Lyrik | Johanna Hansen: Gedichte
Blau ist ein Lockvogel
Blau macht schlank
 bis zum siebten Himmel
 dazwischen ist Blau ein Aperitif
 hellhörig verrutscht zu Satin
 ein Geheimtipp überallhin
Blau sieht täuschend echt aus
 eine Flussaue mündet ins Blau
 Gefühle
 kühl entknotet
 ein paar Interna
 ein Horizont auf dem Tellerrand
Blau komplettiert ein Adagio zu Schwerelosigkeit
 und zieht sich nie aus der Affäre
 ein Vokal tauscht mit Blau
Blau ist ein Lockvogel
Ein Federstrich reicht aus
 und Blau hält sein Echo hin
 mehrstöckig
 mühelos tanztauglich
 in einer Landschaft auf Zehenspitzen
 
  
Gärten
dagegen bleiben gern
 sich selbst überlassen
 Kniekurz im Kraut
 Ein gehauchtes Gähnen
 Oder Efeu
 Duft von Päonien
 Mal Staubfaden
 Mal Pavillon
Darauf lässt sich zugehen
 Ein Garten wirft Köder aus
Biegsam
 und sich nicht einmal besonders
 ähnlich
 lassen Tage sich draußen
 wieder umgekehrt öffnen
 Lassen sich Sicherheitsnadeln
 aus den Plänen ziehen
 die um sich selber kreisen
Ein Katzensprung wäre
 das perfekte Kleidungsstück
 
  
Lockmittel
Duft von Gras aufs frisch gebackene Brot
 schneiden die Gärtner auf dem Grünstreifen
 Vielleicht verkauft eine Bäckerei heute mitten
 im Häusermeer Liebesorakel in diese Welt aus
 stop and go unter leuchtenden Netzen
 aus Momentaufnahmen
Sie spucken einen Zitronenfalter in den Luftzug auf der Haut
 Sein Flug ist der Wirbel
 in dem ich lautlos die Lippen bewegte wie um eine Lichtquelle
 Wie Endlosketten von Flügelschlägen
 gegen Lebensbeschleunigungselixiere
 Schon eine Haltestelle weiter
 die gewohnten Geräusche (vom Reißbrett der Stadt)
 für die geraffte Vollkommenheit der Zahl
Gebt mir Scheuklappen
 Mit schwarzen Tulpen bestickte Etüden
 umgearbeitet zu Lampenschirmen
 aus Kinderbuchseide
Die Essenz blanker Erde
 Mein Mund ist voller scharf schmeckender Halme
| Die Autorin ist Mitherausgeberin der zweimal jährlich in Düsseldorf erscheinenden Literaturzeitschrift Wortschau .

 
  
  
  
  
 
 
  
 