//

What is in a Name?

Bühne | Sophie Scholl im Theater das Zimmer

Ihr Name ist Sophie Scholl. Das ist ein Zufall. Doch der begleitet sie ihr ganzes Leben. Von MONA KAMPE

Die Bühnenszene zeigt eine Frau, die von fliegenden Papierblättern umweht wird»Name? Sophie Scholl. Etwa verwandt mit DER Sophie Scholl? Nein!« Es sind immer die gleichen Fragen, die auftauchen, sobald ihr Name vernommen wird. Doch die Jurastudentin aus Ulm hat so gar nichts mit der Münchner Widerstandskämpferin zu tun. Im Gegenteil: Sie wünscht sich nur, nicht immer mit ihr verglichen zu werden.

Die Rechtswissenschaften sind doch wahrlich anstrengend genug, denn nur wenige bestehen – mit Prädikat. Die Prüfungen stehen an, jeder Tag im Gericht zählt. Noch schnell eine Hausarbeit im Sekretariat eingereicht. Ist doch nichts dabei. Doch plötzlich ist sie Zeugin der Verteidigung. Es war, wie es war, die Gesetze und Fakten sind eindeutig und klar. Das liebt sie so an ihnen.
Die Zukunft klar und zum Greifen nah. Doch nun ist alles anders. Die Grenzen verschwimmen. Eine rosige Karriere lockt. Hinter ihr der Verrat. Dabei ist sie nur eine Studentin mit einem Traum, wie Sophie Scholl sie war.

Ein Name, eine Geschichte?

Zum 101. Geburtstag der mutigen Heldin zurzeit des NS-Regimes greift das ›Theater das Zimmer‹ die Inszenierung von Rike Reiniger auf. In dieser finden nicht nur die historische, sondern auch eine moderne Sophie Scholl Platz. Auch wenn die Jurastudentin nicht wie ihre Namensvetterin sein möchte, so sieht sie sich doch mit den gleichen Ängsten, Gewissensfragen und Herausforderungen konfrontiert. Denn egal ob damals oder heute, das Leben schreibt die Geschichte – meine, ihre, unsere.

Nein, Sophie Scholl möchte keine Heldin sein, denn es geht hier »nicht um Leben und Tod, nicht um eine nationalsozialistische Diktatur. Es geht um Integrität. Darum, aufrecht durchs Leben zu gehen.« Wenn die eine es konnte, dann auch die andere?

Sie stellt sich vor, wie Sophie Scholl mit Kommilitonen feiert, Skiurlaub mit ihrem Liebsten macht, raucht. Ein ganz normales Mädchen. Auch das war sie. Ein Mensch. Mit einem Traum. Neele Schmidt versteht sich großartig darauf, genau das im Spiel zum Vorschein zu bringen. In ihr spiegeln sich alle Widerstände, Abgrenzungen und Zerwürfnisse der eigenen Identität. Denn am Ende ist man immer man selbst. Denn nicht der Name schreibt die Geschichte, sondern du. Und es gibt immer mehr als die eine.

»Name: Sophie Scholl. Nicht mehr. Das muss reichen.«

| MONA KAMPE

Titelangaben
Name: Sophie Scholl
Theater das Zimmer Hamburg
Mit: Neele Schmidt
Regie & Bühne: Lars Ceglecki
Foto: Patrick Bieber

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Bonnie und Clyde in Südschweden

Nächster Artikel

Wenn das Leben im Moment des Todes an einem vorüberzieht

Weitere Artikel der Kategorie »Bühne«

Liebe, Verwicklungen und Umwege

Bühne | Smetanas ›Die verkaufte Braut‹ Die Protagonistin Marie ist hin und hergerissen in der Wahl ihres Liebsten zwischen dem, den sie liebt und den, den sie heiraten soll. Diverse Personen möchten sie noch dazu hingehend ihrer Liebesentscheidung beeinflussen. Es erklingt das Lied mit den Zeilen »Ob Du ›ja‹ oder ›nein‹ sagst, such‘ Dein Glück« im sehr gut besuchten Großen Haus des Stadttheaters Pforzheim. Alle Besucherinnen und Besucher im Saal verfolgen gespannt die Premiere ›Die verkaufte Braut‹, eine komische Oper von Bedřich Smetana (Uraufführung am 30. Mai 1866 in Prag sowie Erstaufführung der Rezitativfassung 1871 in St. Petersburg). Von JENNIFER

Hineinsehen in das, was zwischen den Menschen abläuft

Bühne | ›Der Trafikant‹

Unheilvolle Momente, die einen förmlich erzittern und erbeben lassen, wechseln sich ab mit denen, in denen man einfach Sym- und Empathie für den Protagonisten empfindet. Franz Huchel (überzeugend, gefühlvoll und realitätsnah: Nicolas Martin) als ›Der Trafikant‹ im Schauspiel von Robert Seethaler am Theater Pforzheim durchlebt einerseits seine ersten Phasen der Liebe, Sexualität und seines Arbeitslebens. Gleichzeitig erlebt er hautnah in Österreich die Phase der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten mit. Eine Bewährungsprobe. Von JENNIFER WARZECHA

Die 80er in einem Sandkorn

Bühne | Mit Vollgas in die 80er

Die 1980er-Jahre sind wieder da, besonders auch in Karlsruhe. Aktuell ist eine Ausstellung über das Jahrzehnt der Glitzerklamotten, Schulterpolster, Neuen Deutschen Welle und anderer Accessoires dort im Schloss zu sehen. Im Sandkorntheater, einem 1956 gegründeten Privattheater, nahe des Mühlburger Tors und des Stadtteils Mühlburgs, begeistert zurzeit das Musical ›Mit Vollgas in die 80er. Das 80er-Musical mit Live-Band!‹ das Publikum. Von JENNIFER WARZECHA

Erheiternd leicht oder modern-existenziell?

Bühne | Mozarts ›Die Zauberflöte‹ in Karlsruhe Ein »Vogelfänger« im knallbunten Kostüm, ähnlich des eines Wiener Hanswurst‘, und sinnbildlich stehendem blondem Haar schleicht sich auf der Bühne herum und resümiert über sein »Weibchen«, nach dem er sich so sehr sehnt und das gleichzeitig in einem vereint für die wichtigsten Deutungsaspekte rund um Wolfgang Amadeus Mozarts Oper ›Die Zauberflöte‹ steht: Ist sie eines der wichtigsten geschichtlichen Zeugnisse rund um die Freimaurer, ist sie allein ein Stück zur Unterhaltung der ganzen Familie – auf der ein Schwerpunkt der Karlsruher Inszenierung liegt? Von JENNIFER WARZECHA

Im Alten verharren oder das Neue wagen?

Live | Theater: ›Der zerbrochne Krug‹ Am Ende löst sie die Situation und damit auch die Situationskomik: Eve (ausdrucksstark und rhetorisch gewandt: Steffi Baur) gibt ihrem Verlobten Ruprecht (situationsbedingt kleinbübisch und zurückhaltend: Clemens Ansorg), dessen Vertrauen sie am Ende des Stückes nicht mehr sicher ist, das Verlobungskettchen zurück. Damit widersprechen sie und der Ausgang der Handlung der der klassischen Komödie nach Aristoteles. Nach dieser hätte sich das Pärchen am Ende von Heinrich Kleists (1777-1811) Lustspiel ›Der zerbrochne Krug‹ glücklich und zufrieden in Hochzeit und Hochzeitsreise gewogen. Von JENNIFER WARZECHA