Musik | Pierrot in der Musik und im Musiktheater
Der Pierrot, 1816 aus dem Pedrolino der Commedia dell’arte entwickelt, entsprang der Fantasie des Pantomimen Jean-Gaspard Deburau. Eigentlich gab es solche Figuren, die zu Zirkus-Weißclown wurden, schon im Straßentheater des 15. Jahrhunderts. Eine einfache Figurine für’s Volk. Der Sänger Alexsander Wertinski erfand einen schwarzen Pierrot. Von TINA KAROLINA STAUNER
Theater ist allseits bekanntes Gewerbe im Kontext von Unterhaltungsbetrieben und wurde auch subventioniertes Stadt- und Staatstheater. Überall sind neue Crossover-Formen der Perfomence üblich. Die Ursprünge des Theaters liegen Tausende Jahre zurück. Erforscht als künstlerische Disziplin in Kulturgeschichte. Ursprünglich gab es Sprech-, Figuren-, Tanz-, Musiktheater mit klassischen Formen wie Oper, Operette, Musical, Singspiel. Neues Musiktheater wird aufwendig aufgebaut im Ensemble aus Schauspielern, Sängern, Orchestermusikern, Künstlern, Handwerkern und Mixed Media-Artists. Doch schon eine One Man Band ist ein kleines Musical Theater und nicht nur ein Straßenmusiker-Spektakel.
Pierrot als One Man Band
»…Well I’m a one man band
Nobody knows nor understands
Is there anybody out there want to lend me a hand
With my one man band…«
(aus ›One Man Band‹ von Leo Sayer)
Grazil Theatralisches zelebrierte im Popzirkus in den 70er Jahren Gerard Hugh »Leo« Sayer. Er tauchte als Sänger in der Pierrot-Maske auf und spielte einen Musikclown. Auf der Setlist wurde 1973 mit notiert die Nummer 2 der BBC-Charts ›The Show Must Go On‹. Das Hitwunder Leo Sayer wunderte sich dann in den 80er Jahren über ein kleines Karrieretief, ließ sich aber nicht unterkriegen. Aktuell ist das Songwriter-Album ›The Restless Years‹. Nun in prosaischer Darstellung in der theatralen Musikszene.
Sayer:
Tanzen ließ Katja Ebstein 1980 Pierrots beim Eurovision Song Contest für Deutschland mit ›Theater, Theater, Theater‹. Eine perfekte Showgeste im Schlagergenre. Und eine einfache Form von Musiktheater im Chansonformat. Die eigentlich polnische Sängerin ist auch Schauspielerin und im Kunstbereich bewandert.
Ebstein:
In der Rockszene wird der Pierrot auch in jetzigen Tagen zeitgemäß präsentiert. Neu dazu gekommen ist 2006 auf dem Album ›Meds‹ eine bittere Indie-Rock- Nummer von der hinreißend klingenden Band Placebo über dieses Thema.
Placebo:
Pierrot in großer musikalischer Form
Als Pierrot Lunaire gibt es die große musikalische Form von Arnold Schönberg. Mit vertonten Gedichten aus dem Jahr 1884 von Albert Giraud. In der Vor-Zwölftonzeit entstand dieses atonale Melodram mit Uraufführung im Oktober 1912. Von der Kritik zu dieser Zeit abgelehnt und zu Konzert-Skandalen führend konnte nichts das Niveau von Arnold Schönberg schmälern. Auch von Pierre Boulez sind Aufnahmen dokumentiert. Im Jahr 2014 veröffentlichte der Filmemacher Bruce LaBruce eine Filmversion nach einer Theateradaption von 2011 am Berliner Hebbel. Pierrot Lunaire wurde vom Construction Site New Music Ensemble unter Dirigat von Premil Petrovic in Zusammenarbeit mit Susanne Sachsse interpretiert, die auch der Pierrot im Film ist. Mit integrierter Technomusik und nach realen Ereignissen in Toronto. Ein auch in Berlin mit Award ausgezeichneter Film.
Schönberg:
Ein anderer Komponist der ernsten Musik hatte sich in der Epoche der Romantik einmal des Pierrots angenommen. In der literarisch-musikalischen Arbeit von Robert Schumann entstanden im Werkzyklus ›Carnaval‹ diesbezügliche Klavierstücke. So kann ein erfolgreicher Abstieg klingen: Als Genie beginnen und als Talent enden.
Schumann:
Pierrotstücke gehen weiter. Ein anderes Mal von mir mehr darüber. Und in der Spielzeit 2017/18 feiert die Komische Oper Berlin ›70 Jahre Zukunft Musiktheater‹:
Titelangaben
Placebo: „Meds“ (Virgin Records, 2006)
Leo Sayer: „Just A Boy“ (Chrysalis Records, 1974)
Katja Ebstein: „Theater, Theater – Best Of“ (Ariola / Sony Music, 2006)
Arnold Schönberg: „Pierrot Lunaire“ (Ensemble Intercontemporain / Pierre Boulez,
Deutsche Grammophon / Universal Music, 2012)
Robert Schumann: Carnaval, Davidsbündlertänze & Papillons
Boris Giltburg (Naxos, 2015)