Der Mond und die Nacht

Kinderbuch | Britta Teckentrup: Mond

Wer die Raupe Nimmersatt kennt, wird auch Freude an diesem kleinen Kinderbuch im Pappband haben: Hier ist es nicht die Raupe, die sich durch alle Seiten frisst, hier ist es der Mond, der sich durch alle Seiten zieht, ausgestanzt, mal groß, mal klein. Von BARBARA WEGMANN

»Im Dschungel, durch ein Dach aus Grün,
sind silberne Strahlen des Mondes zu sehn.
Hörst du die Lieder im Urwald erklingen,
wenn Aras und Frösche gemeinsam singen?«

Hirsche und Füchse stehen auf einer nächtlichen Waldlichtung. Am Himmel scheint eine große Mondsichel.Die Seiten sind bunt, geradezu aufregend bunt, obwohl es doch Nacht ist, eigentlich sollte es doch dunkel sein, alle Tiere schlafen, nur der Mond steht am Himmel und scheint und scheint und scheint.

»Hast du je darüber nachgedacht,
warum der Mond scheint in der Nacht?
Wie Menschen, Tiere, Pflanzen, Bäume nachts in seinem Lichte träumen?«

Von wegen Ruhe und schläfrige Stille im Wald. Die Füchse sind noch wach, die Hasen horchen mit aufgestellten Langohren, eine Schlange lauert auf einen nächtlichen Imbiss. In den Wellen bricht sich das Mondlicht und scheint den Quallen noch etwas Licht, vielleicht für ihre Abendlektüre zu spenden. Vögel ziehen am Himmel, ganze Schwärme, bunt, aufgeregt, der »Mond leitet ihren Flug«. Auf den Weg gen Süden machen sie sich, da ist an Schlaf nicht zu denken. Wer hätte gedacht, dass eine Nacht so bunt sein kann, dass nächtliche Finsternis so farbig und aufregend ist. Dass eine »Reise durch die Nacht« so ein dreidimensionales Abenteuer sein kann. Und in dieses Abenteuer kann man fast hineinspringen.

Britta Teckentrup hat ein unschlagbares Talent, gebürtige Hamburgerin, Studium der Illustration und Bildenden Kunst in London. Und wer seit Anfang der 90er Jahre 120 Kinderbücher geschrieben und illustriert hat, für das eine oder andere den einen oder anderen Preis erhielt, die muss schon mächtig Talent haben. Hat sie auch. Soviel Talent, dass die Bücher in über 30 verschiedene Sprachen übersetzt wurden.

Sie entführt kleine Leserinnen und Leser oder besser Zuhörerinnen und Zuhörer, die schon in Nachthemd oder Schlafanzug gespannt auf das Vorlesen warten, in eine abenteuerliche Nacht. Die Reime, die man sicher schnell auswendig kann, geben so viel Stimmung und Atmosphäre wieder, dass man meint, die Rufe der Vögel zu hören, Hirsche und Rehe auf ihrem Weg durch das Laub, den Gesang der Aras und Frösche im Dschungel oder das Rascheln der kleinen Mäuse auf dem Feld. Da sind noch ganz erstaunlich viele wach in der Nacht und ihnen allen scheint der Mond, der im Laufe des Monats einmal ganz rund und dann wieder ganz dünn wird. Der auf den Seiten durchgestanzte Mond hat also jeden Tag eine ganz leicht andere Form als am Vortag. Und er leuchtet allen auf dieser Erde.

Ob Dschungel, Feld, Wald, ob in klirrender Kälte oder der herbeigesehnten Kühle der Nacht in Wüstenregionen, der Mond scheint einfach überall, auch ganz weit weg am Pol, da wo die Pinguine zu Hause sind.

»Leis tanzen Flocken in der Nacht,
Fallen auf Eis ganz sacht.
Pinguine stehen dicht an dicht,
sie wärmen sich im Mondenlicht.«

Und dann: dann wird, vermutlich auch der Vorleser dieses bezaubernden kleinen, fantasiereichen Buches selbst irgendwann müde, es war ja schließlich auch eine weite Reise, eine bunte Reise in dunkler Nacht. Davon kann man jetzt wunderbar weiter träumen.

»Nun mach auch du die Augen zu.
Der Mond geht auf, du kommst zur Ruh.«

| BARBARA WEGMANN

Titelangaben
Britta Teckentrup: Mond
Eine Reise durch die Nacht
München: arsEdition 2018
24 Seiten, 12 Euro
Bilderbuch ab 3 Jahren
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