Bühne | Hans Fallada: Kleiner Mann – was nun
Was gibt es Schöneres als ein junges Glück? In Zeiten der Not erwärmt es einem das Herz, doch das Geld darf nicht ausbleiben, denn sonst hat der Muckel nichts zu essen. Von MONA KAMPE
Es ist die große Liebe: Lämmchen und Johannes Pinneberg schweben im siebten Himmel und erwarten ihr erstes Kind. Doch ihre Arbeitereltern sind alles andere als begeistert von seinem Buchhaltereinkommen. Dennoch ziehen die beiden in eine kleine Wohnung – eine Kaschemme, aber sie versuchen sie, mit Liebe zu füllen.
Doch die Wirtschaftskrise setzt nicht nur dem Haushalt des jungen Paares zu, Pinneberg verliert seinen Job wegen Personalkürzungen.

Foto: Theater das Zimmer
Doch es kommt Hoffnung auf, als seine Mutter ihm eine Anstellung im Warenhaus Mandel in Aussicht stellt. Die beiden ziehen nach Berlin. Doch wie immer hat seine verrückt-verruchte, egozentrische Mutter übertrieben. Dennoch versucht Pinneberg alles, um die Stelle zu bekommen, er bittet sogar den nicht ganz sauberen Liebhaber seiner Mutter um einen Gefallen.
Schließlich erhält er den Job und macht auf den ersten Angestellten einen guten Eindruck. Er schuftet hart, damit Lämmchen und Muckel es gut haben.
Doch das Leben und die Rezession treffen das junge Glück hart: Die Mutter besteht auf ihre Miete, durch seine familiären Verpflichtungen und ein Zuspätkommen Pinnebergs wird sein Lohn gekürzt. Da das Warenhaus die Verpflichtung seiner Mitarbeiter über alles stellt, steckt der Vater bald in der Zwickmühle. Zudem stellt Lämmchen Forderungen, um ein idyllisches Heim zu schaffen.
Auch sein Arbeitgeber muss im Zuge der Wirtschaftskrise Personal abbauen und Gehälter einsparen. Als ein bekannter Schauspieler das Warenhaus betritt, sieht Pinnberg seine Chance gekommen, seine Auflagen zu erfüllen und zu glänzen.

Foto: Theater das Zimmer
Arbeiterleben heißt Lohn erstreben und sich dem Schicksal ergeben
Der Schauspielkurs ›Die Wolkenstürmer‹ des Hamburger ›Theater das Zimmer‹ zeigt in diesem Jahr den klassischen Eheroman Hans Falladas ›Kleiner Mann – was nun?‹ von 1932. Dieser beschreibt das Eheleben in Zeiten der Wirtschaftskrise und die Auswirkungen auf die Arbeiterschicht. Die Krise des kleinen Mannes gewinnt im Zuge der immer größer werdenden Einkommensschere und dem Rechtsruck in der Gesellschaft wieder an Aktualität. Pinnebergs Jobkampf und Work-Life-Balance sind Herausforderungen, die junge Ehepaare und Eltern auch heute zu meistern haben.
Die Verzweiflung aufgrund des Geldmangels, das Zurückstecken trotz Wünschen und der unbeirrbare Glaube an das gemeinsame Glück gelingen Anna Suwald und Christian Prasse vortrefflich. Ihre warmherzige Darstellung der Pinnebergs bewegt das Publikum – es freut sich mit dem jungen Paar und leidet mit seinen Schicksalsschlägen. Besonders fühlt es mit Johannes Pinnberg, als dieser erleben muss, wie leicht Reichtum und Ruhm blenden und kleine Männer wie ihn übertrumpfen können. Und wie hart er kämpft, um seine Familie zu ernähren.
Mit melodischer musikalischer Untermalung aus den 1920er Jahren und einem für das kleinste Theater Hamburgs, das sich gerade über eine Kulturförderung durch die Stadt freuen durfte, unüblichen roten Vorhang und reich besetzter Bühne, gelingt den »Wolkenstürmern« unter Regie von Kursleitung Lars Ceglecki ein tolles Theatererlebnis vor ausverkauftem Haus.
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Am Ende überstrahlt Lämmchens Satz »Wir haben doch noch uns« alle Suizidgedanken, Versagens- und Existenzängste. Liebe kann so schön sein und so viel Kraft bzw. Trost schenken, wenn man gemeinsam kämpft und an sie glaubt.
Titelangaben
Hans Fallada: Kleiner Mann – was nun?
Theater das Zimmer Hamburg