Roman: | Dana Spiotta: Glorreiche Tage
Dana Spiottas Roman ›Stone Arabia‹ (dt. ›Glorreiche Tage‹) liegt nun auch auf Deutsch vor – er erzählt die Geschichte eines Musikers, dessen letzte Zuflucht das Gesamtkunstwerk ist. Von JAN FISCHER
Vielleicht erzählt der Roman aber auch von der Macht der Selbstinszenierung, von Leben in der Phantasie. Vielleicht erzählt er davon, dass der Verlust der Jugend nicht so schleichend ist, wie man immer annimmt, sondern plötzlich und schmerzhaft.
Wollten wir nicht einmal etwas anderes?
Der Punkt ist: ›Glorreiche Tage‹ erzählt von allen diesen Dingen. Er erzählt von den Geschwistern Nik und Denise, 30somethings, die durch Kalifornien irren. Nik, der über einer Garage wohnt und sich selbst als Musikgenie inszeniert, indem er Alben herausbringt, die kaum jemand hört, selbst die Kritiken dazu schreibt, die er in seinen ›Chroniken‹ säuberlich abheftet, weit außerhalb dessen, was man als normales Leben bezeichnen würde.
Denise, die versucht, eines dieser normalen Leben zu führen – sie hat eine Tochter, sie hatte einmal einen Mann, von dem sie sich getrennt hat, sie versucht, ihre demente Mutter öfter zu besuchen, sie hat einen Job und eine Kreditkarte, die immer überzogen ist – und damit, diesem normalen Leben, hadert. Waren beide nicht einmal jung? Hatten beide nicht einmal ganz andere Pläne, als sich selbst zu belügen, als vor dem Internet zu versumpfen, viel zu berührt von überemotionalisierten Geschichten?
Feuerwerk aus Textarten
›Glorreiche Tage‹ kulminiert in dem Tag, an dem Nik einfach beschließt, zu verschwinden, weil er sein imaginiertes Lebenswerk – eine 20teiliges Album-Set – beendet hat. Über weite Strecken ist Denise die Erzählerin der Geschichte, Spiotta springt vom Ich-Erzähler in die dritte Person, flechtet ein paar von Niks Briefen und fiktiven Rezensionen ein, erzählt Filmpassagen nach, veranstaltet überhaupt ein formales Feuerwerk mit verschiedenen aneinandercollagierten Textarten, um Niks und Denises Geschichte nachzuerzählen, von dem Tag an, als Nik seine erste Gitarre bekommt.
Sie holt dabei weit aus, bleibt aber mit ihren Szenen sparsam, während sie durch die Jahre springt. ›Glorreiche Tage‹ ist kein langes Buch, aber eines, das eine vergleichsweise lange Zeitspanne erzählt, so dass der Autorin kaum etwas übrig bleibt, als jeder Szene, jedem Wort, schlicht viel Fleisch beizugeben.
Einfach immer weiterfliegen
Trotz der zersplitterten Zeitlinie und den unterschiedlichen Textformen ist ›Glorreiche Tage‹ stilistisch unaufgeregt, der Fokus liegt auf der Geschichte der kontrapunktisch angelegten Geschwister, die am Ende gar nicht so unterschiedlich sind.
Während Nik sich selbst die Geschichte seiner Genialität erzählt, versucht Denise sich an die wahre Geschichte zu erinnern, so, wie sie passiert ist und stößt dabei immer wieder an ihre Grenzen. So entsteht ein Buch über die Flüchtigkeit von Erinnerung, über verfallene Träume und diesen Punkt, an dem man entweder in der Realität aufschlägt – oder einfach auf den Schwingen der Lüge weiterfliegt.
Titelagaben
Dana Spiotta: Glorreiche Tage
Berlin: Berlin Verlag, 2014
ISBN: 978-3-8270-1191-6
256 Seiten, 19,99 Euro
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