Eine Maus ist gut ausgerüstet unterwegs. Wir wissen nicht, wohin sie will, begleiten sie aber gerne durch eine magische Welt. Von ANDREA WANNER
Da sehen wir sie im kleinen Boot mit blauem Schirm und rotem Rucksack, von freundlichen Fischen angeschoben. Wasser nicht nur von unten, sondern dichter Regen auch von oben. Das scheint ihr die Laune nicht zu vermiesen: Fröhlich lächelt sie vor sich hin. Ist es die Vorfreude? Auf den Weg? Auf das Ziel.
Die Route führt durch einen Zoo, an einem Wasserfall vorbei, mitten durch eine Wiese, tags und nachts, mit vielen wunderbaren Begegnungen wie die mit einem Elefanten oder ganz vielen Katzen.
Was diese Reise so zauberhaft macht, ist der geheimnisvolle Blick auf Alltägliches, den Heinz Janisch und Helga Bansch wagen. Der lyrische Text des österreichischen Kinderbuchautors und Ö1-Redakteurs besteht lediglich aus Worten, sich reimenden Paaren, jeweils eines davon pro Doppelseite. Wie Zauberformeln klingen sie, wenn die riesige rote Sonne als »Feuerball« tituliert wird und sie mit dem »Wasserfall« kontrastiert wird. Von unten nach oben wie ein Ball, dann von oben nach unten fallend, heiß und kalt, rot und blau: Gegensätze treffen aufeinander, reiben sich, irritieren und werden vom nächsten Wortpaar abgelöst: »Monsterberg« und »Zauberzwerg«. Der Berg erhebt sich groß und mächtig hinter einer Schar unterschiedlicher Tiere. Die Maus radelt sich umblickend daran vorbei, auf ihrem roten Rad, den Rucksack auf dem Rücken. Was da noch so leicht und locker aussieht, wird auf dem folgenden Bild, einer Szene in einer Stadt, dramatisch: Es gab einen Unfall, die Maus ist offensichtlich gestürzt, das Fahrrad liegt mit verbogenem Vorderrad mitten auf dem Weg. Aber der Zauberzwerg – ein Kind mit Zipfelmütze? – hat sich schon gekümmert. Geborgen sitzt die Maus auf seiner linken Hand, sorgsam verbunden das Mauseschwänzchen.
Diese mächtigen Worte werden von den Illustrationen Helga Banschs umgesetzt. Mal zart, mal kräftiger, mal wie durch einen Nebelschleier, mal klar. Die Maus sitzt auf Ästen und stapft durch das Gras, das sie überragt. Sie versucht sich als Ritter auf einem Schweinerücken und beobachtet im Mondschein ein ganz besonderes Schauspiel. Ein Weg durch die Welt, den man sich fantasievoller nicht ausdenken könnte. Der besondere Blick darauf macht ihn so außergewöhnlich.
Und dann kommt sie an, beladen mit Fundstücken von unterwegs, die sich den einzelnen Etappen zuordnen lassen, voller Eindrücke und am Ende einfach glücklich. Ein Glück, das aus allen Seiten dieses hinreißenden Buches spricht und dessen Macht man sich weder entziehen kann noch möchte.
Titelangaben
Heinz Janisch: Auf dem Weg
Illustriert von Helga Bansch
Wien: Jungbrunnen 2024
32 Seiten, 17 Euro
Bilderbuch ab 3 Jahren
Reinschauen
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