Fee ist stinksauer. Sie, die nichts mehr braucht als einen geordneten Tagesablauf, wird schon wieder von ihrer Mutter überrumpelt. Sie reisen ins Mühlbachtal, wo sie früher mal gewohnt haben, bevor die Eltern sich trennten. Dort will Fees Uropa ihrer Mutter etwas sagen. Bis es soweit ist, vergeht eine Menge Zeit und ändert sich vieles. ANDREA WANNER ist gern mit im Mühlbachtal gewesen.
Auf dem Vorsatz gibt es einen Blick auf die Gegend von oben: Rechts oben findet man in der Ferne die Stadt, links das Neubaugebiet – zu dem die Bewohnerinnen und Bewohner des Mühlbachtals kein ganz einfaches Verhältnis haben. Unten in der Mitte liegt, umgeben von Wald liegt eine Weide und an deren Rand einige Gebäude: der Taubenschlag. Rechts davon liegt Hugos Kotte, wo Olga und ihre Kinder Quartier finden. Und dann gibt es eine Höhle, ein verlassenes Atelier, den Krötenteich. Und quer über die Doppelseite schlängelt sich der Mühlbach. Seite um Seite wird man sich lesend dort mehr zuhause fühlen.
Ein bisschen aus der Zeit gefallen scheinen der Taubenschlag und seine Bewohner. Das Gemeinschaftswohnprojekt wurde mal von zwei besten Freunden gegründet: der eine ist Fees Vater, der jetzt mit seiner neuen Frau in Holland auf ihr erstes gemeinsames Kind wartet. Der andere ist Hugos Vater. Und Hugo ist Fees kleiner Bruder und hat seinen Vater noch gar nie kennengelernt.
Und jetzt sind sie in diesem ländlichen Idyll, der Urgroßvater lässt sich nicht blicken, sondern ist beim Geräuschesammeln für seine Symphonie des Mühlbachtals. Olga, Fees Mutter, findet es nicht weiter schlimm, ihn ständig zu verpassen. Ihr scheint es im Mühlbachtal gut zu gefallen und den Aufenthalt zu verlängern kommt ihr entgegen. Sie trifft alte Freunde wieder und hinter dem Treffen mit Hugo verbirgt sich mehr als nur kurze Wiedersehensfreude. Die beiden kommen sehr gut miteinander aus. Sehr gut …
Armin Kaster, Jahrgang 1969, verrät, dass er als Junge Weltliteratur las, die er nicht verstand und Schriftsteller werden wollte. Auf Umwegen hat er das geschafft, erzählt für die Jüngeren witzig in der Ferdi-Lutz-und-ich-Reihe oder unterhält mit Geschichten von Jakob. Zuletzt erschien 2020 das Jugendbuch ›Der Himmel hat seine Vögel genommen und ist gegangen‹. Jetzt spinnt er einen vielschichtigen Jugendroman mit kauzigen Figuren, die in keine Schablonen passen. Dazu gibt es ein uraltes, bestens gehütetes Geheimnis, das alle zu umgeben und ein Stück weit zu lähmen scheint. Die sensible Fee spürt es und kommt ihm näher als die anderen. Aber zunächst lernt sie ein Stück weit, sich auf Neues, auf andere Menschen einzulassen.
Und dann gibt es auch noch die Kröten, zu deren Eigenarten es gehört, dass sie immer wieder an den Ort ihrer Geburt zurückkehren. Zurückkommen wird zum Motto, aber auch das Weggehen gehört dazu. Eines gehört zum anderen. Kaster entführt seine Leserinnen und Leser in eine idyllische Welt, die aber keine heile Welt ist. Poetisch erzählt er von der Natur, von den Seen im Wald, wo die Kröten schlüpfen, von einer Bettschaukel unter den Bäumen, wo man sich wegträumen kann, vom Festival, das stattfindet. Nie überschreitet er die Grenze zum Kitsch. Probleme werden nicht weggewischt. Es gibt sie und vielleicht kann man sie lösen. Dabei ist keine und keiner alleine, auch Fee nicht.
Am Ende geht es darum, herauszufinden, wohin man gehört. Kröten haben dafür ihren Instinkt. Und Menschen können sich entscheiden. Auch Fee.
Und wenn man jetzt gerade unterwegs überall die Krötenzäune an den Straßenrändern sieht, die die Tiere bei ihrer Wanderung schützen sollen, bekommt man noch mehr Lust, etwas über das geheimnisvolle Leben dieser Tiere zu erfahren: in diesem lesenswerten Buch passiert das ganz nebenbei.
Titelangaben
Armin Kaster: Das geheimnisvolle Leben der Kröten
Wien: Jungbrunnen 2022
192 Seiten, 17 Euro
Jugendbuch ab 12 Jahren
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