/

Auf der Suche nach …

Jugendbuch | Angeline Boulley: Firekeeper’s Daughter

Die 18jährige Daunis Fontaine hat eine weiße Mutter aus reichem Haus, ihr Vater war ein Native American, talentierter Eishockeyspieler, der seine Träume begraben musste. Daunis will eigentlich Medizin studieren, aber die aktuelle Situation ist kompliziert – und wird es immer mehr. Von ANDREA WANNER

Die Autorin Angeline Boulley schaffte es mit ihrem Debütroman auf Platz 1 der New-York-Times-Bestsellerliste, jetzt ist ihr packendes Buch für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Boulley, selbst registriertes Mitglied des Sault Ste. Marie Tribes der Chippewa Indians, wählt eine Heldin, die zu der Ojibwe-Gemeinschaft auf Michigans Oberer Halbinsel gehört. Das heißt, Daunis lebt irgendwo zwischen der Welt der Weißen und derjenigen der Natives. Konflikte und Widersprüche ergeben sich aus der Zugehörigkeit zu zwei Welten. Wie soll ihre Zukunft aussehen? Sie steckt mitten in einem Prozess, der ganz unterschiedliche Wünsche und Loyalitäten unter einen Hut bringen soll. Eigentlich will sie Medizin studieren, aber auch ihre Mutter in schwierigen Zeiten nicht im Stich lassen.

Eishockey ist auch ihre Leidenschaft und da taucht plötzlich Jamie auf, ein neuer, äußerst talentierter und gut aussehender Spieler im Eishockeyteam von Daunis‘ Bruder Levi. Die beiden kommen sich näher und da wird die junge Frau plötzlich Zeugin eines entsetzlichen Mordes, der alles ins Wanken bringt.

Krimi, Liebesgeschichte, raffiniertes Verwirrspiel voller Intrigen und Abgründe: Das Buch ist spannend von Anfang bis Ende. Aber es ist vor allem Boulleys bildreicher Stil und ihre Vertrautheit mit der Kultur der Natives, die das Buch authentisch und zu etwas Besonderem macht. Eine Außenseiterin sucht ihren Weg, versucht ein Rätsel zu lösen, für das sie nach und nach die Puzzleteile zusammensetzen muss. Es geht um Verlust und Tod, Gewalt und Drogen: harter Stoff für ein Jugendbuch, weil es keinen Rückzug auf eine Fantasyebene gibt:

Das ist harte Realität und wer es liest, muss sich auf einiges gefasst machen. Emotional und Einblicke in eine andere, unbekannte Welt bietend, die auch zu den USA gehört, ist es ein ungewöhnliches Leseerlebnis und das Motto »Bewahre das Geheimnis. Lebe die Lüge. Finde deine Wahrheit« trägt durch die 560 packenden Seiten.

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Angeline Boulley: Firekeeper’s Daughter
(Firekeeper’s Daughter, 2022)
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Claudia Max
München: cbj 2023
560 Seiten, 20 Euro
Jugendbuch ab 14 Jahren
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

Reinschauen
| Leseproben

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Karttinger 4

Nächster Artikel

Von anständigen Dieben und diebischen Ehrenmännern

Weitere Artikel der Kategorie »Jugendbuch«

Unverhofftes Wunder

Jugendbuch | Karin Kaçi: Irgendwann in Istanbul In Zeiten, in denen hitzig über doppelte Staatsbürgerschaft, Migrationshintergrund und die Frage gestritten wird, wer in Europa wann und für wen die Schlagbäume öffnen oder herunterlassen soll, kommt ein Jugendroman daher, das Cover viel zu rosarot und mit viel zu vielen Herzchen, und führt die ganze Problematik zu denen zurück, die sie angeht. Gelesen von MAGALI HEISSLER.

Von wegen Lebensfrühling

Jugendbuch | Stine Stregen: Ich bin F*ckcing ICH!

Gibt es eine schlimmere Zeit im Leben als die Pubertät? Wenn man auf der Suche nach sich selbst ist und echte Probleme hat, sich zu finden? Die dänische Autorin und Illustratorin Stine Stregen begleitet mit ihrem Stift ein Mädchen durch Teile dieser Phase. ANDREA WANNER konnte mitfühlen.

Keine Ausreden mehr!

Jugendbuch | Hannele Huovi: Die Federkette In der Welt geschieht viel Schlimmes. Wenn man selber keine bösen Absichten hat, ist man aber doch nicht schuld daran. Etwas dagegen tun kann man ohnehin nicht, man ist viel zu schwach. Die Sätze sind wohlbekannt. Die finnische Autorin Hannele Huovi erzählt in ihrem realistischen Märchen ›Die Federkette‹ davon, wie viel Stärke in den Schwachen liegt, wenn sie aufhören, solchen Sätzen Glauben zu schenken. Von MAGALI HEISSLER

Zeit zu trauern

Jugendbuch | Erna Sassen: Das hier ist kein Tagebuch Die Selbsttötung eines Familienmitglieds ist unverändert ein gesellschaftliches Tabu, was den Umgang damit enorm schwierig macht. Erwachsene z.B. halten Erschrecken und Schmerz im Zaum, indem sie das Ganze rasch abtun. Jugendliche trifft es mitten in ihrer Schutzlosigkeit. Wenn sie dem Verhalten der Erwachsenen folgen, sind sie verloren, denn sie bekommen keine Zeit zu trauern. Die niederländische Autorin Erna Sassen erzählt davon in ihrem Debütroman ›Das hier ist kein Tagebuch‹. Von MAGALI HEISSLER