Wie ließe sich der 60. Geburtstag eines ewigen Lausbuben besser feiern, als mit einem fast 400 Seiten starken Sammelband. ANDREA WANNER freut sich.
1963 erschienen Astrid Lindgrens erste Michel-Geschichten. Unvergessen die titelgebende Story der allerersten Episode: »Dienstag, der 22. Mai, als Michel den Kopf in die Suppenschüssel steckte« und guter Rat teuer ist, wie man den Michel wieder raus bekommt. Ebenfalls im ersten Band erfuhr man dann noch, wie Michel am 10. Juni seine kleine Schwester Ida zum Einsetzen aller an der Fahnenstange hochzog und wie er am 8. Juli auf der Festwiese von Hultsfred ein lustiges Leben führte. Drei Jahre mussten die Fans dann warten, ehe in »Michel muss mehr Männchen machen« drei weitere Abenteuer folgten und 1970 brachte der kleine, eigenwillige Blondschopf in sechs weiteren Begebenheiten die Welt in Ordnung. Es folgten weitere Einzelabenteuer, Bilderbücher, Hörbücher und Hörspiele und auch bereits 1971 die erste Verfilmung.
»Sie können einem leidtun, die Svenssons auf Katthult, die einen solchen Lausejungen zum Sohn haben«; ist die Meinung der anderen Lönneberger. Aber Michel hat zwar Quatsch im Kopf, aber das Herz auf dem rechten Fleck. Und schon im allerersten Kapitel wird verraten, dass er seinen Weg macht und als Gemeinderatspräsident später einmal ein angesehenes und respektiertes Mitglied der Gesellschaft werden wird. Bis dahin aber ist es ein langer Weg, auf dem man ihn durch seine Streiche, verrückten Ideen, seinen Unfug und seine kleinen und größeren Pannen begleiten darf.
Astrid Lindgren hat verraten, dass der Hintergrund für Michels Leben weniger ihrer eigenen Kindheit als vielmehr der ihres Vaters in einem ländlich-bäuerlich geprägten Umfeld entsprang. So lebt er mit Eltern und Schwester, Knecht Alfred und Magd Lins auf einem Hof, auf dem es außerdem zwei Pferde, einige Ochsen, acht Kühe, drei Schweine, zehn Schafe, fünfzehn Hühner, einen Hahn, eine Katze und einen Hund gibt, die alle immer wieder eine Rolle spielen.
Michels Mama übernimmt die Aufgabe der Chronistin und bringt alles, was ihr Sprössling so anstellt, zu Papier – um später eine Erklärung für ihre grauen Haare für Michel zu haben. Im schwedischen Original heißt der Michel übrigens Emil, was man im Deutschen nicht so lassen wollte, damit es keine Verwechslungen mit Kästners »Emil« gibt.
Frisch und frech wie damals kommen sie daher, die Chaosmomente und Durcheinandersituationen, amüsant und mit einem liebevollen Blick auf den kleinen Tunichtgut, der so manches Mal wirklich alles auf den Kopf stellt. Auf 52 Sprachen kann man verfolgen, was er anstellt und eine Lieblingsfigur ist er bis heute.
Dann also 60 Kerzen angezündet, ausgepustet und mit (Vor)lesen anfangen: ein richtig dicker Wälzer mit den fröhlichen Bildern von Astrid Henn wartet darauf, (wieder)entdeckt zu werden!
Titelangaben
Astrid Lindgren: Michel aus Lönneberga
Alle Abenteuer in einem Band
Deutsch von Karl Kurt Peters
Bilder von Astrid Henn
Hamburg: Oetinger 2023
400 Seiten, 22 Euro
Kinderbuch ab 5 Jahren zum Vorlesen und 7 Jahren zum Selberlesen
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