Es wird Frühling: Zeit für die Gartenarbeit. Ein kleines Mädchen macht sich zusammen mit drei älteren Frauen ans Werk. ANDREA WANNER begleitete sie in ihren Gemeinschaftsgarten.
Noch sind die Tage frisch, die Sonne ein zögerlicher Gast. Aber jetzt muss der Samen in die Erde gebracht werden. Das Mädchen hält die Samenkörner wie einen Schatz behutsam in der Hand: »Jedes Pünktchen ist voller Hoffnung, jedes ein Versprechen.« Sie folgt ihrer älteren Freundin in den Garten, von der anderen Seite des Bretterzaunes kommen zwei weitere Frauen, alle drei in einem Alter, in dem sie die Großmütter der Kleinen sein könnten.
Der Garten wird für die nächsten Monate ihr regelmäßiger Treffpunkt sein. Hier werden sie säen und gießen, gemütlich auf Gartenstühlen etwas trinken und ausruhen, warten und staunen, was alles wächst. Blumen, Obst und Gemüse: Eine reiche Ernte erwartet sie und belohnt sie für ihren unermüdlichen Einsatz. Fast immer sind sie zu viert. Wenn nicht, dann ist es immer die eine besondere Begleiterin, mit der zusammen das Mädchen das Gartenjahr genießt.
Und dann kommt der Herbst und mit ihm der Abschied. Nicht nur von den Treffen im Garten, ein endgültiger Abschied: Die Freundin ist tot und nur noch zu dritt stehen sie zwischen dem kahlen Braun der Beete.
Nein, das ist nicht das Ende dieser besonderen Geschichte. Denn jedem Winter folgt ein Frühling, der ewige Kreislauf der Pflanzen tröstet die Kleine. Der Samen, den sie noch gemeinsam in Tütchen gefüllt hatten, trägt die Kraft neuen Lebens in sich und voller Zuversicht und Hoffnung sät sie ihn im kommenden Frühjahr in die Erde. Der kurze, poetische Text, kindgerecht übersetzt von Anna Schaub, findet eine wundervolle Ergänzung durch die pastellfarbenen Bilder von Julianna Swaney. Vorwiegend in Rot- und Grüntönen gehalten, nimmt sie uns mit in das kleine Gartenparadies und lässt uns am Wunder des Wachsens teilhaben.
Die Freude am gemeinschaftlichen Tun und der Begegnung über die Generationen hinweg spricht aus den meist doppelseitigen Bildern, die voller Energie und Kraft stecken.
Die Botschaft verstehen auch schon jüngere Kinder: so ist das Leben. Alles hat ein Ende, alles vergeht. Aber es entsteht aus dem Alten auch Neues, nichts geht verloren. Kopfsalat, Kürbis und Erbsen verschwinden, aber sie hinterlassen Samen und kommen wieder. Und so spürt das Kind in den neuen Pflanzen ganz deutlich, dass ihre Freundin immer noch bei ihr ist.
Titelangaben
Zoë Tucker: Ein Garten für uns
(The garden we share, 2022) Aus dem Englischen von Anna Schaub
Mit Illustrationen von Julianna Swaney
Zürich: Nord-Süd 2022
32 Seiten. 15 Euro
Bilderbuch ab 4 Jahren
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