Südländisches Temperament

Kinderbuch | Luisa Schauenberg: Lotta hat heute keine Lust

Mal einfach keine Lust zu haben, einfach mal zu faulenzen, einfach mal abzuhängen, das kann regelrecht ansteckend sein, wie dieses lustige Bilderbuch beweist. BARBARA WEGMANN hätte sich fast auch angesteckt.

Die Zeichnung eines Murmeltiers, das lächelnd auf einer Wiese liegtManche mögen das kritisieren, aber südländische Lebensart hat schon das gewisse Etwas. Mañana, wie nicht nur der Spanier zu sagen pflegt, das heißt so viel wie: morgen, demnächst, bald. Dem einen zaubert es ein entspanntes Lächeln ins Gesicht, dem anderen verursacht es Stressfalten. Es scheint das Lieblingswort von Lotta zu sein. Das Murmeltier Lotta »lässt sich die Sonne auf den runden Bauch scheinen«, genießt den Tag, die wunderschöne Wiese und die Ruhe. »Nicht einmal ein klitzekleines Lüftchen wehte. Es war ein herrlicher Tag!« Das wieder bringt den herbeieilenden Fred, ein Eichhörnchen, ganz aus der Ruhe. Sie hätten es doch eilig, man wolle doch einen Ausflug machen, heute sei schließlich nicht irgendein Tag.

Lotta kümmert das wenig, und schließlich legt sich Fred einfach dazu. Alles könne man ja auch später noch machen. Der Nächste, der kommt, ist der Moschusochse Henri, der sich wundert, was alle noch hier machen. Aber schnell steckt ihn die Ruhe der anderen beiden an und er legt sich gemütlich ins Gras, alles könne man auch »wann anders« machen.

Luisa Schauenberg, die viele Geschichten zu erzählen hat, hat auch ganz privat manchmal diesen einen Traum: »den lieben langen Tag einfach nur auf der Wiese zu liegen, zu faulenzen, schwimmen zu gehen«. Aber das Geschichtenerzählen macht dann eben doch noch mehr Spaß.

Und so gesellen sich zu Lotta, Fred und Henri auch noch die Adlerdame Frida, der Dachs Sven, der Luchs Alonso, Lars der Bär und das Ottermädchen Luise. »Langsam wurde es voll auf der Wiese. So hatte Lotta sich das eigentlich nicht vorgestellt, aber irgendwie war es auch schön.« Denn obwohl all die Tiere irgendetwas im Schilde führen, haben sie doch nichts dagegen, sich im Gras einem kleinen Päuschen hinzugeben. »Immer mit der Ruhe, nachher, morgen, später, später …«, das sind ihre aussagekräftigen Kommentare.

Susan Batori, eine ungarische Illustratorin, entdeckte vor über 10 Jahren ihre Leidenschaft für Kinder- und Bilderbücher. Ausgesprochen lustig sind ihre Figuren, denen man das mañana sofort abnimmt. Das meinen alle Beteiligten wirklich genau so! Die nicht immer kleinen Bäuchlein in die Sonne gereckt, die Hände, Pardon Pfoten, hinter dem Kopf verschränkt, der Gesichtsausdruck völlig tiefenentspannt. So lässt es sich leben, wäre da nicht etwas, das einfach in der Luft liegt. Irgendetwas stimmt nicht, obwohl auch die Maus Fiene, die erst die ganze Mannschaft energisch als »Faulpelze« tituliert, dann doch auf Lars‘ Bauch letztlich einschläft.

Die Mannschaft, die da im Gras liegt, ist eine bunte und zutiefst coole Clique. Da hat niemand Stress, keiner hat es eilig, es wird nicht gedrängelt, genörgelt oder gehetzt. Aber: ob sie alle dann doch noch etwas aus der Ruhe bringen kann? Vielleicht bringt Ole, der Elch, ja die Lösung.

Bis dahin aber sind kleine Leserinnen und Leser auch schon ganz relaxed – aber warten sicher noch gespannt auf das Ende der Geschichte.

| BARBARA WEGMANN

Titelangaben
Luisa Schauenberg: Lotta hat heute keine Lust
Illustriert von Susan Batori
Köln: Baumhaus Verlag 2023
32 Seiten, 15 Euro
Bilderbuch ab 4 Jahren
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

Reinschauen
| Leseprobe

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Phantasie

Nächster Artikel

Die Welt mit richtigen Augen sehen

Weitere Artikel der Kategorie »Kinderbuch«

Zugänge zur Kunst

Kinderbuch | Thé Tjong-Khing: Kunst mit Torte Frau Hund malt – und ihr Porträt mit Torte ist durchaus gelungen. Als es gestohlen wird, jagen alle den frechen Bilderdieb und die Verfolgung führt quer durch eine spannende Welt der Kunst. Von ANDREA WANNER

Nicht ganz der Papa …

kinderbuch | Xavier-Laurent Petit: Nicht ganz der Papa »Die Nase hat er vom Papa, die Augen von der Frau Mama?« Bemerkungen über ihr Aussehen hören Kinder von ihren frühesten Lebenstagen an. Augen, Ohren, Stimme, Haltung, einfach alles von Kopf bis Fuß wird kommentiert. Das Hervorheben von Ähnlichkeiten soll die Bindung an die jeweilige Familie bestärken. Bloß sind Familienähnlichkeiten nicht immer auf den ersten Blick sichtbar. Die vielfach freundlich gemeinte Bemerkung kann sich so unversehens ins Gegenteil verkehren. Statt Sicherheit zu geben, stürzt sie das angesprochene Kind in eine Identitätskrise. Xavier-Laurent Petit hat mit Nicht ganz der Papa einen ungewöhnlichen Blick

Mikrokosmos Schwimmbad

Kinderbuch | Will Gmehling: Freibad Katinka, Robbie und Alfred können ihr Glück kaum fassen: als Dankeschön für eine Rettungsaktion im Hallenbad bekommen die Geschwister eine Dauerkarte für das Freibad. Von 15. Mai bis 15 September. Einen ganzen Sommer lang. Von ANDREA WANNER

Ein Traum muss kein Traum bleiben

Kinderbuch | Lina Al-Hathloul & Uma Mishra-Newbery: Loujains Träume von den Sonnenblumen

Freiheit, Demokratie, Gleichberechtigung und Chancengleichheit, das alles kann man mit Blumensamen vergleichen, die muss man aussäen, damit sie wachsen, gedeihen, sich entfalten. Dann kann auch die nächste Generation über die weiten Felder der Sonnenblumen fliegen, um im Bild des berührenden Buches zu bleiben, freut sich BARBARA WEGMANN

Un-glaub-lich!

Kinderbuch | Antje Damm: Was passiert denn da?

Der schlagfertige Bildwitz von Anje Damm ist in jedem neuen Bilderbuch eine Überraschung, fordert heraus, provoziert, bringt zum Lachen. ANDREA WANNER freut sich ein weiteres Mal an einem grandiosen Bilderbuch der Künstlerin.