Prepare to die!

Digitales | Games: Dark Souls III

Es gibt einige Dinge, die nur Videospiele möglich machen: Geschichten erzählen, ohne ein einziges Wort zu benutzen. Sich mit Charakteren zu identifizieren, Entscheidungen für sie zu treffen, ohne sie je kennengelernt zu haben. Den Puls von einer zur nächsten Sekunde rasen lassen, nur weil eine neue Errungenschaft, ein neues Ziel erreicht wurde, auf das man stundenlang hinarbeitete. ›Dark Souls I‹ war lange ein Sinnbild dieser Fähigkeiten. Als viele Spiele versuchten, etwas Neues darzustellen – sei es, indem sie ein neues Bewegungskonzept einbrachten oder mit den neuesten Animationen beeindrucken wollten –, schien sich ›Dark Souls‹ den Regeln moderner Spiele zu widersetzen und zeigte, wie es noch gehen könnte. Wie rau und verdorben eine Welt sein durfte, gleichzeitig befreiend aber vor allem: herausfordernd. Von DANIEL MEYER.

Dark Souls IIIMit ›Dark Souls III‹, dem mit ›Bloodborne‹ bereits fünften Teil der Serie, möchte uns From Software erneut in eine solche Welt eintauchen lassen. Und in der Tat, auch dieses Spiel schafft es, eine tiefgehende, faszinierende Erfahrung zu hinterlassen. Gleichzeitig zeigt es auch einige seiner größten Fehler auf. ›Dark Souls III‹ scheint keineswegs ein Fehlschlag zu sein, doch ist es Meilen davon entfernt, noch einmal die gleichen Erlebnisse zu vermitteln, die wir zu Beginn seiner Seelenreise erleben durfte.

Auferstanden, um zu sterben

Wie bereits in den vorherigen Teilen erzählt ›Dark Souls III‹ eine faszinierende, wenngleich in kleinen Details verborgene, Geschichte. Auferstanden von den Toten, wandern wir als einer der verfluchten »Unentfachten« durch die Länder des mittelalterlichen Lothrics, bestimmt dazu, die aufkommende, ewige Dunkelheit zu verbannen. Das erste Feuer muss neu entfacht werden, allerdings müssen dazu erst alle ehemaligen Helden besiegt werden. Spielern der ›Souls‹-Reihe wird dieses Konzept bekannt vorkommen (der ein oder andere mag FromSoftware sogar fehlende Originalität vorwerfen), es bringt uns jedoch schnell zu den Dingen, die in ›Dark Souls‹ wirklich wichtig sind: Das Erforschen riesiger, Angst einflößender, hässlicher, teils auch wunderschöner Gebiete und das Bekämpfen der dort ansässigen Kreaturen.

Gerade bei den Monstern erscheint es, als hätten sich die Entwickler die Kritik am Vorgänger sehr zu Herzen genommen. Statt human wirkender Gegner stehen wir in ›Dark Souls III‹ einer großen Bandbreite bizarrer Kreaturen gegenüber, von fliegenden Affendämonen bis hin zu embryoähnlichen Rieseneidechsen.

Schneller, schwerer, tiefgründiger – Das neue alte Kampfsystem

Dark Souls 3 Screen1Darüber hinaus werden sich Spieler der ersten Teile an das neue Tempo gewöhnen müssen. Viele Gegner agieren nun weitaus schneller und wendiger als aus den Vorgängern bekannt. Hier hat ›Dark Souls III‹ einiges von From Softwares Action-basiertem Spinoff ›Bloodborne‹ übernommen, was das Spiel über weite Längen schneller und interessanter macht. Natürlich steht euch weiterhin frei, euch hinter einem großen Schild gegen allerlei ankommende Gegnerhorden zu verstecken – ihr werdet jedoch feststellen, dass sich Ausweichrollen und Parieraktionen oftmals mehr lohnen werden. Manchen wird es zudem freuen, dass es alte Elemente aus ›Demon Souls‹ zurück in die Charakterbeschreibung geschafft haben. Neben einer neuen Waffeneigenschaft, dem »Waffen-Skill«, einer Spezialfähigkeit, die dem Nutzer je nach Equipment eine zusätzliche, ultimative Angriffsart gewährt, dürfen Spielemagier nun wieder auf »Magie(Fokus-)punkte« zurückgreifen. Gerade diese kleine Änderung verleiht dem bereits komplexen Kampfsystem mehr Tiefe, da ihr eure Heiltränke nun zwischen zwei Ressourcen (Lebens- und Magiepunkte) aufteilen müsst, was speziell in PvP-Momenten zu spannenden Strategien führen kann.

Oh, ein Sumpf! Danach noch ein Sumpf! Und ist das etwa ein Gift-Sumpf?!

Eine der größten Stärken der früheren ›Souls‹-Teile war die detailreiche Variation der einzelnen Gebiete, selbst wenn die Lage geographisch hin und wieder fragwürdig war. ›Dark Souls III‹ bietet dazu (leider) den Kontrast. Zwar lassen sich die Areale logisch zusammenfügen und innerhalb des Spiels sogar aus der Ferne überblicken, doch verändern sie sich zu wenig. Schlösser, anliegende Gärten, ein paar Sümpfe, Katakomben, Ruinen – alles Szenerien, die altbekannt sind und offenbar aus früheren Teilen recycelt wurden.Dark Souls 3 Screen2 Da täuscht auch der Nostalgiegedanke und gewollte Spiele-Verknüpfung nicht drüber hinweg, als alter Fan ist man ein wenig enttäuscht.

Ein Teil der Enttäuschung rührt dabei sicherlich auch vom über weite Strecken linearen Design der Gebiete. Betrachtet man ›Dark Souls I‹ und ›Dark Souls II‹ (ja selbst ›Bloodborne‹!), so beinhaltete deren Welt eine überaus komplexe Struktur. Man begann seine Reise auf einem Weg und endete meist in vielen Entscheidungen, auf unterschiedlichen Wegen zu neuen Gebieten, zwischen Abkürzungen oder plötzlich wieder am Ursprungsort. In ›Dark Souls III‹ hingegen werdet ihr selten mehr als ein bis zwei Wege zur gleichen Zeit erkunden können. In den meisten Fällen enden Seitenwege nach kurzer Zeit und bieten lediglich kleine Erfolgserlebnisse. Eine Vernetzung, das Gefühl früherer Überwältigung, wie groß ein bestimmtes Gebiet doch sei, werdet ihr eher selten spüren. Gleiches gilt für die Positionierung der einzelnen Feuerstellen. Während in früheren Teilen das Finden einer neuen Feuerstelle zu einer großen Welle der Erleichterung führte, werdet ihr nun, vor allem gen Ende, so manches Mal schulterzuckend zum nächsten Rastplatz gehen, eure Tränke auffüllen und routiniert weiterlaufen. Schade.

Das Ende

Dark Souls 3 Screen4 Abgesehen von den (zugegeben selten entstandenen) Performance-Problemen schafft es From Software, mit ›Dark Souls III‹ einen soliden dritten Teil der Reihe herauszubringen. Mit den Fähigkeiten der PS4/Xbox One ist es sicherlich das graphisch schönste ›Souls‹-Spiel, das derzeit auf dem Markt ist, und durch die Beschleunigung des Kampfsystems und den abwechslungsreichen Gegnern eventuell auch eines der schwierigsten. Wie bei vielen Fortsetzungen hängt es stark von den Erwartungen des jeweiligen Spielers ab, ob man mit ›Dark Souls III‹ auch für längere Zeit seinen Spaß haben wird oder nicht. Mögt ihr intensive, Controller-zerstörende Kämpfe und findet Spaß am Eindringen in andere Spielewelten, dann werdet ihr mit ›Dark Souls III‹ eine lange, (un-)glückliche Zeit verbringen können. Möchtet ihr Welten erkunden, neue Fallen und geheime Gänge erforschen, wie ihr es aus alten Teilen kennt, so werdet ihr schnell an Grenzen kommen. Alte ›Souls‹-Veteranen werden sich schnell in das Spiel einfinden, aber könnten sich durch die aufgegriffenen Elemente schnell langweilen. Spätestens nach dem dritten Mal sollte doch jeder wissen, dass sich auf einer leeren, langen Brücke immer Drachen tummeln, oder?

| DANIEL MEYER

Titelangaben
Dark Souls III
From Software/ Namco Bandai
seit dem 24. März erhältlich für Playstation 4, Xbox One, PC.
ab 59,99€ UVP.

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