Am und im Badesee geschehen merkwürdige Dinge. Ein Schwimmer steht plötzlich ohne Badehose da, ein Radio verschwindet, ein Handy ist plötzlich weg. Und schon wird gemunkelt, dass da ein Krokodil dahintersteht. Die sommerliche Detektivgeschichte hat ANDREA WANNER sehr amüsiert.
Sommer, Sonne, Badesee: Am Ufer herrscht buntes Treiben, Groß und Klein wollen das gute Wetter für Badespaß und Erholung nutzen. Eh es so richtig losgeht, werden die Badegäste erst einmal vorgestellt: Da ist Sybille, rundlich im Bikini mit schützendem Sonnenhut auf dem Kopf und einem Törtchen in der Hand, dessen Dekokirsche obendrauf genau zu ihren Ohrringen passt. Es gibt Ceylin, ein dunkelhäutiges kleines Mädchen im Badeanzug mit einem riesigen rot-weiß-gestreiften Schwimmring um den Bauch. Auf einer Decke hat es sich Krimi-Ute und bequem gemacht, mit dem Thriller in der Hand, der ihre ganze Aufmerksamkeit fordert – anders als Schnorchel-Hans, ihr Begleiter, der mit Taucherbrille samt Mundstück und Flossen an den Füßen ein bisschen an Dustin Hoffmann in ›Die Reifeprüfung‹ erinnert, als er seinen Taucheranzug den Partygästen präsentieren soll. Es gibt Matteo, einen Jungen mit Baseballkappe und einem Fußball in den Händen. Oder Peter, den Bademeister, mit muskulösem Oberkörper, DLRG-Shirt, Trillerpfeife, blauen Badelatschen und weißen Socken und einem grimmigen Blick, der zu sagen scheint: Mir entgeht nichts. Irrtum.
Da liegt er vor uns, der Badesee. Jasmin sonnt sich auf dem Steg, Heribert döst in seinem blauen Schlauchboot, Ceylin macht Schwimmversuche mit ihrer Schwimmhilfe, Tom und Mike paddeln mit ihrer blauen Luftmatratze durch das Nass und auf dem Sprungbrett steht Sven mit seiner Blümchenbadehose, bereit mit seinem Hopser in den See Jasmin zu beeindrucken. Wir sollten gewarnt sein.
Umgeblättert erwartet uns das, was alle entsetzt schauen lässt: Offensichtlich ist Sven gesprungen, steht auch wieder an Land. Aber seine Badehose fehlt. Mit panischem Gesichtsausdruck hält er seine Hände vor die peinliche Blöße. Und eine Seite weiter sitzt Heribert plötzlich nicht mehr im Boot, sondern direkt im See. Nur den Stöpsel seines aufblasbaren Gefährts hat er noch in der Hand. Hä? Was ist da los? Es verschwinden weitere Dinge: eine Sonnenbrille, ein Hut, Kopfhörer eine Tasche. Und es wird uns eine plausible Erklärung angeboten: Dreiviertel der Buchseite füllt das ausgelassene Gewimmel, auf dem linken Viertel gibt es ein bisschen Text und – ein Krokodil. Der Zweizeiler weist auf etwas hin, was wir trotz genauen Hinschauens noch nicht entdeckt haben: »Ein Krokodil im Badesee? Das glaubst du nicht? Ja doch – oje!«. Und dann taucht es dort immer wieder aus, das Reptil, immer genau mit den Dingen, die fehlen. Aber stopp: Stimmt das wirklich? Die freundliche Echse trägt zwar plötzlich eine Badehose. Aber die von Sven war gelb mit roten Blumen und die ist weiß mit gelben Blumen. Auch das Radio, aus dem sich das Krokodil mit Musik berieseln lässt, sieht ganz anders aus als das, das Radio-Rolf vermisst. Was hat es mit dem mysteriösen Übertäter auf sich?
Für den Sommertag am Seestrand ließ sich Karin Gruß von Sammy, dem Krokodil vom Baggerloch bei Dormagen, inspirieren, das im Sommer 1994 für Schlagzeilen sorgte (auch die findet man im Buch). Den Brillenkaiman gab es damals wirklich – anders als das Krokodil in dieser gereimten Geschichte. Und einen ersten Hinweis darauf bietet ja schon das Fragezeichen im Titel. Dorota Wünsch malt voller witziger Details diesen wunderbaren Sommersuchspaß. Man sieht, riecht, hört und spürt den Strandtag, kann die einzelnen Gäste bei ihrem Tun beobachten und natürlich das Rätsel lösen – wenn man ganz genau hinschaut.
Titelangaben
Karin Gruß: Ein Krokodil im Badesee?
Illustriert von Dorota Wünsch
München: Mixtvision 2021
32 Seiten, 15 Euro
Bilderbuch ab 3 Jahren
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