Bühne | Joe Sutton: ›Komplize‹ im Hamburger Theater das Zimmer
Die Wahrheit ist ein gefährliches Gut – das muss auch Journalist Ben erkennen, als er geheime US-Regierungsmethoden aufdeckt und angeklagt wird. Die Preisgabe seiner Quelle kann ihn und seine Familie retten, doch der Preis ist hoch. Von MONA KAMPE
Ben ist leidenschaftlicher Journalist und Familienvater. Als ihm ein geheimes US-Regierungsdokument in die Hände fällt, veröffentlicht er die brisante Story über verdeckte Foltermethoden bei Terrorverdächtigen. Doch was ihn in die Königsklasse des Journalismus bringt, kann ihn seine Freiheit kosten, denn die Regierung klagt ihn wegen Spionage und Landesverrat an. Er muss zu einer außergerichtlichen Anhörung und wird aufgefordert, seine Quelle preiszugeben.
Seine Anwältin Sandra versucht, ein Schlupfloch zu finden und einen Deal für ihn auszuhandeln. Während der Sitzung wird es Ben jedoch mehrfach untersagt, eine Rechtsberatung hinzuzuziehen. Die Schnüre ziehen sich enger, als er einen Informanten benennt, der an Treffen teilnahm. Ben weiß nicht mehr, wie das passierte. Er glaubt an eine Verschwörung.
Daheim sitzt Frau Judy und wartet, ob ihr Mann ins Gefängnis muss. Sie bittet ihn, nicht den Helden zu spielen, denn er sei zu allererst Vater. Verzweiflung, Angst und Bange nehmen ihren Lauf. Ben verschwindet. Kann Sandra jetzt noch etwas ausrichten?

Spannendes Beziehungsnetz, das Fäden spinnt und einreißt
Joe Suttons hochaktueller Politthriller ›Komplize‹ zeigt das ›Theater das Zimmer‹ von einer ganz anderen Seite: politisch, ernst, geheimnisvoll. Der Zuschauer wird in ein Wirrwarr aus Informationen, Ängsten und Beziehungen geworfen und weiß zunächst nicht, was eigentlich vorgeht.
Das ist nicht schlimm, denn nach und nach lichtet sich der Nebel und man versteht die Hintergründe der Geschichte und ihrer Protagonisten. Auf der kreativen Steilbühne, die das Haus von Ben und Judy symbolisiert, lässt es sich klettern, unterschlüpfen, hoffen, diskutieren, trösten und bangen. Ich selbst sehe Trümmer, Schatten, Licht und Liebe. Und Sie?
Jona Manow gelingt eine besondere Inszenierung, die von Emotionen, Gedanken und Rätseln lebt. Jeder der drei Protagonisten führt seinen eigenen Existenzkampf, Ben um seine Freiheit und Karriere, Judy um ihre Familie und Ehe, Sandra um ihren Job und ihr Ansehen. Ben nachdenklich und verschlossen, Judy fragend und emotional, Sandra sachlich und direkt.
Es ist eine Freude, Lars Ceglecki, Theresa Berlage und Sandra Kiefer in ihrem Beziehungsnetz zu beobachten, wie sich die Fäden spinnen und reißen. Am Ende weiß niemand, wer wie tief drinsteckt. Es stellt sich nur die Frage: Wie weit ist wer bereit zu gehen? Und die könnte angesichts der Schlüsselbegriffe Pressefreiheit und Whistleblower nicht brisanter sein.
| MONA KAMPE
| Fotos: PATRICK BIEBER
Titelangaben
›Komplize‹ von Joe Sutton (Theater das Zimmer, Hamburg)
Regie: Jona Manow
Bühne & Kostüm: Heike Böttcher
Spiel: Lars Ceglecki, Theresa Berlage, Sandra Kiefer