Jede und jeder macht sich sein Zuhause so, wie es seinen Bedürfnissen entspricht. Aber manchmal öffnet man das Haus ja auch für Gäste. Ist dann alles auch so, wie die es gerne möchten? ANDREA WANNER hat zwei Häuser genauer unter die Lupe genommen.
Diego hat sein Zuhause unter dem Knallerbsenstrauch. Da sitzt das niedliche Kerlchen mit den großen Kulleraugen, einer Tasse in der Hand und einer Teekanne mit Sprung auf dem kleinen Tischchen und träumt von einer Party mit seinen Freunden. Er malt sich das rauschende Fest in den schönsten Farben aus, die Denkblase über seinem Köpfchen leuchtet schillernd – und wird jäh zum Platzen gebracht.
Der Maulwurf platzt sehr wörtlich genommen ins Haus und meldet Zweifel an, ob Diegos Haus der geeignete Ort für ein Fest sei. Der lässt sich auch gleich verunsichern, zweifelt daran, dass seine Behausung schön genug für so einen Anlass ist. Aber wo könnte so eine Verschönerungsaktion ansetzen?
Diego macht sich mit seinen roten Stiefelchen, der blauen Jacke und dem grünen Schal um den Hals auf den Weg, seine Freunde zu befragen, wie ein schönes Häuschen auszusehen hat. Willig geben Ameise Rosi, Spinne Odette und Schnecke River Auskunft. Aber so recht kann Diego mit ihren Tipps nichts anfangen. Und als plötzlich ein Gewitter losbricht und Diego klatschnass zu werden droht, hat leider keiner seiner Freunde Platz für ihn.
Gefrustet kommt er endlich wieder daheim an mit der Erkenntnis: »Mein Haus ist ein einziges Chaos!«. Aber stimmt das überhaupt? Am nächsten Morgen erwartet ihn eine riesengroße Überraschung und am Ende viel Lob von allen Seiten für sein gemütliches, geräumiges Heim.
Die Graphic Novel mit Text von Matthew Burgess und vergnüglichen Bildern von Uwe Heid Schrötter begleitet den kleinen Helden auf dem Weg zur Erkenntnis, dass Bedürfnisse unterschiedlich sind und man zu seinen eigenen stehen darf. Die Geschichte steckt voller Dramatik, die sich auch in den wechselnden Farben widerspiegeln, die von knallbunt bis zu tristem braungrau reichen. Die Dialoge finden in den Sprechblasen als markante Gestaltungsmerkmale wieder – und es gibt einiges zu reden unter den Freunden. Und einzusehen, dass es durchaus Unterschiede geben darf. Das findet eigentlich sogar der grummelige Maulwurf.
Vincent ist eine Maus, die nicht in einem Mauseloch lebt, sondern ihr Haus wie eine Schnecke auf dem Rücken immer mit sich trägt. So lange, bis sie an einen Ort kommt, von dem sie spürt: »Hier werde ich gebraucht«. Dort stellt sie ihr Haus hin und erwartet schon bald erste Gäste. Aber der Ochsenfrosch, der als erster vorbeikommt, ist ziemlich schlecht gelaunt und müde vom Hüpfen.
Die Einladung zum Ausruhen im Haus der Maus schlägt er aus mit der Begründung, das Haus sei viel zu klein für einen Frosch wie ihn. Er irrt sich und findet einen gemütlichen Platz auf dem Schaukelstuhl. Ähnlich geht es der Katze, die vor allem Hunger hat – gerne auf ein Mäuschen. Aber Vincent lädt sie zu warmer Milch und Honigwaben ein und schon bald sitzt die verblüffte Katze am gedeckten Tisch. Auch eine Igelfamilie darf sich am Kaminfeuer aufwärmen und ein Fuchs, zwei Dachse, eine Herde Rehe und andere Tiere finden bei Vincent Unterschlupf. Das Haus passt sich der Zahl der Gäste an, wächst und Vincent weist keinen ab. Auch nicht den Bären, den die anderen partout nicht reinlassen wollen.
Jonathan Stutzman hat sich eine wunderbare Geschichte von Gastfreundschaft und Großzügigkeit ausgedacht mit einer Maus als herzlichem Gastgeber und einem Haus, das allem gewachsen ist. Isabelle Arsenault findet dafür zauberhafte Bilder – denn ein bisschen Magie muss ja wohl mit im Spiel sein. Das Haus ist auf dem Cover eine Ausstanzung und auch im Inneren als Auslassung in den Seiten angelegt, von wo man Blicke sowohl von außen ins Innere als auch von innen nach außen werfen kann.
Nebenbei bleibt das Häuschen nicht allein: Eine ganze Stadt baut sich Seite um Seite auf. Alles wächst und blüht, bietet Raum, Schutz, Nahrung, es mangelt an nichts in Vincents Haus. Dann sind Nacht und Regen vorbei, die Tiere verabschieden sich und die kleine Maus mit ihrem Haus auf dem Rücken zieht weiter.
So ein offenes Haus, das alle willkommen heißt, ist doch eine wunderbare Sache. Zwei Bilderbücher erzählen, wie das aussehen kann – und man kann sich beide durchaus zum Vorbild nehmen.
Titelangaben
Matthew Burgess & Uwe Heidschrötter: Diegos Haus unter dem Knallerbsenstrauch
Aus dem amerikanischen Englisch von Lilian Pithan
Hamburg: Kibitz 2022
64 Seiten. 16 Euro
Graphic Novel ab 4 Jahre
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Jonathan Stutzman: Maus mit Haus
(The Mouse Who Carried a House on His Back, 2022)
Illustriert von Isabelle Arsenault
Aus dem Englischen von Anna Schau
48 Seiten, 18 Euro
Bilderbuch ab 4 Jahre
| Leseprobe
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