/

Liebeserklärung

Kulturbuch | Susanne Lipps: Bücherorte

Sie lieben Bücher? Vorsicht! Dieses könnte Konsequenzen haben: Reisen, Ausflüge, Trips zu Büchermärkten, Besuche in Buchhandlungen oder Bibliotheken, Abstecher zu spannenden Orten, die Bücher beherbergen. Oder zu Orten, die durch spannende Bücher zu etwas ganz Besonderem wurden. Von BARBARA WEGMANN

Eine Fotocollage von Bibliotheken und BuchhandlungenEin tolles Reisebuch der besonderen Art: Sie lieben Bücher? Dann sind die nächsten Ferien, Kurztrips oder Wochenendausflüge nun garantiert schnell verplant. »Europa steckt voller Orte, die das Herz eines jeden Bücherwurms erfreuen«. Von Dublin bis Granada, Amsterdam bis Barcelona, von Kopenhagen bis Wien, Göteborg bis Rom und Venedig. Das kompakte, sehr inhaltsreiche Buch präsentiert eine Fülle von Bücherorten in Europa: Da sind versteckte Buchläden, traditionsreiche Büchergeschäfte, Bibliotheken in atemberaubender Architektur, Büchermärkte voller Atmosphäre. Da ist die Suche nach einer besonderen Erstausgabe, einem geschätzten Autor, einer bestimmten Auflage, einem längst vergessenen Titel.

Auf 312 Seiten werden Leidenschaft für Bücher und das wunderbare Laster des Lesens geweckt und hellwach. Und man riecht es förmlich: »Der Geruch alter Ledereinbände, das Blätterrascheln und eine oftmals nahezu geheiligte Stille, das eint ehrwürdige Klosterbibliotheken und moderne Universitätssammlungen in derselben Weise.«

Das Buch entführt in eine »reiche literarische Geschichte«, lässt aber ebenso spannenden Raum für junge Literatur. Städte, die beides gleichermaßen aufweisen, dazu ein großes Engagement zeigen, das Lesen zu fördern, können sich als »City of Literature« bewerben. Ein Titel, den das Creative Cities Network der UNESCO verleiht. Dublin, Edinburgh, oder Granada, sind beispielsweise solche Städte.
Der zweite Teil des Buches ist für all jene, die es nicht abwarten können, diesen oder jenen Ort tatsächlich selbst zu besuchen, der sicherlich attraktivste: Bücherorte, kleine, urige Bücherdörfer, die einfachen Verkaufswagen der Bouquinisten an der Pariser Seine, die zu einem der Wahrzeichen der Stadt wurden. Vielleicht reizt ja auch Griechenlands schönste und »wahrlich extravagante« Inselbuchhandlung auf Santorin. »Die Regale wachsen bis in den Patio hinaus, von dem aus man die Ägäis überblickt, und die Fassade ist mit Büchern bemalt.« Was für ein paradiesisches Bild muss das sein!

Es gibt auch Kurioses, das wir erfahren und das dieses Buch so lebendig, unterhaltsam und einfach wunderbar rund macht: die wertvolle Sammlung von 35000 Büchern in einem altehrwürdigen Gebäude in der Nähe von Lissabon wird, um sie vor Insekten zu bewahren, nachts von »bibliothekseigenen Fledermäusen« bewacht. Und dann wäre da Bredevoort in den Niederlanden. Ein Dörfchen, wie aus der Zeit gefallen, ruhige, kleine Gassen, niedrige Häuser. Und von diesen denkmalgeschützten Häusern standen Anfang der 90er Jahre viele leer und der Bürgerverein hatte die grandiose Idee, dort Antiquariate einziehen zu lassen. Schon alltags ist ein Bummel durch das mittelalterliche Örtchen schön und mit Buchläden an jeder Ecke bestückt, aber ab und zu, einige Male im Jahr wird Bredevoort zum Internationalen Bücherort, ein Markt mit vielen Ausstellern und einem bunten Publikum, ein Genuss.

Letztlich stellt das faszinierende Buch jene Orte vor, an denen berühmte Autoren lebten, sich inspirieren ließen, unsterbliche Romane oder Kinderbücher, die die Herzen der Welt eroberten schrieben. Astrid Lindgren, Henning Mankell, Thomas Mann, Alexandre Dumas oder Agatha Christie, um einige zu nennen. Es versteht sich, dass es zu jedem großen Namen Hintergründe und Tipps gibt, was man auf keinen Fall bei einem Städtetrip versäumen sollte. Zum Beispiel die Straßen und Filmstudios in Ystad, jener schwedischen Stadt, in denen die Thriller Henning Mankells entstanden.

Quasi als Zugaben bietet das Buch – einen sicher mehrtägigen Aufenthalt begeisterter Leser vorausahnend – Unterkünfte und Restaurants an, Bars oder geschichtsträchtige Literatenkneipen und natürlich Shoppingtipps, alles rund ums Buch.

Ich habe neulich eine Erstausgabe des ›Zauberbergs‹ von Thomas Mann erstanden, nun fehlt mir noch der Besuch in Davos. »In dem 1911 als Waldsanatorium erbauten Haus wurde Thomas Mann bei einem Besuch seiner dort kurenden Frau Katia zu seinem Roman ›Der Zauberberg‹ angeregt. 1957 zum Hotel umgebaut, erstrahlt es heute im gehobenen Viersterneglanz.« Na ja, irgendwann fahre ich dort einmal hin …

›Bücherorte‹ – Ein höchst inhaltsreiches Buch und eine überaus charmante Liebeserklärung an das Buch und all seine so ganz unterschiedlichen Aufenthaltsorte.

| BARBARA WEGMANN

Titelangaben
Susanne Lipps: Bücherorte
Europas schönste Ziele für alle, die das Lesen lieben
Kunth Verlag, München
312 Seiten, 29,90 Euro
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Ein Journalist und Literat

Nächster Artikel

Irrtum

Weitere Artikel der Kategorie »Kulturbuch«

Rund um den Globus: immaterielles Weltkulturerbe

Kulturbuch | Tradition und Brauchtum

»Was verbindet die Kulturen der Länder, die so unterschiedlich sind wie ihre ideellen Werte und geografischen Strukturen?« Es ist, so schreibt es der bemerkenswerte Bildband, jene Suche nach Identität, die Weitergabe von Bräuchen, Traditionen, das, was Menschen, die Gesellschaft ausmacht, ihre Zugehörigkeit. Auch all dies, und das macht das großartige Buch so spannend, ist nach UNESCO-Übereinkommen auch Weltkulturerbe, immaterielles Weltkulturerbe. Viele Beispiele rund um den Globus zeigt das Buch, eine ganz spezielle Weltreise. BARBARA WEGMANN

Gehen, um sich selbst zu finden

Kulturbuch | Norbert Parucha: Meditatives Wandern Wer beim Unterwegssein die ganze Konzentration auf das Erreichen des Zieles lenkt, geht möglicherweise sich selbst verloren. ›Meditatives Wandern‹ dagegen vermittelt das Wiedererlernen der Bewusstheit. Norbert Parucha hat dazu einen handlichen Wanderbegleiter mit anregenden Übungen, Texten und Impulsen verfasst. Von INGEBORG JAISER

Elfen und Vulkane

Kulturbuch | Sarah Moss: Sommerhelle Nächte. Unser Jahr in Island Ausgerechnet in dem Jahr, als Islands Wirtschaft und der europäische Bankensektor zusammen- und der Vulkan mit dem unaussprechlichen Namen ausbrechen, zieht es Sarah Moss mitsamt Ehemann und zwei kleinen Jungs in das Land, dessen Mentalität zu ihrer eigenen nicht kontrastreicher sein könnte. In  Sommerhelle Nächte. Unser Jahr in Island darf man sich vorsichtig auf die Spurensuche nach vergangenen Welten, Wikingerseelen und nordischer Kreativität machen. VIOLA STOCKER reiste mit leichtem Gepäck.

Das psychisch instabile Individuum

Kulturbuch | Arno Gruen: Wider den Terrorismus In seinem Essay über die Ursachen terroristischer Aktivitäten mahnt uns Arno Gruen, unsere Sensibilität nicht mit Schwäche zu verwechseln, im Gegenteil, es handle sich um eine zutiefst menschliche Regung. Ganz im Gegensatz dazu verberge sich hinter der Aufwallung von Omnipotenz die Lust am Untergang. »Es schmerzt uns, was in der Welt geschieht.« Von WOLF SENFF

Angenommen

Kulturbuch | Maya Deren: Der Tanz des Himmels mit der Erde. Die Götter des haitianischen Voodoo Wer mit ansieht, dass ein leckgeschlagenes ökonomisches System sich mit großer Beharrlichkeit über Wasser hält, findet aus dem Staunen gar nicht wieder heraus. Wie kann es angehen, dass Abgründe klaffen zwischen Manager-Gehältern und Hartz-IV-Sätzen? Wie kann es sein, dass die Luft, die wir atmen, systematisch vergiftet wird? Fragen, Fragen, Fragen und allüberall ein immenses Gegacker. Von WOLF SENFF