Ein bisschen Hokuspokus

Kinderbuch | André Bouchard: Ein Tag im Leben einer Fee

Was braucht eine erfolgreiche Fee? Ein Kostüm und einen Zauberstab. Und dann kann es eigentlich schon losgehen. Aber niemand ist erstaunter als Margot selbst, dass dieses Geburtstagsgeschenk schon ausreichen soll, um magische Kräfte freizusetzen. Von ANDREA WANNER

Eine traurige junge Fee sitzt in einem Bus, auf Ihrem Schoss sitzt ein großer Frosch.In dem nigelnagelneuen Outfit probiert Margot im Park aus, was als Fee geht. Eigentlich soll es ein Spiel sein, aber ihr erster Versuch – die Verwandlung eines Parkstuhls in einen Kürbis – gelingt tatsächlich. Ein »Simsalabim!« genügt. Der Stuhl ist verschwunden und da liegt plötzlich ein dicker, orangefarbener Kürbis an seiner Stelle. Unter den Augen ihrer Freundin Hermine hat sie ein Meisterstück vollbracht und kann es kaum fassen. Klar, dass das erst der Anfang sein kann. Nur verhält sich das Gewächs so gar nicht kürbismäßig und Margot muss es in ihrer Not in einen Kinderwagen verwandeln.

Das klappt so mittelprächtig, aber die junge Zaubererin gibt nicht auf, schwingt weiter den Zauberstab und sorgt für einen Hokuspokus, über den sich Hermine fast kaputt lacht. Das kann die Jungmagierin nicht auf sich sitzen lassen und schon findet sich die Freundin als Kröte wieder. Margot erschrickt. Das wollte sie nun wirklich nicht. Aber jetzt fangen die Probleme erst dann, denn die Rückverwandlung will beim besten Willen nicht funktionieren.

André Bouchard ist ein Meister Fachs. Für ›L’ abominable sac à main‹, die Geschichte über eine erstaunliche, wörtlich »abscheuliche«, Handtasche, erhielt er 2013 den Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreis. Die hexende Margot, die kleinlaut vor Hermines Mutter ihr Missgeschick gesteht, ist eine hinreißende Figur, der Witz der Geschichte schlicht umwerfend, auch wenn er sich eher etwas älteren Kindern und Erwachsenen in seiner ganzen Tragweite erschließt. Macht gar nichts.

Man kann einfach staunen, die fein ziselierten Schwarz-Weiß-Illustrationen bewundern, die an genau der richtigen Stelle mit Farbe aufgepeppt werden. Der Text besteht lediglich aus Dialogen, die in unterschiedlichen Farben den beiden Mädels zugeordnet werden. Hermine und Margot sind ein ungleiches Paar, die eine klein und strubbelig, die andere blond und aufgebrezelt im Feengewand, das durch eine herrliche Story führt. Im Französischen brauchen sie dafür nur einen Nachmittag, im Deutschen füllt es einen perfekt absurden Tag. Gern würde man sie noch viel länger begleiten!

| ANDREA WANNER

Titelangaben
André Bouchard: Ein Tag im Leben einer Fee
(L’après-midi d’une fée, 2015)
Aus dem Französischen von Andreas Illmann
Berlin: Schaltzeit Verlag 2023
40 Seiten. 15 Euro
Bilderbuch ab 5 Jahren

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Der Spielraum eines Satzes

Nächster Artikel

Am Ende

Weitere Artikel der Kategorie »Kinderbuch«

Ein tierisches Vergnügen

Kinderbuch | Musik | Camille Saint-Saëns: Der Karneval der Tiere

Mozart war ein Wunderkind, keine Frage, aber es gäbe da jemanden, der das Prädikat ebenso verdient hätte: Camille Saint-Saëns, rund 80 Jahre nach Mozart geboren, 1835 in Paris. Er kann mit 2 Jahren lesen, schreibt mit 3 Jahren seine ersten Musikstücke, gibt mit fünf Jahren sein erstes Konzert, spricht mehrere Sprachen, und: Er hat ein extrem gutes Gedächtnis. Vielleicht entsprang der Karneval der Tiere ja seiner Sehnsucht und Fantasie: viel Einsamkeit nämlich hatte der Pianist, Dirigent, Musikwissenschaftler und Musikpädagoge in seinem Leben erfahren müssen und diese Geschichte ist ein grandioses musikalisches Fest der Freude und Gemeinschaft. Das interaktive Bilderbuch, so findet BARBARA WEGMANN, führt an Saint-Saëns Werk bestens heran.

Gruselvergnügen

Kinderbuch | Eleonora Marton: Hausmonster

Wer kennt sie nicht, die Dunkelheit, die Gegenstände verändert, Umrisse zeichnet, die einem einen Schrecken einjagen, Unbelebtes zum Leben erweckt? Vielleicht ist man in fortgeschritteneren Jahren ja ein bisschen abgeklärter, aber mal ehrlich: Fällt man nicht immer wieder doch auf Schattenfiguren rein. ANDREA WANNER jedenfalls geht es so und daher hatte sie viel Vergnügen an diesem entlarvenden Bilderbuch.

Kinderbuch | Philip Ardagh: Schlimmes Ende

Es gibt verrückte Geschichten und es gibt total verrückte Geschichten. In die zweite Kategorie gehört der haarsträubende Bericht von Philip Ardagh über das Schicksal von Eddie Dickens. Von ANDREA WANNER

Verblüffender Hokuspokus

Kinderbuch | Marianna Coppo: Das Buch, das deine Gedanken lesen kann

Zaubern ist eine faszinierende Kunst. Da verschwinden Dinge und tauchen wieder auf, wirbeln Zauberstäbe durch die Luft und fliegen Tauben aus Hüten. Und ein besonders spannender und geheimnisvoller Trick ist das Gedankenlesen, findet ANDREA WANNER

Fragen über Fragen

Kinderbuch | Charlotte Habersack: Torkel. Ist Brokkoli giftig?

Jana und die neugierige Giraffe Torkel sind wieder da. Und wieder löchert Torkel seine kleine Freundin mit Fragen, dieses Mal rund ums Thema »Essen«. Von ANDREA WANNER