Zweckentfremdet

Kinderbuch | Saša Stanišić: Panda-Pand

Pandas ernähren sich von – klar: Bambus! Neunundneunzig Prozent ihrer Nahrung bestehen daraus. Bambus gibt es zum Frühstück, zum Mittagessen und zum Abendessen. Aber dann gibt es das eine Frühstück, wo sich etwas ändert. Von ANDREA WANNER

Drei gezeichnete Pandas spielen Instrumente in einem BambuswaldZunächst braucht man Geduld. Denn zunächst mal wird Peter vorgestellt, der mit den beiden unterschiedlich großen Ohren und der immer mittelmäßigen Laune. Und wie man sich dann gerade den Peter so vorstellt, in einem Bambuswald in China, macht einem Saša Stanišić das ganze schöne Bild wieder kaputt. Ein Panda, der in China lebt, kann eigentlich nicht Peter heißen. Warum soll er überhaupt irgendwie heißen? Und so wird aus Peter, der unmöglich Peter heißen kann, einfach Nicht-Peter. Bis dahin ist noch nichts geschehen, aber es ist schon klar, dass hier ein bisschen anders erzählt wird, als in den meisten Kinderbüchern.

So lernen wir Nicht-Peters Hobbys kennen, die in erster Linie unanstrengend sein müssen, und werden Zeugen, wie er seinem Frühstück zufällig einen Ton entlockt. Wer schon mal eine Flöte gesehen hat, wird das vielleicht nicht weiter aufregend finden, dass ein Stück Bambus Töne von sich geben kann. Aber woher soll Nicht-Peter eine Flöte kennen? Da ist also der Ton. Und ist wieder weg. Unauffindbar. Zunächst wenigstens. Nicht-Peter kann ihn jedenfalls nicht sehen, auch nicht durch die Löcher, die er extra in das Holz knabbert. Aber irgendwann findet er ihn dann doch wieder. Und nicht nur den einen.

Der neugierige Panda beginnt zu experimentieren, Töne zu jagen und mit ihnen zu spielen. Irgendwann teilt der Einzelgänger seine Töne mit anderen, Nicht-Gerhard zum Beispiel. Und irgendwann wird, wenn auch mit Schwierigkeiten und nicht für lange Zeit, eine echte Panda-Pand daraus.

Verrückte Geschichten hat Saša Stanišić schon in seinem ersten Kinderbuch ›Hey, hey, hey, Taxi!‹, das Katja Spitzer illustriert hat, ausgedacht. Jetzt lässt er die Pandas die Musik entdecken, hat nebenher viele Fragen an alle, die der Geschichte zuhören und nebenher herausfordernde Aufgaben an die, die sie vorlesen (die zum Beispiel vormachen sollen, was Headbangen ist). Damit auch keiner denkt, dass diese Aufforderungen zum Nachdenken und Mitmachen Teil der Story sind, sind sie rot. Die Pandas hüpfen, knabbern, jubeln, streiten und musizieren lässt Günther Jacobs mit viel Bambusgrün, Pandaschwarzweiß und der roten Punkfrisur von Nicht-Olivia.

Das alles ist ein grandioses Spektakel, das zum Mit- und Nachmachen einlädt. Und am Ende – aber da sind wir schon beim Nachwort – verrät Stanišić noch, dass er eigentlich selber mal ein Pandabär werden wollte. Und erinnert uns daran, dass die echten Pandas weniger Spaß haben in einer Welt, wo Menschen das Klima ruinieren und die Lebenswelt der Pandas durch Rodung der Wälder immer kleiner wird.

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Saša Stanišić: Panda-Pand
Wie die Pandas mal Musik zum Frühstück hatten
Mit Illustrationen von Günther Jakobs
Hamburg: Carlsen 2021
80 Seiten, 12 Euro
Kinderbuch ab 5 Jahren
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