Emil, ein kleiner Junge, lebt mit seiner Mutter im Wald, mitten in der Natur. Als es Winter wird und sie in die Stadt gehen, ist dort für ihn alles neu und fremd. Kein gutes Gefühl, versteht ANDREA WANNER.
Krasser könnte man sich den Unterschied zwischen der Landschaft mit Grün und Tieren und dem Blick auf ein graues Häusermeer mit gigantischen Gebäuden kaum vorstellen. Aber auch wenn Emil zunächst komplett überfordert ist, lässt er sich auf das Neue, Unbekannte ein. Mutig stürzt er sich in das neue Leben, erkundet unterschiedliche Ecken, lernt Kinder und Tiere kennen. Das, was er vermisst, zeigt er ihnen. Er hilft seinen neuen Freunden beim Bepflanzen eines Gartens und er sucht mit ihnen den Mond am Nachthimmel, der schwer hinter den Bauwerken auszumachen ist. Aber sie finden ihn. Und dann kommt der Frühling und für den Jungen und seine Mutter ist es erneut Zeit, aufzubrechen und nach Hause zurückzukehren.
Der französischen Autorin und Illustratorin Frances Ives gelingt mit wenig Worten eine eindringliche und poetische Geschichte von Abschied und Neubeginn und dem, auf das man sich im Leben verlassen kann. Gerade dann, wenn sich vieles ändert, tut es gut, Gewohntes und Liebgewonnenes bei und um sich zu wissen. Bei Emil ist es der Mond, von dem er sich sicher ist, dass er von überall nachts auf ihn und seine Freunde leuchtet.
Bilder in zarten Farben, in denen vor allem ein sattes Gelb hervorleuchtet, ob in Form von Emils gelber Jacke, beleuchteten Fenstern in den Häusern oder die Mütze der Mutter, begleiten Emils Reise. Viele monochrome Flächen sorgen für Ruhe, aber es gibt auch bunte Seiten, wo sich die Farbflächen wie bei einer Patchworkdecke aneinanderreihen. Der Satzspiegel mit den knapp gehaltenen Sätzen ordnet sich unter, alles wirkt entspannt und ruhig. Der Mond ist immer ein Vollmond: groß, rund, in fahlem, fast weißlichem Licht prangt er am Himmel. Unverrückbar, zuverlässig und seine sanften Mondlichtstrahlen in alle Welt schickend. Ein schönes Gefühl. Das spürt nicht nur Emil.
Es gibt Dinge, auf die man sich einfach verlassen kann. Der Mond gehört dazu.
Titelangaben
Frances Ives: Da oben der Mond
(Maybe the Moon, 2018). Deutsche Übersetzung von Igna Gantschev
Zürich: Minedition 2024
32 Seiten, 16 Euro
Bilderbuch ab 4 Jahren