Roman | María Cecilia Barbetta: Nachtleuchten
Fantasievoll und voller Wortspiele sind die Romane der argentinischen Schriftstellerin María Cecilia Barbetta, für die sie zu Recht ausgezeichnet wurde. In Nachtleuchten wirft sie einen freundlichen Blick auf das Ende der Ära Perón. Ganz aktuell erhielt sie den neuen Chamisso-Literaturpreis, der von der Wirtschaft und Zivilgesellschaft in Dresden gestiftet wurde. Von BETTINA GUTIERREZ
Mit ihrem ersten Roman Änderungsschneiderei Los Milagros wurde die argentinische Schriftstellerin María Cecilia Barbetta einem breiten deutschen Lesepublikum bekannt. Für dieses Werk, in dem sie literarisch-verspielt von der Begegnung und dem Schicksal ihrer beiden Protagonistinnen Mariana Nalo und Analía Morán erzählt, erhielt sie den renommierten aspekte-Literaturpreis.
Im letzten Jahr erschien ihr zweiter Roman Nachtleuchten, den sie nun im Haus der Bildung in Bonn vorstellte und der ebenfalls ausgezeichnet und hierzulande begeistert aufgenommen wurde. Hier entfaltet sie vor dem Hintergrund eines politischen Umbruchs, dem Tod des argentinischen Präsidenten Juan Domingo Perón, ein Panorama eines bunten menschlichen Miteinanders im dem in Buenos Aires gelegenen Viertel Ballester.
Während dieser kurzweiligen Lesung konnte man Aufschlüsse über die literarischen Beweggründe María Cecilia Barbettas zu Nachtleuchten sowie über ihre Person und ihren Werdegang gewinnen. So erläuterte sie zunächst, dass es ihr wichtig gewesen sei, den politischen Kontext des Endes der Ära Perón literarisch leicht und heiter zu verdichten, obwohl der Titel symbolisch für eine dunkle Zeit stehe. Schließlich deutete sich schon damals, im Jahr 1974, latent der zwei Jahre später stattfindende Militärputsch an. Ihre Protagonisten, so Barbetta, seien größtenteils der Wirklichkeit entnommen und daher ein Sinnbild dafür, was menschliche Solidarität in solchen Zeiten ausrichten könne: »Es sind die unspektakulären Helden, nicht die großen Helden. Sie besinnen sich in dieser Zeit auf das, was das Leben wieder lebenswert macht.«
Es sind in der Tat liebenswerte Personen, die diesen literarischen Kosmos bevölkern. Da ist der etwas ungewöhnliche Friseur Celio, der Inhaber des Salons »Ewige Schönheit«, der stets Gespräche mit seiner verstorbenen Mutter führt. Oder der charmante Bolerosänger Tony Tormenta, der, wie sein Name schon sagt, wie ein »Sturm« auf die Frauenwelt wirkt. Teresa Gianelli, eine Arzttochter, die gerne eine Madonnenstatue mit sich trägt und ihre reiche Freundin Ariadna Viamonte Rey beleben dagegen die meist turbulenten Handlungsstränge in der katholischen Klosterschule Santa Ana. Richtig heldenhaft erscheint hier nur Saberino Saturnino, ein Automechaniker, der eine Vision hat.
»Er ist ein Mensch, der von einem Autorenkollektiv träumt, in dem alle, das heißt auch der Bäcker, Friseur und Ladenbesitzer,Texte schreiben. Er träumt von dem Recht auf Meinungsfreiheit«, veranschaulicht Barbetta seine politische Haltung, die sie mit ihm teilt.
Über den Menschen und die Schriftstellerin María Cecilia Barbetta erfährt man an diesem Abend wiederum, dass sie ihren Lebensweg mit genau der gleichen Leichtigkeit meisterte wie ihre Romanhelden. Auf die Frage, warum sie auf Deutsch und nicht auf Spanisch schreibe, antwortet sie, dass Deutsch ihre »geliebte Sprache« sei: »Es ist eine Sprache voller Leichtigkeit, es ist für mich die Sprache der Freiheit.«
Doch sei, so sagt sie, diese Liebe zur deutschen Sprache nicht dem Zufall geschuldet. In Buenos Aires besuchte sie eine deutsche Schule, studierte anschließend Deutsch als Fremdsprache und ging dann auf Anraten ihres Literaturdozenten mit einem Promotionsstipendium nach Deutschland. Als sich nach ihrer Promotion die Frage nach der Aufenthaltsgenehmigung stellte, arbeitete sie als Spanischdozentin an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder und machte ein Volontariat im Bereich der Bildenden Kunst beim Berliner Senat.
»Dadurch hatte sich mir eine neue Welt erschlossen, das war eine große Bereicherung« erinnert sie sich. Zur Schriftstellerei habe sie sich allerdings schon immer hingezogen gefühlt, weshalb sie einfach beschlossen habe, nur noch zu schreiben. Auch dies also sei kein Zufall, erklärt sie, und zitiert hierbei ihren Lieblingsschriftsteller Julio Cortázar, der ebenfalls nicht an den Zufall geglaubt habe. Mit diesem Entschluss ist es ihr, wie auch hier in Deutschland, gut ergangen. Ihre leichten, beschwingten und äußerst gelungenen beiden Romane sind hierfür der beste Beweis.
Titelangaben
María Cecilia Barbetta: Nachtleuchten
Frankfurt am Main: S. Fischer 2018
528 Seiten, 24,00 Euro
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