Jugendbuch | David Levithan: Letztendlich geht es nur um dich
2014 hat uns David Levithan mit ›Letztendlich sind wir dem Universum egal‹ eine außergewöhnliche Liebesgeschichte geschenkt. ANDREA WANNER war gespannt auf die Fortsetzung.
Es gibt Bücher, an die man sich gerne erinnert. Aus den unterschiedlichsten Gründen. Levithans Geschichte von A, der jeden Tag in einem anderen Körper aufwacht, sein ganzes Leben lang schon, 16 lange Jahre, nichts anderes kennend, und der anfängt daran zu (ver)zweifeln, als er sich in Rhiannon verliebt, ist so ein Buch. Es wirft grundlegende Fragen auf, die sich mit dem wahren ICH beschäftigen und mit der Hülle, die die anderen sehen. Es beschäftigt sich mit Moral und Ethik. Und es erzählt eine wirklich ungewöhnliche Liebesgeschichte. Mit einem Ende, von dem man nicht so ganz genau weiß, ob es eines ist. Und trotzdem damit klarkommt.
Und jetzt gibt es Band 2. In der Danksagung am Ende erwähnt Levithan. Der Dank geht an alle Leser des ersten Bandes, die »mir ihre Reaktionen haben zukommen lassen. Ich darf wohl sagen, dass ohne ihre sinnreiche Begeisterung die Geschichte damit ein Ende gehabt hätte.« Über das Wort »sinnreich« stolpere ich beim Lesen, überlege mir, ob er im englischen Original wohl »ingenious« oder »clever« geschrieben hat, und kann mit beidem nicht viel anfangen. Aber ich verstehe, dass wir Leserinnen und Leser selber am 2. Band schuld sind. Denn was wir da auf 380 Seiten zu lesen bekommen, stellt uns als Leserinnen und Leser infrage.
Es beginnt als klassisches Déjà-vu: Moment, das habe ich schon mal gelesen. Stimmt. Levithan erzählt dieselbe Geschichte noch einmal, wieder aus der Perspektive eines Ichs. Dieses Mal ist es nicht A, sondern Rhiannon. Aus. Fertig. Wir kennen es. Wir haben beim Lesen ja genau diese Perspektive eingenommen, versucht uns vorzustellen, wie es wäre, wenn uns ein- und dieselbe Person täglich in neuem Äußeren begegnen, oder wegen widriger Umstände eben auch nicht begegnen würde. Kann man so sehr das lieben, was ein anderer Mensch in seinem Innersten ist, dass Aussehen und Geschlecht überhaupt keine Rolle spielen? Das war es doch, was uns beim Lesen – neben As Schicksal – am meisten umgetrieben hat.
Was mich am meisten beschäftigt hat. Wie sehr wir uns doch von Äußerlichkeiten leiten lassen. Natürlich ist es Spiel, auf das wir uns beim Lesen einlassen, das wir aber mitspielen. Was wäre, wenn … Ich habe es gespielt. So als wäre ich das Gegenüber, das sich mit A auseinandersetzen muss. Warum sollte ich das, was ich da lesend geleistet habe, jetzt noch mal lesen? Um zu sehen, an welchen Stellen Rhiannon anders empfindet? Wo sie die gleichen spontanen Reaktionen zeigt? Levithan schreibt das Buch, das wir beim Lesen längst im Kopf hatten. Er nimmt uns damit das, was das Lesen ausmacht.
Ansonsten: Die Geschichte ist flüssig geschrieben. Bewegend. Eine außergewöhnliche Liebesgeschichte, die diejenigen lesen können, die den ersten Band verpasst haben. Und von Levithan wünsche ich mir neue Bücher mit neuen, unverbrauchten Ideen.
Titelangaben
David Levithan: Letztendlich geht es nur um dich
(Another Day, 2015). Aus dem Englischen von Martina Tichy
Frankfurt: FJB 2016
384 Seiten, 16,99 Euro
Jugendbuch ab 13 Jahren
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