Kinderbuch | M. Rinck, M.v.d. Linden: Tangramkatze
Langeweile ist etwas Schönes, denn dann kann man was entdecken. Zum Beispiel, dass man mit Tangram nicht nur Figuren legen, sondern ganze Geschichten erzählen kann. GEORG PATZER ist angetan von dem spielerischen Buch.
Ein blaues Quadrat, mitten auf der Seite, etwa 15 mal 15 Zentimeter. Huch, was ist das? Es ist gar kein Quadrat: »Ich hatte Langeweile, und dann bekam ich ein Puzzle. Hier ist es.« Aha. Aber es hat ja keine Einzelteile. Aha. Aber dann fällt das blaue Quadrat auseinander in sieben Teile: fünf Dreiecke, ein Viereck und ein Parallelogramm. »Es hieß, ich könnte alles daraus machen.« Aus nur sieben Teilen? Alles, wirklich alles? Warten wir’s ab.
»Ich hatte ja doch nichts zu tun, also machte ich eine Katze. Die wurde richtig gut.« Danach baut der Junge ein Haus. Dann einen Fisch, denn die Katze sollte doch was zu fressen haben. Die Katze will aber nicht. »Du wünschst dir jemanden zum Spielen!« Also bastelt er noch eine Katze. »Das war nicht so einfach. Aber es klappte!« Aber nein: Das war ja ein Hund! »Lauf!« ruft er der Katze zu. Und legt schnell einen Baum zusammen: »Auf dem war sie sicher.«
Immer weiter geht die Geschichte. Immer andere Gegenstände bastelt das Kind, zuerst einmal einen Stock, um den Hund zu vertreiben – oh, nein, es ist ein Krokodil geworden! »Äh…« Dann einen Stier. Aber das Krokodil macht »schnapp, schnapp!« Und der Stier läuft davon. Einen Dinosaurier, ganz viele kleine Vögel, zehn Stück auf einmal. Irgendwas muss doch gegen das Krokodil helfen.
Ein Spiel im Spiel
Maranke Rinck und Martijn van der Linden haben ein witziges, spielerisches Bilderbuch geschrieben und gemalt, haben sich dabei vom chinesischen Tangram-Spiel inspirieren lassen. Und tatsächlich kann man wirklich fast alles daraus nachbilden, Tiere, Gebäude, Menschen, Pflanzen …
Rinck und van der Linden treiben ihr Spiel aber noch ein wenig weiter. Denn sie verraten zuerst nicht, was sie gemacht haben, dazu muss man umblättern, erst dann sieht der Leser, was es darstellt. Und so entdeckt der Leser, dass manche Formen auch mehrdeutig sein können: Die Katze entpuppt sich als Hund, der Stock ist ein Krokodil … Die Phantasie spielt ihr eigenes Spiel, Formen verwandeln sich, die Sinne spielen mit der Erwartung, und manchmal spielen sie uns einen Streich.
Und noch einen weiteren netten Dreh gibt es: Denn Rinck und van der Linden lassen es nicht beim Blau der ursprünglichen Tangramstücke, sie geben der Katze ein ausdrucksstarkes Gesicht, gelbe Augen und ein gestreiftes und gepunktetes Fell, das Haus besteht aus roten Balken mit schwarzen Fenstern und Türen, der Fisch ist silbrig glänzend und schuppig und der Hund bekommt ein schwarzbraunes struppiges Fell und ein grinsendes Maul: Auch er will ja nur spielen.
So erzählen sie nicht nur eine witzige Geschichte, an deren Schluss der Junge und die Katze doch noch miteinander spielen, sondern sie geben auch, ohne zu pädagogisch zu werden, auf den Umschlaginnenseiten eine feine Anleitung, zu welchen Figuren man die Puzzleteilchen noch zusammensetzen kann. Aber die Geschichte ist nur eines von vielen Beispielen. Denn auf den Umschlaginnenseiten sind noch Hunderte mehr aufgezeichnet: eine Gießkanne und ein nasser Mensch, ein Segelboot und ein Angler, ein Kamel und eine Giraffe, ein Löwe und eine Krähe und das Wort »Tangram« und und und … Und natürlich liegen hinten im Buch sieben kleine Tangramteile. Damit man gleich loslegen kann.
Titelangaben
Maranke Rinck und Martijn van der Linden: Tangramkatze
(tangram kat, 2016), übersetzt von Rolf Erdorf
Berlin: Schaltzeit Verlag 2018
56 Seiten und ein Tangramspiel, 17,95 Euro
Bilderbuch ab 3 Jahren
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