Lesen lernen ist ein langwieriger Prozess. Von der Fähigkeit, aus Buchstaben Wörter zu bilden bis zum Spaß am Lesen ist es ein weiter Weg. Eine Erfahrung, die nicht nur ein kleines Mädchen macht, weiß ANDREA WANNER.
Ich großen, schwarzen Buchstaben ist auf dem Cover zu lesen »ICH HASSE BÜCHER«. Das »HASSE« ist durchgestrichen, mit vergleichsweise zarten Strichen /die man aber fühlen kann). Und das »HASSE« ist durch ein »LIEBE« ersetzt. Was ist da passiert? Wenn man die Kleine mit ihrer runden Brille sieht, die ein Buch achtlos hinter sich wirft, ist man doch neugierig.
Die Geschichte beginnt mit einer Katastrophe. Endlich sind Ferien in der Schule und die Ich-Erzählerin ist glücklich. Das Frühaufstehen entfällt, genauso wie das lästige Lesen. Falsch gedacht. Sie muss zwar in den Ferien nicht zur Unzeit aus den Federn, soll aber tatsächlich ein ganzes Buch lesen. Von vorn bis hinten. So eine üble Zumutung. Die kann einem glatt alles vermiesen.
Während sie noch meckert, geht es ihre Mutter pragmatisch an. Sie schlägt einen Besuch in der Bibliothek vor. Allerdings kann einer bei so vielen Büchern schon fast übel werden. Wo anfangen? Am besten gar nicht. Aber auch da steht ihr wieder die kluge Erziehungsberechtigte bei und empfiehlt ein Buch, das sie als Kind geliebt hat. Ob das funktioniert?
Lesen lernen hat etwas mit Technik und Fertigkeiten zu tun. Bis die Fantasie sich dazugesellt, kann es dauern. Dazu muss man lesen können, lesen üben – und die richtigen Bücher finden. Das Thema muss stimmen, man muss sich in die Geschichte hineinziehen lassen können, wissen wollen, wie es weitergeht. Der Gedanke von Eltern, dazu eigene Lieblingsbücher heranzuziehen, birgt Risiken, kann funktionieren, muss nicht.
Mariajo Ilustrajo erzählt, lässt ihre Vorstellungskraft bunte Blüten treiben, greift zu Acryl, Gouache, Tusche und Buntstiften und lässt ein kleines Mädchen erfahren, was Lesen sein kann. Eine Welt voller Magie tut sich plötzlich auf, ist so real und erfahrbar, wie sie sich das nie hätte vorstellen können. Ihr Weg zur Leserin ist plötzlich voller Spaß, aller Stress ist vergessen. Sie liest. Überall. Legt das Buch nur weg, wenn es nicht anders geht. Und natürlich liest sie wie alle Leseratten mit der Taschenlampe unter der Bettdecke. Herrlich.
Das Bilderbuch liefert keine Rezepte dafür, wie so etwas gelingt. Aber es weckt Erinnerungen bei allen, die so einen Weg hinter sich haben – und weckt hoffentlich Sehnsüchte bei denen, die ihn noch vor sich haben!
Titelangaben
Mariajo Ilustrajo: Ich liebe Bücher
Zürich: Midas 2024
40 Seiten, 15 Euro
Bilderbuch ab 6 Jahren
Reinschauen
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