Für immer mehr Menschen wird es geradezu utopisch, ein bezahlbares Haus mit Garten zu finden, und für immer mehr Menschen wird es überaus attraktiv, nach einem kleinen Garten zu suchen, einer kleinen, bezahlbaren Oase, als Ergänzung zu ihrem Zuhause. Kleingarten und spießig? Das ist lange her, selbst wenn es den guten alten Gartenzwerg immer noch gibt, und das hat doch auch etwas Charmantes, findet BARBARA WEGMANN
20 Gärtnerinnen und Gärtner besuchten die Autoren für dieses Buch in Deutschland und Österreich und eines haben sie alle gemeinsam: Sie lieben dieses kleine Fleckchen, diese Oase der Ruhe, der Entschleunigung, dieses Fleckchen, wo man ankommt und verweilt, entspannt und sich erholt. Schnell wurde den Autoren klar: »Spätestens seit die Pandemie die Sehnsucht vieler Stadtmenschen nach einem eigenen Fleckchen Grün geschürt hat, können sich die Schrebergartenvereine vor Bewerbungen kaum retten.« Die Wartelisten sind lang. Groß ist der »Traum vom Eigenheim im Mini-Format«.
Anne und Jens warteten 2 ½ Jahre auf ihren kleinen Garten, wenige Fahrrad- Minuten von ihrem Zuhause in Düsseldorf entfernt. Mit ihren eigenen Erfahrungen starten sie in dieses sehr lesenswerte und erhellende Buch, das reich illustriert ist, sehr persönliche Schilderungen enthält und vor allem: Bei der Auswahl der Gartenfans haben sich die Autoren viel Mühe gemacht, sehr breit gestreut sind die Porträts. Da gibt es Menschen aller Alters- und Berufsgruppen, mit oder ohne Kinder, Paare, bei denen beide ganz in ihrem Stückchen Grün aufgehen oder auch Paare, bei denen einer etwas mehr engagiert ist in Sachen Schrebergarten als der andere.
So wie Sonja, die acht Jahre auf ihren Traumgarten wartete. Prima kann die Beraterin für digitales Marketing auch von ihrem Gartenhäuschen aus arbeiten. Mit frischen Schnittblumen versorgt sie sich das ganze Jahr, aber da gibt es noch etwas Besonderes. »Sonja liebt es, die Blüten und Blätter ihrer Pflanzen zu verarbeiten. Sie trocknet sie, kreiert sich Tees und verwendet die Kräuter zum Würzen. Eine besondere Liebe hat sie für das Räuchern mit ihren eigenen Pflanzen entwickelt.« Auch Frederic und Maximilian in Hamburg lieben ihre kleine Parzelle. »Wir feiern regelmäßig Zucchini-Partys in unserer Outdoor- Küche.«
Blumen säen, den richtigen Ort für Stauden finden, Wege anlegen, das Häuschen renovieren, restaurieren, reparieren, Obst und Gemüse ernten, verarbeiten oder urige Ecken auf kleinstem Grundstück genießen und die Seele baumeln lassen, es sind wohl die Hauptkriterien, sie für den kleinen Garten sprechen. Was früher aus der Not geboren war und der Eigenversorgung mit Lebensmitteln diente, ist heute ein Stück Lebensart geworden, wobei alles, was man heute erntet, ebenso hoch geschätzt wird wie früher. Heute kommen sicherlich der Bio-Aspekt und das perfekte Lauben-Feeling noch hinzu. »Man ist stolz und glücklich, mit einem großen Fahrradkorb, gefüllt mit eigenem Gemüse nach Hause zu radeln. Unverpackt, bio und regional ja sowieso!«
Die Symptome sind bei allen Kleingartenbesitzern gleich: Kaum betritt man die Mini-Scholle, fallen Stress, beruflicher Ärger oder Hektik von einem ab, und die Lust aufs Buddeln beginnt. Aufs Streichen, Umgraben, Pflanzen, Ernten, Grillen oder Ausruhen. »Es braucht keine fünf Minuten bei knisterndem Feuer auf unserem Lauben-Sofa und ich schlafe wie ein Baby.«
Sehr persönlich erzählen die stolzen Gartenbesitzer, erinnern sich an lange Wartezeiten, die ersten Schwierigkeiten mit Umbau oder Anbau, an das erste Glas Wein mit den Nachbarn. Diesen Garten jemals wieder aufgeben? Niemals! Eine wunderbare Lektüre für die, die bereits seit Langem einen Garten ihr Eigen nennen, aber besonders sicher für jene, die schon auf Wartelisten stehen oder davor sind, ihre Pläne Wirklichkeit werden zu lassen.
Jedes Kapitel endet mit Rezepten aus dem kleinen, eigenen Garten, ob es ein Rumtopf ist, eine Pfannkuchen-Torte, oder Oma Hildes Apfelstrudel. Auch Anleitungen für natürlichen Dünger bekommt man, oder Antwort auf die Frage, wie man Trockengestecke kreiert, Rank-Hilfen für Gemüsebeete aufbaut oder was bei einem Kinderspielhaus nicht fehlen darf. Zudem: Für viele, die auf hier 272 Seiten so angenehm ehrliche Einblicke in ihr Schrebergarten-Leben geben, ist das zweite, so viel kleinere und grüne Zuhause auch ein Stückchen Paar-Pflege: man hat Zeit für sich, für Gespräche, für Planungen; der Garten als Auszeit, als Ruhezone, als Raum zum Auftanken, zum neu zueinanderfinden. »Am Ende eines Tages haben Fredric und Max eine Achtsamkeits-Runde etabliert. Dazu gehen beide zusammen ganz bewusst durch den Garten und schauen, was sich verändert hat und was sie zusammen geschafft haben.«
Titelangaben
Anne Peter & Jens Amende: A Modern Way To Schreber
Laubentraum & Gartenglück
München: Knesebeck 2022
272 Seiten, 28,00 Euro
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