Das ist gar nicht so einfach, das mit dem Sterben, dem Tod, dem Traurigsein und dem Verlust. Da tut es gut, wenn man mit jemandem reden kann. Denn Reden hilft immer. So wie hier in dieser Geschichte, in der ein Kind mit seiner Oma durch den Herbstwald geht und auf ein totes Eichhörnchen trifft. Die Oma geht nicht weiter, sagt nicht, ach, das ist noch nichts für dich, nein, sie hört zu, erzählt und beantwortet jede Frage. »Sehr anrührend«, meint BARBARA WEGMANN.
Ich persönlich mag lieber matte Seiten, nichts spiegelt, lenkt ab von den Illustrationen und lässt einen viel tiefer in Bild und Geschichte eintauchen als glänzendes Papier. Aber dennoch: Diese bezaubernde Geschichte von einer Oma, die mit ihrem Enkelkind durch den herbstlichen Wald spazieren geht, sie ist auch so, durch großformatige Bilder, meist doppelseitige, plakative Illustrationen, sehr ansprechend und vor allem ans Herz gehend.
Fröhlicher Stimmung spielen Oma und Enkelkind Verstecken, und dann plötzlich: vor ihnen liegt ein totes Eichhörnchen. Ein Eichhörnchen, dieses kleine Wesen, in das man sich ohnehin in Sekundenschnelle verliebt, tot, es atmet nicht mehr, das Herz schlägt nicht mehr, die Augen sind halb offen. »Ganz still liegt es da … und es riecht und hört und fühlt und denkt auch nichts mehr«. Ein kleiner Schock.
»Komisch, dass es tot ist, … wo es doch vorher lebendig war«, sagt das Kind. Es ist schwer zu verstehen, besonders eben für Kinder. Und da tauchen viele Fragen auf. Zum Beispiel, was denn jetzt mit dem Eichhörnchen werde? Die Oma erzählt kindgerecht zunächst aus dem Leben des kleinen Wesens, dem Nestbau hoch oben in den Bäumen, dem Sammeln von Nüssen für den Winter und den kleinen Eichhörnchen, die vielleicht irgendwann geboren werden.
Nun wird der Körper zerfallen, aber irgendwann wächst vielleicht, wenn er zu Erde geworden ist, ein Baum. Ob aus Opa auch ein Baum gewachsen ist, will das Kind wissen. »Ich glaube schon,« antwortet die Großmutter, schließlich habe der Opa immer Bäume gern gemocht.
Es ist die Trauer ums Eichhörnchen, die Verbindung zum Tod des Opas, die das Kind zieht und plötzlich ist da auch die Angst, die Oma könnte ebenfalls sterben. Sie solle aber nicht sterben, ereifert sich das Kind, es würde dann traurig sein und ganz laut schreien. Ja, das mit der Trauer werde so sein, sagt die Oma, aber noch nicht. Und weil das Leben so wertvoll und schön ist, beschwichtigt sie und lenkt einfühlsam ab. »Ich hab‘ Hunger auf ein Stück Kuchen. Gehen wir nach Hause?«
Es sind die »Dinge des Lebens«, das Geborenwerden, das Großwerden, das Altwerden, das Sterben, und auf eine überaus liebenswerte und sehr kindgerechte Art nimmt sich die Autorin Cee Neudert des Themas an. Die studierte Literaturwissenschaftlerin engagiert sich seit Langem beim Bayerischen Rundfunk für und in Kindersendungen, und so lebendig wie erzählte Radiogeschichten ist denn auch der Text dieses Buches: Viele Dialoge, kurze Sätze, eine klare Sprache.
»Den Opa haben wir beerdigt«, sagt das Kind, es wolle das Eichhörnchen auch beerdigen. Und unter einem Berg von farbenfrohen Herbstblättern findet das kleine Tier seine letzte Ruhe. Zu Hause wird es für Oma und Enkel ein Stück Kuchen geben und mit den bunten, gesammelten Blättern wird gebastelt.
Aber nicht nur die Blätter bleiben als Erinnerung an diesen Spaziergang, es bleibt die aufregende Erinnerung an den Tag, als der junge Ich-Erzähler dieser hübschen Geschichte das tote Eichhörnchen fand. »Schön, dass du auf der Welt warst!«
Titelangaben
Cee Neudert: Mach’s gut, Eichhörnchen
Mit Illustrationen von Lena Winkel
Stuttgart: Thienemann Verlag 2021
32 Seiten, 14,00 Euro
Bilderbuch ab 5 Jahren
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