Wie es sich anfühle, fragte Bildoon, am eigenen Untergang teilzunehmen.
Vergiß es, sagte Touste.
Blöde Frage, sagte Crockeye, als Seemann bin ich jederzeit darauf gefaßt, daß mein Schiff sinkt und ich mit, da fühlt sich nichts an.
Bildoon spricht nicht von der Seefahrt, sagte Pirelli.
Sondern, fragte Rostock.
Eldin legte einen Scheit Holz ins Feuer,
Man hörte einen kurzen Anlauf und daß der Ausguck einen Salto schlug.
Von der Moderne, sagte Gramner.
Untergehen, fragte Cockeye, wie solle ein Zeitalter untergehen, die Moderne sei ein Zeitalter.
Ein Zeitalter gehe zu Ende, sagte Gramner, und werde durch ein anderes abgelöst, doch nach allem, was sich abzeichne, verhalte sich das mit der Moderne anders, sie erschöpfe die Ressourcen.
Das habe es zuvor nicht gegeben, fragte Bildoon.
Das gab es zuvor nicht, sagte Gramner, ob Zeitalter oder Epoche oder Zivilisation, sie hätten einander abgelöst, sobald die Blütezeit vorüber war, nahezu rhythmische Abläufe seien das gewesen, ein Wellenschlag der Zeit, auch Dynastien lösten einander ab, es war alles im Lot, versteht ihr.
Die Moderne fällt da heraus, fragte Rostock.
Sie beutet den Planeten in einem beispiellosen Maß aus.
Wie man einen Planeten ausbeuten könne, fragte London.
Der Mensch behandle den Planeten, als wäre er ein guter Fang, eine respektable Beute, und wäre nun in seinem Besitz, er plündere ihn, beraube ihn seiner Schätze.
London lachte. Die Goldgräber, sagte er, die Verhältnisse in der Stadt seien außer Rand und Band.
Der Goldrausch sei ein Startschuß, höhnte Rostock, die Moderne nehme Fahrt auf.
Rasant, sagte London und trank einen Schluck.
Zum Totlachen, sagte Pirelli.
Der Ausguck schälte sich aus der Dunkelheit und setzte sich neben Thimbleman.
Touste blickte auf.
Eldin faßte sich an die Schulter.
London legte einen Scheit Holz ins Feuer.
Touste schlug Akkorde auf seiner Gitarre an.
Es handle sich nicht allein darum, daß die Moderne an Geschwindigkeit zulege, sagte Gramner, ihr Zugriff auf den Planeten sei in vernichtender Weise destruktiv, unwiderruflich, versteht ihr, der Mensch erkläre der Natur den Krieg, versteht ihr, er löse Plutonium, ein Element mit verheerend tödlichen Konsequenzen, aus jenen Verbindungen, in die es die Natur wohlweislich festgekettet habe, ihr versteht, der Homo Sapiens wolle klüger sein als die ihn umgebende, natürlich gewachsene Ordnung, über eine Ewigkeit sei sie gewachsen, doch nun drücke er ihr seinen eigenen Stempel auf, er wolle einmal den Herrn im Hause geben, jedoch das, sage ich euch, könne nur schiefgehen, die Dinge würden einstürzen wie ein Kartenhaus.
Die Männer schwiegen teils erschöpft, teils nachdenklich.
Touste summte eine Melodie.
Gramner, überlegte LaBelle, sei nicht leicht zuzuhören.
London reichte eine Flasche an Rostock weiter.
Eldin räusperte sich.
Der Ausguck stand behutsam auf, nach wenigen Schritten verschluckte ihn die Dunkelheit.
Von ferne rauschte der Ozean.
Sofern es dabei bliebe, sagte Gramner, und seine Stimme klang wie in Trance, sofern es dabei bliebe, Gramner seufzte, doch wir würden mittlerweile zahllose Beispiele dafür kennen, daß die bekannte lebendige Welt zugrundegerichtet werde.
Was mit dem Walfang geschehe, fragte LaBelle.
London lachte. Der Wal, sagte er, werde touristisch vermarktet.
Der Wal, ergänzte Pirelli, krepiere jämmerlich, seine Orientierung werde fehlgeleitet durch den Lärm in den Ozeanen, er strande in Küstenregionen, in seinen Mägen finde man den Abfall der Industriegesellschaften: Plastik, Hausrat, gelegentlich den Rahmen eines Fahrrads.
Unvorstellbar, stöhnte Labelle.
London lachte. Die Welt gehe unter, sagte er, und wir können sagen, wir seien dabei gewesen.
Ein Zyniker zu sein, hielt ihm Thimbleman vor.
Wer den Kurs ändern wolle, müsse jetzt gegensteuern, entgegnete London aufgebracht, zum Beispiel müsse der Umbruch vom Segel- zum Dampfschiff verhindert werden, der Glaube an den technologischen Fortschritt sei ein verhängnisvoller Irrtum.
Fünf Minuten vor zwölf, sagte LaBelle.
Naturwissenschaftler, unter ihnen diverse Nobelpreisträger, ermöglichten die Kernspaltung sowie die Produktion von Atombomben, sagte Gramner, die USA zündeten nach dem zweiten Weltkrieg zu Testzwecken siebenundsechzig Atombomben im Bereich der Marshall-Inseln, große Abschnitte der über eintausendzweihundert Inseln wurden nuklear kontaminiert, über dem Bikini-Atoll ließen die USA einen nuklearen Sprengkopf mit mehr als der tausendfachen Leistung der Atombombe von Hiroshima detonieren.
Verstehst du, was er redet, fragte Harmat.
Er spricht über eine andere Zeit, sagte Bildoon.
Zwei Menschenleben voraus, sagte Labelle.
Sie hörten einen kurzen Anlauf und daß der Ausguck einen Salto schlug.
Es sei ein Verbrechen an der Menschheit, sagte Pirelli.
Tumore, Fehlgeburten, Mißbildungen, sagte Rostock: Spitzenprodukte der Industrienationen.
America first, spottete London.
Wer zur Rechenschaft gezogen worden sei, fragte Crockeye.
Ruhe, zischte Thimbleman.
Auf Runit, einer von vierzig Inseln des Eniwetok-Atolls der Marshall-Inseln, liege eine untertassenförmige Betonschale, rund hundert Meter Durchmesser und fünfzig Zentimeter dick, auf nahezu hunderttausend Kubikmetern nuklearen Abfalls, darunter Plutonium-239, eine der giftigsten Substanzen des Planeten.
Genug, stöhnte LaBelle.
Man dürfe die Augen nicht verschließen, tadelte Crockeye.
Diese Betonschale, sagte Gramner, reiße auf, die Lecks würden unter dem steigenden Meeresspiegel größer, und nukleare Abfälle drohten in den Pazifik gespült zu werden. Das alles sei hinlänglich bekannt, sagte Gramner, Vertreter der Marshall-Inseln seien mehrfach vor den UN aufgetreten, würden jedoch, als ob die Medien gleichgeschaltet wären, von den Industrienationen weitgehend ignoriert, und seitens der USA werde jegliche Verantwortung kategorisch abgelehnt.
America first, spottete London.
Wer zur Rechenschaft gezogen worden sei, fragte Crockeye und war ratlos.
Rostock nahm einen Schluck aus der Flasche.
Der Ausguck schälte sich aus der Dunkelheit und setzte sich behutsam neben Thimbleman.
Eldin legte einen Scheit Holz ins Feuer.