/

Parieté – über eine wunderbare Teilhabe

Bühne | Theater | Parieté-Gala

Die »Parieté-Gala« ehrte zum 4. Mal behinderte und nicht behinderte Künstler sowie deren vielfältige Interpretation des Kunstbegriffes. Kunstschaffende aus allen Bereichen begegneten einander auf der Bühne. So entfaltete sich nach und nach die Wirkung ganz besonderer Darbietungen.
ANNA NOAH freute sich auf viele einzigartige Momente.

Wie alles begann

Pariete Gala 2018 Yan Revazov2015 veranstalteten der VIA Unternehmensverbund und der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin zum ersten Mal unter dem Motto »Kunst kennt keine Grenzen« ein ausgefallenes Theaterspektakel – die ›Parieté-Gala‹.

Die Resonanz der Veranstaltung war enorm. Mit stehenden Ovationen verabschiedete das begeisterte Publikum die vielen tollen Darsteller. Tanz, instrumentale Musik, Szenen aus Theaterproduktionen, aktuelle Songs, Kostproben aus dem Comedy-Repertoire sowie choreografische Welturaufführungen wurden gezeigt. Nicht zu vergessen sind dabei die zahlreichen Acts fernab der großen Bühne, die die Gäste im Außenbereich unterhielten.
Somit war der Auftakt für ein neuartiges Kulturereignis mehr als geglückt.
Mehr noch, eine Festveranstaltung der Superlative war geboren.
Das Ziel der Organisatoren ist es, vermeintliche Barrieren verschwimmen zu lassen, bis sie sich letztendlich sogar ganz auflösen.
Seit nunmehr vier Jahren gehört die »Parieté-Gala« in das feste Programm des Pfefferberg Theaters in Berlin.

Kunst fordert heraus

Die Schirmherrin Elke Breitenbach, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, sagte in ihrem Grußwort, dass Kunst ein Weg zu mehr Inklusion sein könne. Kunst stärke, Kunst fordere heraus, Kunst entfalte Potenzial – und das bereichere unsere Gesellschaft.
Die angesprochene Herausforderung dürfte für beide Seiten gelten – Darsteller als auch Zuschauer.

So war es nicht weiter verwunderlich, dass das Theaterprojekt »Possible World« die Bühne betrat und den »Sommernachtstraum« in Gebärden- und Lautsprache präsentierte. Und wie großartig! Der Zuschauer konnte dabei erkennen – man muss nicht zwangsweise Worte sprechen, um zu verstehen.

Doch es gab noch viele weitere brillante Auftritte, so zum Beispiel Evan Ruggiero aus New York, der nach seiner Knochenkrebsdiagnose ein Bein abgenommen bekam, diese Tatsache ihn aber überhaupt nicht davon abhielt, weiter Stepptanz zu betreiben. Oder die preisgekrönte belgische »La Compagnie LE HUIT«, die Rollstuhltanz, Ballett und Akrobatik auf eine ganz eigene Art mit der Musik verband.

Des Weiteren brachte Roy Reinker das Publikum als Bauchredner mit seiner Handpuppe, dem sächsischen Opa Siegfried, zum Lachen; Jade Pearl Baker, Evelin Novak und Marie Loreine bezauberten mehrfach durch ihre fantastischen Stimmen.

Doch wie funktioniert Parieté?

Auf der Bühne geht es oft um weit mehr als das, was man offensichtlich sieht. Sichtbare Behinderungen erzeugen zwar erst mal Irritationen, aber nach einer Weile nimmt man sie gar nicht mehr vordergründig wahr. Ähnlich des Crossover-Stils in der Musik wird das Gesamtgenre Kunst um eine Momentschöpfung oder durch andere Überraschungen für den Zuschauer erweitert.

Gegen Barrieren

Der Ansatz der »Parieté-Gala« ist es, körperliche Grenzen durch die Kunst aufzuheben und das gelingt ihr beispielhaft. Keine andere Veranstaltung stellt Inklusion besser und eindrucksvoller dar. Die Menschen definieren sich nicht durch ihre von außen zugeteilten Merkmale (Geschlecht, Alter, Religion, Behinderung, etc.), sondern über ihre gemeinsame Kunst. Und sie fördern sich gegenseitig.

Pariete Gala 2018 Yan Revazov

Der künstlerische Leiter Giorgio Madia brachte es treffend auf den Punkt: »Mein Ziel, solange ich Theater mache, ist eine Kunstform ohne Etiketten, die alle Sinne berührt, unter die Haut geht und unmittelbar das Herz erreicht. Das ist Parieté!«
Doch die Veranstaltung dient neben der tollen Botschaft noch einem anderen Zweck: Menschen aller Couleur begegnen sich, lernen sich kennen und schließen Freundschaften. Die Kunst fungiert dabei als ein wichtiges Zwischenglied.
Und so wird der Kreis geschlossen, denn die verkürzte Definition von Inklusion ist eine Gesellschaft, in der jeder Mensch anerkannt wird – und teilhaben kann.
Gelungen!

| ANNA NOAH
| FOTOS: YAN REVAZOV

Showangaben
Parieté-Gala (Pfefferberg Theater)
Darsteller: various
Regie: Giorgio Madia
Leitung Parieté-Gala: Uwe Gervink

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Der etwas andere Schnüffler

Nächster Artikel

SHORT STORIES

Weitere Artikel der Kategorie »Bühne«

Achtung, Falle!

Bühne | Comedy: Männerabend Tom kommt von einer Geschäftsreise zurück und freut sich auf seine Heike. Doch sie holt ihn nicht am Flughafen ab. Zu allem Überfluss findet er zu Hause nur noch den Kühlschrank und das Sofa vor. Sonst nichts. Wo ist Heike hin? Ein Einbruch mit Kidnapping! Er muss die Polizei rufen! ANNA NOAH fragt sich, ob das wohl gut ausgeht.

Einmal »Razzz« – immer »Razzz«

Bühne | Interview | Beatbox-Musical: Razzz For Kids Wenn vier Darsteller mit übergroßen Schaumstoffperücken und nur mit ihren Mikros bewaffnet auf einer minimalistischen Bühne Groß und Klein zum Lachen bringen, kann das nur eins bedeuten: die »Razzzones« sind »in da House«! Hier gibt es keine Instrumente und keine technischen Soundeffekte. Alles, was die Darsteller Kays, Phil, Rapha und Johannes für das Gute-Laune-Stück brauchen ist: ihr Mund. ANNA NOAH hat sich vom Berliner Großstadtmärchen für die ganz Kleinen mitreißen lassen.

Ein schmaler Grat zwischen Fiktion und Wirklichkeit

Bühne | Wer hat Angst vor Virginia Woolf? Deutsches SchauSpielHaus Hamburg Lieben sich Martha und George wirklich? Zwischen Fiktion und Wirklichkeit, Zuneigung und Hass, perfektem Spiel und schönem Schein, sind sich weder die Protagonisten noch die Besucher sicher, was wirklich auf der Bühne vor sich geht. Von MONA KAMPE

»I will follow me«

Bühne | ›Ladies first‹ am Badischen Staatstheater Erst ein paar Tage sind die Feierlichkeiten rund um den Internationalen Frauentag vorbei. »100 Jahre Frauenwahlrecht« neben 70 Jahren Grundrechten in Deutschland sind ein Grund zum Feiern. Das dachte sich auch Otto A. Thoß, welcher zuständig für das Ensemble der Oper ist. Er inszenierte ›Ladies first. Ein musikalischer Abend mit 56 Frauen‹, einer Produktion von Volkstheater und Jungem Staatstheater Karlsruhe, am Badischen Staatstheater. JENNIFER WARZECHA war dabei

Ein entpolitisierter Zirkus

Bühne | Die Blechtrommel. Schauspiel nach dem Roman von Günter Grass Horace Engdahl titulierte in seiner Nobelpreisrede auf Günter Grass im Jahre 1999 dessen Roman ›Die Blechtrommel‹ als die »Wiedergeburt für den deutschen Roman des Zwanzigsten Jahrhunderts«. Die Schauspielbühnen Stuttgart haben sich mit der ›Die Blechtrommel‹ ergo einen großen Brocken vorgenommen, denn es ist zwar gerade en vogue, Romane als Theaterstücke zu adaptieren, aber selten nimmt man sich dazu einen dermaßen dicken und auch verdichteten Wälzer vor, zumal wenn es sich dabei um einen literarischen Erguss handelt, der so typisch im Genre des Romans gefangen zu sein scheint. Dennoch hat