Kulturbuch | Marte Marie Forsberg: Marte kocht
Mal ganz ehrlich: Ein Blog kann schon etwas Tolles sein, Marte Marie Forsberg zum Beispiel präsentiert dort im Internet unter ›The Cottage Kitchen‹ Rezepte, Ideen und Erfahrungen. Aber: Ein wunderschön gebundenes Buch mit viel Persönlichem neben vielen Rezepten, das ist doch eindeutig attraktiver, das meint jedenfalls BARBARA WEGMANN.
»Mit dem Zug dauert es weniger als zwei Stunden, um aus dem pulsierenden London zu meinem englischen Cottage zu gelangen. … Ich war kurz davor, zum allerersten Mal meine große Liebe zu sehen…« Und diese Liebe ist ein Haus, alt, weiß, reetgedeckt inmitten grüner englischer Landschaft, vielleicht war es ja sogar schon einmal Motiv in einem Film. Hier, abgeschieden, findet die Skandinavierin Marte Marie Forsberg mit ihrem Hund Mr. Whiskey nach vielen Jahren des Reisens ein Zuhause, und zu ihrem Engagement für ihren Blog kommt nun ein Buch. Ein Bilderbuch, ein Geschichtenbuch … und ein herrliches Kochbuch.
Es sind Gerichte aus allen Jahreszeiten, gewürzt mit Inspirationen aus der Kindheit in Skandinavien, der englischen Landküche und »den Aromen, die sie in aller Welt entdeckte«. Aber soweit der Blick auch in alle Welt reicht, unverkennbar und sehr persönlich werden Erinnerungen ans Elternhaus wach, tauchen Gerüche aus der Kindheit in verschiedenen Zutaten oder Zubereitungsarten wieder auf. Wie verbunden sind wir doch mit der Küche unserer Kindheit!
»Nichts duftet deutlicher nach Herbst, als wenn meine Mutter eine Pfanne heiß macht und darin eine Portion Bratäpfel mit Zimt, Rosinen und Mandeln zubereitet.« Zimt, Zucker, Mandeln und Walnüsse, die Schale einer unbehandelten Orange, Sultaninen und Äpfel, wenige Zutaten für so viel Genuss und so intensive, verführerische Gerüche.
Es sind 288 Seiten voller Genüsse: vom deftigen Lammbraten, köstlichen Eintöpfen, Suppen oder raffinierten Fischgerichten, bis hin zu den kleineren Dingen, die das Essen abrunden, die kleinen Höhepunkte eines großen Essens, zum Beispiel »Vaters Troll Creme«. Es stammt aus der Zeit jener Abende, an denen Martes Vater Geschichten von Trollen erzählte, die von frisch gepflückten Cranberrys eine unvergesslich leckere Creme zubereiteten.
Immer wieder natürlich auch der Lachs. »Dieser Fisch ist ein Grundnahrungsmittel in der skandinavischen Küche«, aber bitte nicht aus der Zucht. Warmer Kartoffelsalat mit Lachs und frischer Minze… man spürt förmlich die unterschiedlichen Genüsse auf der Zunge… oder »Ganzer Lachs mit Ingwer und Basilikum, »für mich der Inbegriff von Sommer«, schwärmt die Autorin.
Abgerundet wird das Angebot mit kleinen Essens-Begleitern, der Rosenwasser-Erdbeer Konfitüre, dem Rezept für einen englischen Apfelpunsch oder norwegischen Kokos-Vanille-Teilchen. Und zum Schluss? Vielleicht eine heiße Schokolade mit Brandy und Kardamom.
Alte Rezepte aus der Kindheit, ewige Klassiker wechseln sich hier auf 288 Seiten ab mit raffinierten Neuheiten und Kompositionen. Da gibt es Althergebrachtes in abgewandeltem kulinarischem Gewand, wie das einfache Hühnchen, aber warum nicht mal mit Birnen, Butternusskürbis Gewürznelken, Chiliflocken, Thymian und Salbei, da werden alle Aroma-Register gezogen.
Abwechslungsreich und schön bebildert, reichhaltig mit einhundert Gerichten, allesamt sehr anwendbar beschrieben, das macht dieses Kochbuch zu einem wahren Erlebnis. Ein Buch, das keiner Küchenlinie folgt, sondern sehr individuell Rezepte zusammenstellt, auf die es Freude macht, sich einzulassen.
Titelangaben
Marte Marie Forsberg: Marte kocht
Rezepte und Geschichten aus meinem Cottage
Verlag Knesebeck 2019
288 Seiten, 30 Euro
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