Front-Begradigung

Lyrik | Peter Engel: Zwei Gedichte

Frontbegradigung

Der Zickzack meiner Tätigkeiten,
die Schübe meines Tuns, Ausschläge
von Aktivität, von Wirksamkeit:
Das alles auf den Prüfstand
und mit fragenden Blicken,
Zurücknahmen und Beschränkungen.

Mit weniger Kraft arbeiten
an mehr Unterlassungen,
die Entschiedenheit schärfen,
auf den tickenden Zeitfaktor
hören, sein leiseres Geräusch
wird mit den Tagen noch leiser.

Den Stier bei den Hörnern

Das Ausweichen liegt mir besonders,
das Aufschieben auf die lange Bank,
das Zuwarten und Verzögern,
während mit Karacho was
zukommt auf mich und volle Fahrt
aufnimmt, um mich zu überrennen.

Da steht schon das Horn in der Luft,
nähert sich wie ein Blitz aus nicht
heiterem Himmel, und das Maul schäumt,
nur noch Sekunden vorm Aufprall,
es bleibt allein das Gedankenspiel,
sich mitten hinein zu schwingen.

Der Stoß bleibt tatsächlich aus,
keinerlei Blut an der Brust,
das Herz jagend, aber nicht durchbohrt,
die Gefahr vielleicht vorüber,
noch nicht wieder im Gleichgewicht,
aber wie gerettet im Kopf.

| PETER ENGEL

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Brunetti – ein interessanter Mann

Nächster Artikel

Schwermut

Weitere Artikel der Kategorie »Lyrik«

Betäubung und Rausch

Lyrik | Jan Wagner: Guerickes Sperling

Jan Wagner macht unbeirrt dort weiter, wo er mit seinem Lyrik-Erstling ›Probebohrung im Himmel‹ aufgehört hat und verwandelt unter der Hand Alltägliches in Ungeheuerliches. Von LARS REYER

Wann, wenn nicht heute?

Lyrik | Vierzeiler der Woche – von Michael Ebmeyer  Durch die Servicewüste schleicht ein einzelner Fuchs

Keine lachenden Affen im Kopf

Lyrik | Urs Böke, Stefan Heuer und Fabian Lenthe: Vielleicht ein paar Raben

Der neue Gedichtband Vielleicht ein paar Raben von Urs Böke, Stefan Heuer und Fabian Lenthe ist als Poème Collectif konzipiert und enthält drei farbige Collagen von Stefan Heuer und drei in schwarzweiß gehaltene Collagen von Urs Böke. Die Grafik auf dem Cover stammt ebenfalls von Stefan Heuer. Dadurch erhält der Gedichtband einen ansprechenden optischen Eindruck. Anmerkungen von HARTWIG MAURITZ

Späte Antwort an Robert Gernhardt

Lyrik | Peter Engel: Späte Antwort an Robert Gernhardt

Sonette find ich sowas von gediegen,
ich schreibe täglich eines mit der Hand,
und kann davon genug noch gar nicht kriegen,
sie sind was für das Herz und für’n Verstand.

Das Grollen in den Träumen

Lyrik | Sascha Kokot: Zwei Gedichte

vor uns der Sandur im tiefen Frost
liegt die Ringstraße auf schwarzem Quarz
halb abgeräumt vor dem Ozean verkeilt
der Sockel vom Gletscherlauf aufgezehrt
gelangen wir nicht mehr zu den Kaltblütern
um sie in die geschützten Gehege zu führen
und uns vor dem Wintereinbruch einzudecken
so setzen wir zu den letzten Nachbarn über
senden von dort Anweisungen auf Kurzwelle
bis wir etwas erreichen das Plateau wieder offen ist
jagen die Meuten durch die Frequenzen und
lassen uns in den ewigen Nächten nicht schlafen
weil wir nicht sicher sein können
ob das nur die Sturmfront ist oder uns
schon das Rufen der Jährlinge durchfährt