/

Im Varieté durch Afrika

Live | André Hellers Show ›Afrika! Afrika!‹ in Berlin

Am 23. Januar 2018 feierte die Neuinszenierung von André Hellers ›AFRIKA! AFRIKA!‹ eine umjubelte Premiere im ›Stage Theater Potsdamer Platz‹ in Berlin. Opulente Highlights, wie ein lebensgroß nachgebildeter Elefant beeindruckende Artisten sowie aufwendige Bühnentechnik erwarten die Zuschauer. Beim Auftakt zur Tournee bekamen die Akteure 15 Minuten Standing Ovations. ANNA NOAH hat eine künstlerisch äußerst anspruchsvolle Feel-Good-Show für Groß und Klein gesehen.

Die Besonderheit von ›AFRIKA! AFRIKA!‹ ist die Vielfalt der dargebotenen Talente. Die Show bietet effektvolle Artistiknummern, zum Beispiel die »Ikarischen Spiele«, bei denen der Artist von einem Partner fast spielerisch mit den Füßen durch die Luft gewirbelt wird. Es gibt einen Banquin-Act, bei dem neun Männer ihre starken Arme als Trampoline nutzen. Automatisch hält man den Atem an, genauso wie bei der Stuhlpyramide und einer absolut verrückten Nummer mit sieben Artisten auf einer Wippe, genannt »Koreanisches Schleuderbrett«.

Für eine kleine Verschnaufpause sorgt der sogenannte Rigolo-Act, der mit einer ruhigen Sanddorn-Balancenummer dem rasanten Tempo in der lebhaften Show gegenübersteht. Weiterhin gibt es Menschenpyramiden und Stangenakrobaten aus Tansania oder die afro-amerikanischen SlamDunk-Basketballer aus den USA, die ihre artistischen Showacts mit Breakdance kombinieren.

Die Kinder und Kindgebliebenen im Publikum freuen sich auf Dumbo – den Auftritt des lebensgroßen, afrikanischen Elefanten, der von mehreren Artisten auf die Bühne befördert werden muss. Entworfen wurde er in den Werkstätten des Figurengestalters Michael Curry.

Rundreise durch Afrika in Varietéform

Die Show führt den Zuschauer vom traditionellen Tanoura-Tanz aus Ägypten, der mit seinen Gesten und Drehungen einen Brückenschlag zwischen Himmel und Erde darstellt, über die westafrikanischen Tänze der Elfenbeinküste und aus dem Senegal bis zum südafrikanischen Gumboot-Dance (Gummistiefel-Tanz). Dieser soll die Energie des Widerstands gegen Ausbeutung und Kolonialismus widerspiegeln. Nicht fehlen dürfen die afro-amerikanischen Weiterentwicklungen von Break- und Street-Dance. Wilde, gestenreiche Tänze aus dem westafrikanischen Senegal treffen dabei auf Künstler aus der südlich des Senegals gelegenen Elfenbeinküste.

Dazu spielt die hochkarätige Band einen Querschnitt altbekannter und neuer Melodien des afrikanischen Kontinents.

Was wäre Afrika ohne seine Musik?

Eine der großen Pluspunkte von ›Afrika! Afrika!‹ ist die Liveband. Weltklasse-Musiker kümmern sich um die rhythmische Untermalung der Show. Bandleader Francky Moulet war bereits bei der Tournee 2013/2014 für die Musik verantwortlich. Er selbst ist ein Ausnahmetalent: Als musikalischer Multi-Instrumentalist, Komponist und Arrangeur arbeitete er bereits mit einigen Musikgrößen, wie Phil Collins, zusammen. In ›Afrika!Afrika!‹ lebt Moulet seine musikalische Vielfalt mit afrikanischen Klängen und verschiedenen afrikanisch-inspirierten Musikstilen von Jazz über Reggae bis Pop und Rock aus.

AFRIKA! AFRIKA! (2018) Andreis Jacobs: Sanddorn-Balance; Foto: Nilz-Boehme
AFRIKA! AFRIKA! (2018) Andreis Jacobs: Sanddorn-Balance; Foto: Nilz-Boehme

Die künstlerisch-musikalische Gegenwart des afrikanischen Kontinents wird genauso gezeigt, wie die Anklänge an sein traditionsreiche Erbe. Sogar die musikalische Weiterentwicklung durch die Verschmelzung von afrikanischem Temperament mit der Kultur anderer Kontinente kommt nicht zu kurz.

Natürlich ist sich der Zuschauer die ganze Zeit über bewusst, dass das Leben in Afrika nicht in dieser fröhlich-rasanten Form abläuft; aber der Aspekt der Reflektion wiegt bei dem großartigen Ensemble und den künstlerischen Darstellungsformen nicht so schwer.
Von Beginn an war es Andrè Hellers Intention, afrikanischen Künstlern eine Bühne zu bieten, um die kulturelle Vielfalt von Marokko bis Südafrika, von Äthiopien bis zur Elfenbeinküste greif- und erlebbar zu machen.

Er selbst sagte 2014: »Die Show schafft es verlässlich, den Zuschauern ein frohes Herz zu schenken.«
Und das ist ihm mehr als gelungen!

| ANNA NOAH
| Titelbild: Yusuphu Fuko: Chair Balance; Foto: Nilz-Boehme

Titelangaben
Afrika!Afrika! (Semmel Concerts Entertainment)

Idee: André Heller
Cast:
Duo Happy, Äthiopien, Ikarische Spiele: Abiy Saleamlak Negash, Seife Desta Buser
The Flying Ethiopians, Äthiopien, Koreanisches Schleuderbrett / Pole Act: Afewerk Habtewel, Ayele, Belete Abatiye Alemu, Besufekad Alemye Erda, Eyob Kasahun Kebede, Henok Semaw Addis, Mikiyas Menigistu Biyadeglgn, Yosef Tegegn Urga
Tanoura – Tanz der Derwische, Ägypten: Mohamed Abdelkerim Elsayed Elnoamany
Break- und Streetdance, Südafrika: Kashief Dunjana, Toufeeq Baatjes
Gumboot Dance, Südafrika: Mpotseng Nhlapo, Sifiso Morobe, Tholakele Nkala
u.v.a.

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

»Mein Film, mein Leben«

Nächster Artikel

Die Demokratie wird im Alltag gerettet

Weitere Artikel der Kategorie »Bühne«

Wenn einen die Moral am Genick packt

Bühne | Jugend ohne Gott

Schülerinnen und Schüler, deren Namen nur kurz mittels des ersten Anfangsbuchstabens genannt werden, treffen auf einen Lehrer, der zusammen mit ihnen das System hinterfragt. Welche Begriffe verwenden wir im Alltag: „Neger“ oder „Schwarzer“? Wann gehen Gefühle zu weit und wann werden Bewunderung oder gar Liebe zu Mordabsichten? Und kann das nicht in jeder Situation und Zeit passieren? Von JENNIFER WARZECHA

Kafka auf dem Stuhlberg

Bühne | Kafka/Heimkehr: Staatstheater Wiesbaden Ganz unkonventionell beginnt die Aufführung bereits in der Theaterbar: Ein Schauspieler setzt sich auf die Bar, und ein anderer beginnt zu erzählen: Er rezitiert nichts Geringeres als Franz Kafkas Erzählung ›Das Urteil‹; der Sitzende spielt das Erzählte als Protagonist Georg Bendemann nach. Erst als der sich in das Zimmer seines Vaters begehen will, wird das Publikum von den Darstellern durch lange, dunkle, staubige Gänge in den Theatersaal der Wartburg in Wiesbaden geleitet. Der Regisseur Jan Philipp Gloger hat sich für das Staatstheater Wiesbaden ein gigantisches Projekt vorgenommen, mit dem Titel ›Kafka/ Heimkehr‹, benannt nach Kafkas

Feminismus en vogue

Bühne | Nora, Hedda und ihre Schwestern 300 Jahre Badisches Staatstheater, 200 Jahre Badische Verfassung, 100 Jahre Frauenwahlrecht. Die Aufführung ›Nora, Hedda und ihre Schwestern‹ setzt unter der Regie von Anna Bergmann, mit der Dramaturgie von Marlies Kink mehrere Akzente. Von JENNIFER WARZECHA

Eloquenz und Kalauer

Menschen | Zum 80. Geburtstag des kulturellen Tausendsassas Hellmuth Karasek »Manchmal fürchtete ich schon, ich schreib mich in eine Depression hinein«, bekannte Hellmuth Karasek über die Arbeit an seinem 2006 erschienenen Band Süßer Vogel Jugend. Der kulturelle Tausendsassa mit der stark ausgeprägten Affinität zur Selbstironie sprüht aber immer noch vor Tatendrang und hat im letzten Frühjahr unter dem Titel Frauen sind auch nur Männer einen Sammelband mit 83 Glossen aus jüngerer Vergangenheit vorgelegt. Sogar prophetische Züge offenbart Karasek darin, sagte er doch den Niedergang der FDP schon zwei Jahre vor der letzten Bundestagswahl voraus. Von PETER MOHR

Ein Leben zwischen Schall und Rauch

Live | Bühne: Falco – The spirit never dies Freudestrahlende Gesichter auf der Premierenfeier, Beglückwünschung der herausragenden Leistung aller Mitarbeiter, Ensemblemitglieder und Herausstellung dessen, dass das gesamte Ensemble des Balletts am Erfolg beteiligt war – so enthusiastisch und zurecht erfolgsverheißend geht die Premiere von ›Falco – the spirit never dies‹ im Pforzheimer Stadttheater zu Ende. JENNFIER WARZECHA über Leben und Werk eines Ausnahmekünstlers