Spannend wie ein Krimi

Sachbuch | Stephan Pincock, Mark Frary: Verschlüsselt

Kryptologie, eine faszinierende Geschichte und, versprochen: spannender als jeder Kriminalroman. Schon als Kind haben uns doch jede Geheimsprache, jede Verschlüsselung und geheime Codes begeistert, heute ist die digitale Verschlüsselung Alltag und überall anzutreffen. Zwei Wissenschaftsjournalisten laden ein zu einer ganz ungewöhnlichen Geschichte. BARBARA WEGMANN hat sie sich angeschaut.

Eine Frau sitzt vor einem altertümlichen Morsegerät und lauscht konzentriert in Kopfhörer»Schon seit mindestens zweitausend Jahren spielen Codes und Chiffren eine wichtige und manchmal entscheidende Rolle in der Politik, im blutigen Drama des Krieges, bei Mordanschlägen und bei der Verbrechensbekämpfung.« Durch die geheime Weitergabe von Nachrichten seien, so die Autoren, Kriege gewonnen und verloren worden. Imperien aufgebaut und zerstört worden. Immer wieder sorgen Codes und Chiffren für Hochspannung und Faszination in Büchern und Filmen, in Fiktion und auch in der Realität. Nun hier jetzt in einem außergewöhnlichen Buch die Geschichte der Verschlüsselung. Eines ist dabei durch alle Jahrhunderte und Jahrtausende gleichgeblieben:»Nichts vermag den Geist eines Menschen so zu fesseln wie ein Geheimnis«.

Egal ob für einen Geschichtsfreund generell oder Fan von Abenteuer und Spannungsbüchern im Besonderen: Dieser Geschichtsabriss trifft voll ins Schwarze und wird Sie begeistern. Chronologisch aufgebaut, von den Ursprüngen im Alten Ägypten bis zum modernen digitalen Zeitalter, durchgehend erklärend, belegend und anschaulich allemal bebildert wird das Buch zu einem bemerkenswerten Erklärstück. Geschildert wird der ewige Kampf zwischen Kryptographen und Kryptoanalytikern, zwischen denen, die sozusagen die Geheimwege der Nachrichtenübermittlung erfinden und jenen die alles daransetzen, diese zu knacken. Gerade für die Letztgenannten sind, so die Autoren, nicht nur das Lüften eines Geheimnisses, sondern vielmehr auch »Patriotismus, Rachegefühle, Habgier oder reiner Wissensdurst« die Triebfedern. Beispiele zeigen, was »hinter Verschlüsselungssystemen steckt und wie man Codes auch selbst knacken kann.«

Vorgestellt werden zudem Menschen, die bekannt wurden mit dem Verschlüsseln und Entschlüsseln von Nachrichten und Daten, so im Ersten und Zweiten Weltkrieg.

Ausführlich dabei auch die Vorstellung der so berühmten ENIGMA-Maschine, erfunden von dem Deutschen Arthur Scherbius, eine Maschine, die über 150 Milliarden möglicher Kombinationen verfügte, das sei nicht zu knacken, so dachte man … Ein kleines, unscheinbares Kästchen mit Lämpchen und Tastatur, aber mit was für einer Leistung damals. Es waren britische Codeknacker, die das Rätsel entschlüsselten. »Diese Dechiffrierung war nicht nur mitentscheidend für den Ausgang des Krieges, sie gilt auch bis heute als Meilenstein der Kryptografie-Geschichte – und bereitete der Computertechnik den Weg.«

Verschlüsselung ist heute wichtiger denn je geworden, im Zeitalter von Google, Amazon, Facebook und Co. Aber: Haben wir unsere Privatsphäre nicht schon längst verloren, wissen wir noch, wer Zugriff auf unsere Online-Daten hat? Eine Antwort liefert das Buch nicht, fordert aber geradezu dazu auf, nach der in der Tat hochinteressanten Lektüre eine eigene Stellungnahme zu finden.

| BARBARA WEGMANN

Titelangaben
Stephan Pincock/ Mark Frary: Verschlüsselt
Die Geschichte geheimnisvoller Codes von den Hieroglyphen bis heute
Bern: Haupt-Verlag 2023
192 Seiten, 36 Euro
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

Reinschauen
| Leseprobe

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Bunte Dystopie

Nächster Artikel

Harmonie

Weitere Artikel der Kategorie »Sachbuch«

Er wechselte die Seite

Gesellschaft | Markus Morgenroth: Sie kennen dich! Sie haben dich! Sie steuern dich! Big Brother. Ursprünglich ist das keine Fernsehsendung, sondern eine lückenlose gesellschaftliche Überwachungsinstanz in einem Staat der Zukunft. Die RTL-Veranstaltung setzt den Zuschauer selbst in die Situation der überwachenden Instanz und amüsiert sich über jegliche Überwachungsgefährdung. Der Zuschauer erlebt einen derbe lustigen Ringelpiez mit Anfassen, dem sich u. a. ein Ex-Senator aus Hamburg aussetzt, was also soll daran schlimm sein. Von WOLF SENFF

Heilung ohne Rezept

Sachbuch | Miriam Wiegele: Naturwissen

Ob es ein Schnupfen war, Halsschmerzen, oder eine kleine Wunde, wie immer am Knie, wenn ich hingefallen war, meine Großmutter hatte immer etwas Passendes parat. Kräuter, einen Tee, einen Verband, etwas zum Gurgeln, Spülen oder inhalieren. Ärzte und Apotheken verdienten an mir nicht viel. Dieses Wissen über Heilpflanzen und Naturkräfte, es wurde von Generation zu Generation weitergegeben, zusammengefasst hier in einem wunderbar umfangreichen Buch, zum Blättern und gesund werden und vor allem: zum Wissen um die Dinge, meint BARBARA WEGMANN

Der jugendliche Camus

Menschen | Abel Paul Pitous: Mon cher Albert Wird Albert Camus noch gelesen? Die Pest? Camus stand stets im Schatten von Jean Paul Sartre. Oh, sie begründeten die Tradition der schwarzen Rollkragenpullover, dafür sei beiden gedankt, Camus kam leider früh zu Tode. Der hier veröffentlichte Brief fand sich im Nachlass des 2005 verstorbenen Abel Paul Pitou, eines Jugendfreundes von Camus, und wurde 2013 von dessen Sohn zur Veröffentlichung gegeben – die unscheinbarsten Manuskripte erreichen die Welt auf den kompliziertesten Pfaden. Pitous und Camus spielten in diversen Schulmannschaften gemeinsam Fußball, das verleiht dem Text spezielle Würze in diesem Jahr der Fußball-Weltmeisterschaft.

Durch 5000 Jahre im Schweinsgalopp

Kinderbuch | Peter Frankopan: Die Seidenstraßen. Eine Weltgeschichte für Kinder Weltgeschichte ist ein Konzept, das Großes verspricht. Die Welt ist schließlich ziemlich groß und es passiert auch ordentlich was im Lauf der Zeit. Allerdings ist es auch ein altertümliches und eingeschränkt gedachtes Konzept. Ob das gut geht? Von MAGALI HEIẞLER

Eines Tages wieder …

Sachbuch | 150 Bars, die man gesehen haben sollte

Mal ein ganz anderer Tenor: Eine Reise um die Welt und die Ziele sind nicht etwa verlockende Hotels, weite Strände oder monumentale Bauten, sondern 150 so ganz verschiedene Bars. Da muss schon die Recherche für dieses Buch viel Spaß gemacht haben und ganz offensichtlich die Gestaltung, die Texte, die Fotos ebenso, so das erste Urteil von BARBARA WEGMANN. Na dann, »Auf Ihr Wohl«.