Dieses auffällig schöne Buch mit seinen 50 »wahren Wundern der Natur« beweist es mal wieder: es muss nicht immer eine Geschichte sein, ein fiktives Abenteuer, um Spannung und Aufmerksamkeit zu erregen. Das kann auch bestens ein Sachbuch, dieses allemal, findet BARBARA WEGMANN.
»Überall um uns herum ist die Natur in Bewegung, wächst … und vollbringt Wunder. Stunde um Stunde, Tag für Tag passieren magische Verwandlungen, direkt vor unseren Augen. Aber es ist nicht immer leicht, sie zu sehen.«
Hilfestellung bietet perfekt dieses Album kleiner Naturwunder: 50 Beispiele aus dem Tier- und Pflanzenreich, aus der Welt über und unter Wasser präsentiert das anschaulich illustrierte Buch für Groß und Klein. 50 Beispiele sind zwar »nur« 50 Beispiele, schließlich gibt es Wunder in der Natur in unfassbarer und unendlicher Zahl, aber um Auge und Ohr zu schulen, die Aufmerksamkeit und das Staunen wach zu rufen, da sind 50 Beispiele schon ein toller Anfang.
Warum, nehmen wir ein Beispiel, färben sich die Blätter im Herbst jetzt so bunt, wieso kommt es zu diesem Farbenspektakel, bis dann die Bäume kahl werden und die Winterruhe eintritt?
Wann bricht eine Welle? »Wellen entstehen, wenn der Wind über das Meer bläst. Die oberen Wasserschichten bewegen sich schneller als die unteren. Das Wasser beginnt, sich kreisförmig zu bewegen. Diese Bewegung sorgt für Wellenberge«. Und davon träumen die Surfer, die am Strand das Meer beobachten.
Warum produzieren Schnecken Schleim und sind sie wirklich so sportlich? Warum sagt man Spatzen nach, sie seien richtige »Bademeister«? Kann man in einer Auster tatsächlich Perlen finden und wenn ja, wie kommen die da rein?
Fragen über Fragen, Fragen, die Neugier wecken und die haben kleine Leser ab vier Jahren ja in überreichlichem Maße. Die Texte, die Phänomene und jene kleinen und großen Wunder sehr kindgerecht beschreiben, bilden mit den klaren und veranschaulichenden Illustrationen jeweils eine kurze, spannende Geschichte. Das Schöne: Man kann das Buch von hinten nach vorne oder umgekehrt lesen, oder vielleicht abends nur ein Kapitel zum Einschlafen.
Da wird es mit zunehmendem Alter, wer sich denn die Neugier bewahrt, einmal tiefer gehende Informationen geben, hier wird »nur« angerissen, angeboten und aufmerksam gemacht, es ist also kein Biologiebuch, das auf wissenschaftliche und vollständige Erklärungen Anspruch erhebt. Es ist eine charmante Anleitung, was passiert, wenn man sich einmal Zeit nimmt, innehält und darauf achtet, »was um uns herum geschieht«. Mit dem Gespür für die Dinge beginnt das Wissen um sie.
Gerade jetzt kann man sie wieder beobachten: die Gänse, die gen Süden ziehen unter lautem Gequake. Warum wechseln sie eigentlich ihre Position in ihrer Flugformation? Wie schafft es eine Spinne, ein Netz zu bauen, das mit seiner Festigkeit immer noch Wissenschaftlern Rätsel aufgibt. Wer weiß schon, dass ein Marienkäfer »mit 85 Flügelschlägen pro Sekunde« eine Geschwindigkeit von bis zu 60 Stundenkilometer erreichen kann? »Sie sind großartige Piloten«, diese kleinen Wesen mit den schwarzen Punkten. Und der Seestern? Liebend gerne frisst er Muscheln, er kann sie nicht sehen, aber »er wittert Chemikalien, die sie ins Wasser abgesondert haben.« Aber wie frisst er sie dann?
Ob es um Tiere im Wald, Wolken am Himmel, Sterne in der Nacht oder den Regenbogen am wieder regenfreien Himmel geht: Das Buch wird seine Wirkung sicher beim nächsten Spaziergang, im nächsten Urlaub, im Garten oder an Meer und See zeigen. Zu entdecken gibt es eine ganze Menge: »Atme ein paar Mal tief ein und aus. Wenn du magst, schließ die Augen. Wackle mir den Fingern und den Zehen. Beweg deinen Kopf von der einen zur anderen Seite. Was kannst du hören? … Was kannst du fühlen?«
Titelangaben
Rachel Williams: Wunder der Natur zum Innehalten und Staunen
(Slow down, 2020) Aus dem Englischen von Kathrin Köller
Mit Illustrationen von Freya Hartas
München: Prestel 2020
128 Seiten, 20 Euro
Bilderbuch ab 4 Jahren
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