Ein Hanabi* an spannenden Informationen (* Feuerwerk)

Die meisten wissen wahrscheinlich nicht viel über Japan. Sicher, dass man in dem ostasiatischen Land mit Stäbchen isst. Aber was fällt uns sonst ein über Land und Leute, die kulturellen, rituellen und religiösen Bräuche in Nippon? Zwei Einladungen in die Ferne. Von ANDREA WANNER

Ein Gemälde des FujiyamaDer Band, den Christin Bohnke und Josephine Pauluth zusammengestellt haben, ähnelt mit seinen 37 Kapiteln einem gut gemachten Reiseführer. Jeweils auf einer stimmungsvoll und detailreich illustrierten Doppelseite reichen die Themen von »Eisiger Schnee und weiße Strände – Japans Norden und Süden«, »Eine U-Bahn-Fahrt durch Tokio« und »Japanischer Aberglaube« bis zu »Der japanische Kaiser«, »Wie spielen japanische Kinder« und »Die japanische Sprache.« Umfangreich und kompetent kommt hier in prägnanter Kürze alles zur Sprache, was interessieren könnte.

Man erfährt, worum es sich bei Geishas handelt, was ein Shinto-Schrein ist oder wie ein japanisches Kinderzimmer aussieht. Der Text ist dabei jeweils in die doppelseitigen Bilder von Josephine Pauluth integriert, sodass jeweils zunächst die treffenden Szenen ins Auge stechen, die Menschen in Aktion, Landschaften und Gegenstände zeigen. Das ist wirklich schöne gemacht und wird durch den gut lesbaren und nie ausschweifenden Text von Christin Bohnke bestens ergänzt. Am Ende hat man ein Bild von Japan gewonnen, das einem das Land der aufgehenden Sonne näher bringt.

Einen ganz anderen, kein bisschen weniger spannenden, Weg wählt Eva Offredo. Der japanische Gruß »Yahho!«, der unter Mädchen üblich ist, ist eine Einladung, acht Frauen aus Japan näher kennenzulernen. Alle acht üben dabei ungewöhnliche Berufe aus, die wir gleich auf einer vorangestellten Japankarte kennenlernen. Von Norden nach Süden sind da Midori, die Mooskundlerin, die Hanabi-Feuerwerkerin Akari, Tsuyu, die Bäuerin und Soba-Müllerin, die Chindogu-Künstlerin Emi, die Papierdrachenkünstlerin Sora, die Sandbademeisterin Yoko, die Sumoringerin Rin und die Kintsugi-Restauratorin Kameku.

Vermutlich kann man sich außer unter einer Papierdrachenkünstlerin kaum etwas vorstellen, vielleicht noch unter einer Sumoringerin und ganz unter Umständen hat auch jemand schon mal etwas von Kintsugi, der traditionellen japanischen Reparaturmethode für Keramik, gehört. Die anderen Berufe klingen rätselhaft und sind auch in Japan etwas Besonderes. Midori ist tatsächlich in der freien Natur unterwegs, sammelt Moose, erfasst und katalogisiert sie. Die Arten reichen von Silbermoos und Haarmützenmoos bis zu Besenmoos, über hundert verschiedene Proben hat sie in ihrer Hütte. Beim Sandbaden wird man in einem Yukata, einem leichten Baumwollkimono, bis zum Hals in 45-50 Grad heißen Sand eingegraben und schwitzt darin für rund zehn bis fünfzehn Minuten. Das zu begleiten ist Aufgabe einer Sandbademeisterin, wie Yoko eine ist.

Offredo hat für jede der Frauen eine eigene Farbe gewählt und widmet jeder acht Seiten. In leuchtendem Violett mit Weiß und Schwarz zeigen dem Comic entlehnte Panels den beruflichen und privaten Alltag von Akari, der Feuerwerkerin. Ihr Name bedeutet übersetzt Licht oder Leuchten und genau das tun die von ihr aus einem Stück Riesenbambus, Schwefelpulver, Schnur, Schwarzpulver und Steinchen gebauten Feuerwerkskörper. Im Sommer steigt Akari immer auf den Fuji, den 3776 Meter hohen höchsten Berg und Vulkan Japan, damit seine Kräfte auf sie übergehen.

Emi lebt in Tokio und ist Chindogu-Künstlerin. Dabei denken sich Künstlerinnen witzige und originelle Erfindungen aus, die ein bisschen verrückt, sind wie zum Beispiel eine Kopfkissenhaube, damit man immer und überall schlafen kann oder eine Kopfbedeckung, die aus einem tragbaren Klopapierabroller für Tage mit starkem Schnupfen besteht. In fröhlichem Blau lassen sich diese und andere Dinge bewundern.

Wir erfahren, was Emis Lieblingsstier ist, warum Soras Festtags-Kimono mit einem Kranich bestickt ist und wie Rin zwischen zwei Kämpfen neue Kraft tankt. Ungewöhnlich und grafisch wirklich besonders gestaltet ist das kleine Buch über Japanerinnen eine echte Kostbarkeit.

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Christin Bohnke: Japan
Das Land der aufgehenden Sonne
Illustriert von Josephine Pauluth
München: arsEdition 2023
80 Seiten, 22 Euro
Sachbuch ab 10 Jahren
| Leseprobe
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

Eva Offredo: Japan Yahho!
(Yahho Japon, 2021)
Aus dem Französischen von Tobias Scheffel
Frankfurt: Moritz 2023
88 Seiten, 22 Euro
Sachbuch ab 9 Jahren
| Leseprobe
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Fadenspiele

Nächster Artikel

Zwölf Wochen

Weitere Artikel der Kategorie »Kinderbuch«

Fast wie die Queen

Kinderbuch | Frauke Angel: Ein Zimmer für mich allein

Elli hat ihren Namen Elizabeth (mit Z!) bekommen, weil ihre Mutter die englische Königin toll fand. »So sollte man als Frau durch Leben gehen«, findet die alleinerziehende Mutter dreier Kinder. Aber anders als die Queen, die im Buckingham Palace Zimmer ohne Ende hatte, muss sich Elli ihres mit den beiden Brüdern teilen. Dabei hat sie nur einen Wunsch, den ANDREA WANNER nur zu gut versteht.

Romantik mit Huhn

Kinderbuch | Anna Woltz: Kükensommer Kinder erleben Abenteuer oder Kinder haben Probleme, so ist das in Kinderbüchern. Zuweilen sind die beiden Themenbereiche vereint, Kinder mit Problemen erleben ein Abenteuer. Aber wie steht es mit der Romantik? Geht das? Darf das? So richtig rosarot, Zuckerguss und Blümchenstreuen? Es darf und es geht, Anna Woltz macht es vor, mit Huhn! Von MAGALI HEISSLER

Ein Kater als Detektiv

Kinderbuch | Nina Petrick: Hinterhof-Geheimnisse

Für kriminalistische Aufgaben werden Hunde eingesetzt, von Polizeikatzen ist nie die Rede. Dabei hat Kater Willy das Zeug zum großen Detektiv, der einen Kriminalfall löst, oder. ANDREA WANNER hatte Spaß an der Erstleser:innen-Geschichte.

Ungeahnte Fähigkeiten

Kinderbuch | Debra Kempf Shumaker: Ausgeflippte Fische

Da haben zwei ganz offensichtlich viel, viel Freude an einem Buch mit seinem fischigen Thema gehabt: die Autorin, die in Nord-Virginia lebt, und die Illustratorin in London. Kein Wunder, dass das Bilderbuch bei derart gelungener Zusammenarbeit zu einem Tipp der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur im September 2022 avancierte. BARBARA WEGMANN hat es sich angeschaut.