Zum Abhaken

Kinderbuch | Rebecca Patterson: Mein fuchsteufelswilder Stinkesauertag

Es gibt Tage, die sind von vornherein zum Vergessen. Da steht man mit dem linken Fuß auf, nichts klappt, alles geht schief, die Laune wird immer mieser. Das geht nicht nur Erwachsenen so, Kinder kennen das auch, ist ANDREA WANNER klar.

Ein kleines Mädchen schreit laut, ein Stoffhase liegt daneben und hält sich die Ohren zu.Dass Bella genau so einen Tag erwischt hat, zeigt schon das Cover. Da steht sie, grimmiger Blick, zum Schreien weit geöffneter Mund, nur einen der beiden roten Schuhe am Fuß. Bellas Tag ist mies – um genau zu sein, ist es ein »fuchsteufelswilder Stinkesauertag«!

Er beginnt mit einer fürchterlichen Wut auf Bob, den kleinen Bruder. Das fröhlich dreinschauende Krabbelkind wagt es, an Bellas Schmuck herumzuschnullen, der auf dem Kinderzimmerboden verstreut liegt. Eklig. Und überhaupt hat er das nichts verloren. Und so geht es grad weiter. Das Frühstück, das aus einem Ei besteht, ist schrecklich, und statt eine liebevolle Mutter Verständnis zeigt, hält sie der großen Schwester nur Bob als Vorbild vor Augen, der sich brav seinen Brei füttern lässt. Also sind auch die Schuhe doof und beim Einkaufen kriegt Bella einen kleinen Schreianfall.

Alles ist ein Mist. Das Spiel mit Sascha, der Ballettunterricht und dass alle Bob so süß finden. Es gibt sie, diese fürchterlichen Tage, an denen man sich selbst im Weg steht und aus der üblen Laune gar nicht mehr rausfindet. Da hilft nichts und niemand. Das tut weh und erschöpft, weil man sich von der ganzen Welt missverstanden fühlt. Am Ende kann man sich nur an Mama kuscheln und gestehen, dass es einfach ein ganz grässlicher Tag war. Und hoffen, dass der nächste besser wird.

Rebecca Patterson folgt mit viel Empathie den Launen eines kleinen Mädchens, das offensichtlich mitten im Trotzalter steckt. Durch die berühmt-berüchtigte Phase müssen alle durch, Kinder wie Eltern. Das laugt aus, kostet Kraft und ist das Gegenteil von schön. Sie lässt Bella selbst erzählen und da steckt schon immer ein klitzekleines Stückchen Selbsterkenntnis mit drin, trotz aller Miesepetrigkeit.

Aber noch ist es nicht so weit. Noch gucken alle missbilligend, finden alle den kleinen Bob süß und schütteln den Kopf über die widerborstige Kleine, die Theater macht, ganz klassisch mit Auf-den-Boden-werfen und Gebrüll. Ausdrucksstarke Bilder begleiten das Geschehen und man fühlt sich mittendrin, den Figuren mit ihren großen Kulleraugen sehr nah.

Es gibt ein versöhnliches Ende, denn auch ein fuchsteufelswilder Stinkesauertag – eine wirklich gelungene Übersetzung von ›My Big Shouting Day‹ – hat einen Abend und der nächste Tag die Chance, ein besserer zu werden.

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Rebecca Patterson: Mein fuchsteufelswilder Stinkesauertag
(My Big Shouting Day, 2012). Aus dem Englischen von Johansson Juri
Berlin: Kraus Verlag 2024
32 Seiten, 17,90 Euro
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Liebe ausgeschlossen

Nächster Artikel

»Jeder Mensch ist ein Abgrund«

Weitere Artikel der Kategorie »Kinderbuch«

Wer war’s?

Kinderbuch | Josh Lieb: Kapitel 2 ist weg!

Bilderbuchkrimis gibt es nicht so häufig. Klar, gelegentlich wird eine Torte entwendet oder eine Möhre geklaut. Aber ein Kapitel? Das ist doch eher ungewöhnlich. ANDREA WANNER ging der Sache auf den Grund.

Ein paar Worte zum sozialverträglichen Verhalten

Kinderbuch | Sigrid Zeevaert: Annabel und Anton. Tür an Tür in Nr. 9 Es gab eine Zeit, da wurde viel von Benehmen gesprochen und darunter verstand man nicht bloß Tischmanieren, sondern ein anständiges Miteinander. Da das in den Ruf geriet, völlig verstaubt zu sein, wurde der Begriff in »sozialverträglich« umgetauft. Das als wesentliche Grundlage für eine Kindergeschichte zu nehmen, ist immer noch ein Wagnis, wer will schon verstaubt sein? Sigrid Zeevaert ist das Wagnis eingegangen und präsentiert ein paar Worte zum sozialverträglichen Verhalten frisch, herzlich und überzeugend. Von MAGALI HEISSLER

Gerüchteküche

Kinderbuch | Charlotte Habersack: Der schaurige Schusch Wer auf dem Dogglspitz lebt, kriegt vom Rest der Welt nicht allzu viel mit. Man ist unter sich. Und das gerne. Störungen von außerhalb sind unerwünscht. Und was, wenn sie passieren. ANDREA WANNER war neugierig.

Chemo und die Bohne in der Nase

Kinderbuch | Peter Schössow: Wo ist Oma?

Nie war Aufklärung so wichtig wie heute: Wer oder was ist Corona? Und was passiert in einem Krankenhaus? Von Corona wusste Schössow vor vier Jahren noch nichts, aber mit seinem Bilderbuch »Wo ist Oma?« nimmt er einem die Angst vor dem Krankenhaus. Und das ist heute wichtiger denn je. Von GEORG PATZER

Lauter kleine »Wutköpfe«

Kinderbuch | Toon Tellegen: Wird denn hier keiner wütend?

Es ist über 30 Jahre her, seit meine Tochter – damals im zarten Alter von drei oder vier Jahren – sich vor Trotz und Wut in einem Supermarkt auf den Boden warf, filmreif. Natürlich dort, wo gemeinerweise alle Süßigkeiten liegen, gemeinerweise an der Stelle, die für Mütter und Väter zur Bewährungsprobe wird: an der Kasse. Geduld lernt man und der »Anfall« war eine Minute später auch überstanden und mittlerweile greift meine Tochter zu anderen Strategien. Wut und Gefühle überhaupt zu kennen, zu beherrschen und mit ihnen umgehen zu können, dazu hier ein wunderbar unterhaltsames und gefühlvolles Buch gleichermaßen, das Eltern mit ihren Kindern gemeinsam lesen und bereden sollten, empfiehlt BARBARA WEGMANN.