Dem kleinen Schwein mit dem Badehöschen, aus dem das Ringelschwänzchen rausguckt, das die Augen zusammenkneift und mit den Armen seine Beinchen fest umklammert ist anzusehen, dass der Sprung ins Nass einfach pures Vergnügen ist. Vielleicht hat es ein bisschen Überwindung gekostet, jetzt im Flug ist es einfach Spaß. Freude, die ansteckt, findet ANDREA WANNER.
»Mut ist was Gutes« fällt dem Dichter Arne Rautenberg bei diesem so typischen Ferkel von Wolf Erlbruch, dem grandiosen Bilderbuchkünstler ein. Er findet auch andere Beispiele in seinem Gedicht dafür, was Mut sein kann. Chilipulver in Kakao beispielsweise. Oder die Mücke auf dem Arm, die man nicht totschlägt. Er hat sich von Erlbruchs tierischen Wesen inspirieren lassen, sie genau angeschaut und mit viel Empathie die passenden Worte dazu gefunden.
Da gibt es die ziemlich typische Szene einer Familie um den Esstisch. Mutter Katze, Vater Katze und das Katzenkind, vor dem ein Teller grüner Suppe mit einer Maus drin steht. Das Kind findet die Mausschwanzsuppe ekelhaft. Der Mut liegt darin, schlicht zu erklären: »Ich esse nichts, was ich nicht mag!« Ganz schön aufmüpfig. Aber essen Erwachsene Dinge, die sie nicht mögen? Die kleine Katze zieht das jedenfalls durch. Cool.
Rautenberg hat genau hingeschaut, hat sich in die Szenen eingefühlt, dem Herzschlag der kleinen Eule nachgespürt, die oben auf dem Schrank sitzt und in die weiße Schürze der Gans springen soll, die die als Sprungtuch aufhält. Da bräuchte es jetzt auch Mut. Aber: »Ich hab dazu gerade keine Lust«, denkt der Vogel. Und bleibt wohl sitzen. Angsthase oder Muthase? Die Frage stellt sich auch dem kleinen Langohr auf dem Sprungbrett. Und die kleine Katze, die sieht, wie ihre Schwester einen Hund küsst? Hält den Mund. Klasse.
Ob Eule und Hase miteinander auf dem Fahrrad unterwegs sind, ein Hund etwas ratlos vor einer Dusche steht oder ein Hundevater eine unruhige Nacht verbringt: Zauberhafte Bilder werden durch die Texte zum Leben erweckt. Die Fantasie wird wachgekitzelt, manchmal sieht man vielleicht doch etwas anderes. Das darf man.
Wolf Erlbruch ist 2022 gestorben und hat unzählige Bilderbücher hinterlassen, die zu Klassikern geworden sind wie ›Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat‹ oder ›Die Werkstatt der Schmetterlinge‹. Schön, dass es jetzt posthum ein neues Bilderbuch gibt: Arne Rautenberg und Wolf Erlbruch ergänzen sich perfekt. Es sind die ganz großen Themen, die hier leise daherkommen und mitten ins Herz treffen.
Titelangaben
Arne Rautenberg: Mut ist was Gutes
Illustrationen von Wolf Erlbruch
Wuppertal: Peter Hammer
48 Seiten, 14 Euro
Bilderbuch für alle
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