und wunderschön, mit magischen Wesen und einem ganz eigenen Zauber ausgestattet, der sie beim Lesen zum Leben erweckt. So auch die Märchenwelt, in der Prinz Iliån aufwächst, in der er sich in ein betörendes Geschöpf verliebt – und aus der er verbannt wird.
Diese Verbannung führt ihn an einen Ort ohne Wiederkehr: es in unsere Welt, wo er sich in den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts wiederfindet. Und irgendwann versteht er, dass er für die Rückkehr Beweise der Existenz seiner Welt braucht. Aber wo soll er die finden, in einer Welt, die sich kurz vor dem Ausbruch eines schrecklichen Krieges befindet? Er wird zum leidenschaftlichen Jäger und Sammler ganz besonderer Objekte, die er auf dunklen Wegen zu bekommen versucht, getrieben von seiner Liebe zu einer Fee.
Und diesem merkwürdigen Menschen, der sich zur Tarnung eine bürgerliche Existenz aufgebaut hat und unter dem Namen Joshua Perle einen kleinen Süßwarenladen, die Maison Perle in Paris, führt mit Schaumzucker, der nach Brombeeren, Mandeln oder Rosen schmeckt. Die Geschichte, wie er dazu kommt, ist eine von vielen, die sich verschlungen um die eigentliche Mission ranken. Der Ich-Erzähler, selbst ein unglücklich Liebender, der an der Welt zu verzweifeln droht, wird von Joshua Perle gerettet. In einem einsamen kleinen Haus mitten in der Wildnis des Waldes versucht der junge Mann hinter Perles Geheimnis zu kommen, das etwas mit den zahllosen Koffern zu tun haben muss und den darin in Seidenpapier eingeschlagenen Gegenständen.
Märchenhaft-poetisch, melancholisch und voller Überraschungen ist diese Geschichte, selbst ein wundersamer Koffer voller bewegender Schicksale. Die Figuren aus der Märchenwelt und die aus der »realen« Welt – was ist schon real? – vermischen sich, Wege kreuzen sich, die Handlung wird immer dichter und komplexer. Ein verlässlicher Zeuge nimmt sich ihrer an und bringt sie zu Papier. Das ist auf ganz eigene Art erzählt und von Tobias Scheffel und Sabine Grebing ohne Verluste für die wundervollen Bilder und die Leichtigkeit ins Deutsche übertragen.
Die Balance zwischen Realität und Märchen trägt die Geschichte, macht die Helden zeitlos und groß und lässt einen beim Lesen mitfiebern und staunen. Und das Zitat von J. M. Barrie aus ›Peter Pan‹, das sich ganz am Ende des Buches findet, schafft eine endgültige Verbindung zwischen den beiden, eigentlich unvereinbaren Welten: »Jedes Mal, wenn jemand sagt: ›Ich glaube nicht an Feen‹, fällt irgendwo ein Fee tot um.«
Titelangaben
Timothée de Fombelle: Die wundersamen Koffer des Monsieur Perle
Hildesheim: Gerstenberg 2017
320 Seiten, 18,95 Euro
Jugendbuch ab 14 Jahren
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander