Kater Josef hat es sich gemütlich in seinem Leben eingerichtet. Er verbringt seine Tage im Wesentlichen auf seiner Couch und fühlt sich dort pudel-, Verzeihung!, katerwohl. Das soll sich ändern. ANDREA WANNER freute sich an der amüsanten Geschichte.
Routine ist das Allerwichtigste in Josefs Leben. Nach dem entspannten Aufwachen zwischen kurz nach 10, das sich bis kurz nach 11 ausdehnt, folgte die erste von drei über den Tag verteilen Körperpflegeeinheiten und nach einem ausgiebigen Frühstück ein wohlverdientes Verdauungsschläfchen.
Dann ist ja auch schon Nachmittag, gefüllt mit Bildungsprogramm, Meditation, Mittagessen, dem nächsten Verdauungsschläfchen und ein paar Minuten Gymnastik. Und selbstverständlich alles auf dem grünen Kanapee.
So geht es weiter mit Kaffee und Kuchen, weiterem Bildungsprogramm in Form von Fernsehen, dem Abendessen und kurz nach Mitternacht dem Schlafen. Jeder Tag folgt diesem Ritual, alles vom Sofa aus, das er wirklich nur im größten Notfall verlässt, wenn er zum Beispiel »ein gewisses Örtchen aufsuchen musste«, fast am Ende der Welt in hinteren Teil des Gartens gelegen. Ein unangenehmer aber nicht vermeidbarer Gang für das moppelige Tier.
Ärger verursacht außerdem der lärmende Nachbarshund Rudi, wenn er im Garten kläffend Fußball spielt. Ignorieren ist schwierig, so gehört auch dieses tägliche Ärgernis einfach dazu. Rudi ist schlicht hyperaktiv, rennt und kickt ständig – und stößt eines schönen Tages tatsächlich bei einem ungenauen Kopfball mit dem armen Kater auf seinem Weg zum Ende der Welt zusammen. Der Schreck wäre schlimm genug, die Folgen sind katastrophal: Kater Josef fängt sich ein zwickendes, zwackendes kleines Etwas ein: einen Floh.
Franziska Biermann hat sich die Geschichte um den charmanten Faulpelz bereits 2008 ausgedacht, damals im Residenzverlag erschienen. Die Neuauflage in der Edition Nilpferd ist ein echter Glücksfall, denn die genial illustrierte Story hat in den Jahren nichts an Witz und Aktualität verloren. Wer was erreichen will – in diesem Fall einen Floh loswerden – muss die eigene Komfortzone verlassen. Und wer hätte geahnt, dass unsere Katze über so viele Talente verfügt. Zunächst einmal über Witz und Intelligenz, denn wer sich eines solchen Ungeziefers entledigen will, braucht Ideen und einen Plan. Und dann über unglaubliche Fähigkeiten, die zur Durchführung notwendig sind.
Der Gedanke ist, dem Floh einen neuen Wirt schmackhaft zu machen, von dessen Blut er naschen kann, indem man diesem neuen, sorgfältig gewählten Tier körperlich nahekommt. Und das muss auf raffinierte Weise geschehen. Josef wählt sein erstes Opfer schlau, gibt sich als berühmter Friseur aus und verpasst dem verzückten Meerschweinchen gratis eine neue Frisur. Das Ergebnis ist überwältigend, das Meerschweinchen glücklich, nur leider der Zweck der Mission nicht erreicht: Der Floh ist noch immer da, wo er in Josefs Augen auf gar keinen Fall bleiben kann. Also braucht es einen neuern Ansatz als Wald-, Wiesen und Kammerjäger, der einer Kuh die lästigen Fliegen vom Leib hält – und dabei hoffentlich ein nicht weniger aufdringliches Tierchen an sie los wird. Tja, auch daraus wird nichts, aber der zwischenzeitlich sehr aktive Katzer gibt nicht auf.
Ein herrliches, temporeiches und schlaues Vergnügen, augenzwinkernd und originell von der Bilderbuchkünstlerin in Szene gesetzt. 64 Seiten mit viel Ruhe in der ersten und viel Action in der zweiten Hälfte und einem mehr als überraschenden Ende.
Titelangaben
Franziska Biermann: Der faule Kater Josef
Wien: Edition Nilpferd 2024
64 Seiten, 189 Euro
Bilderbuch ab 5 Jahren