Jugendbuch | Tom Limes: Voll verkackt ist halb gewonnen
Julian, Liza, Tariq und Max können sich nicht ausstehen und jetzt sollen sie zusammen eine Arbeitsgruppe bilden. Es ist ihre allerletzte Chance auf einen Schulabschluss und es sieht nicht aus, als ob es funktionieren würde. Von ANDREA WANNER
Ein verwöhnter Millionärssohn, der selbst angebautes Gras raucht, um seinen Frust, dass er Mathe nicht kapiert, loszuwerden. Ein Mädchen mit Tourette-Syndrom, das sich von allen zurückgezogen hat. Ein Träumer mit Migrationshintergrund, der Konditor werden will, statt in der Schule zu lernen aber in der elterlichen Reifenwerkstatt malochen muss. Und ein ewig Marx zitierender Überflieger, der die Schule geschmissen hat, weil sie ihn gelangweilt hat.
Vier unter noch mehr Schülerinnen und Schülern einer Qualifizierungsmaßnahme, die den Siebzehn-, Achtzehnjährigen doch noch zu einem Hauptschulabschluss verhelfen soll. Die Motivation könnte unterschiedlicher nicht sein, die Typen auch nicht. Es kracht schon am ersten Tag und es wird – zunächst nicht besser.
Ja, es ist ein romantisches Sozialmärchen mit Heldinnen und Helden, die auf die Schattenseite des Lebens gelangt sind, wo sie gar nicht hingehören. Natürlich hätte man ein Jugendbuch übers Scheitern schreiben können. Eines, das mit Scheitern beginnt und mit Scheitern endet. Tom Limes arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren mit Kindern und Jugendlichen, die das zur Genüge kennen. Und weil er wirklich toll erzählen kann, will man ihm die Geschichte ja auch so gern abnehmen.
Ja, es gibt diesen ganzen Frust, diese Fehlschläge, dieses Versagen, das Missglücken – aber vielleicht muss es nicht so sein. Was er dazu zu schreiben hat, macht Mut. Auch hier gibt es nicht nur die Lehrerinnen und Lehrer, die es gut mit den Teilnehmenden an der Maßnahme meinen, auch hier gibt es nicht nur solche, die sich fair verhalten. Aber es gibt Hoffnung, weil mitten in diesem ganzen Mist doch auch Menschen sind, auf die man sich verlassen kann.
Limes erzählt von Träumen und Wünschen, von Anstrengungen und Ausweichstrategien, eigentlich vom ganz normalen Leben, dessen Weichen vermeintlich in jungen Jahren gestellt werden. Es lohnt sich, Träume nicht aus dem Blick zu verlieren, findet er.
Vielleicht gibt es ja auch im wahren Leben solche Chancen, wie Julian, Liza, Tariq und Max sie bekommen. Und vielleicht findet man ja auch im wahren Leben solche Freunde, mit denen es sich lohnt, die ganz großen Projekte anzupacken.
| ANDREA WANNER
| Titelfoto: Arena Verlag
Titelangaben
Tom Limes: Voll verkackt ist halb gewonnen
Würzburg: Arena 2019
256 Seiten, 12 Euro
Jugendbuch ab 14 Jahren
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