Die Kunst und das Netz

Kunst | Kunst Sammeln mit wenig Geld Nr. 2 – Sammeln mit Hilfe des Internets

Wer etwa einige Gemälde oder eine Mappe voller Graphik erbt, dem kann der Weg als Sammler schon vorgezeichnet sein. Alle anderen, die ohne diese gute Voraussetzung ihre Liebe zur Kunst entdecken und sich mit geeigneten Bildern umgeben möchten, müssen ihre Wunschvorstellungen selbst entwickeln und Strategien finden, wie sie ihren Zielen näher kommen. Jedem Entschluss zum Aufbau einer regelrechten Kollektion ist gewöhnlich eine Orientierungsphase vorgeschaltet. Von PETER ENGEL

Der künftige Sammler, der noch gar nicht so genau weiß, ob er wirklich einer werden kann und soll, wird sich zuvor umsehen in Museen und Galerien, Bildbände und Ratgeber zum Kunsterwerb heranziehen, vielleicht auch Auktionen besuchen oder Sachverständige befragen. Am Ende eines solchen Suchprozesses kann die Entscheidung stehen, Werke eines besonders geschätzten Künstlers, einer bevorzugten Bildgattung oder einer bestimmten Kunstrichtung gezielt zu erwerben, natürlich im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten und im Blick auf die zur Verfügung stehenden Räume, wo die Werke zur Geltung kommen können.

Am Anfang allen Sammelns sollte die umfassende Information stehen, facettenreich und eingehend. Wer sich so vortastet in den Bereich seiner ästhetischen Vorlieben, wird irgendwann auch die Schwelle zum Kauf eines Bildes überschreiten. Besonders geeignet zu einem solchen Einstieg sind heute die zahlreichen deutschen Kunstvereine, die quer über das ganze Land verbreitet sind und als qualitätvolle Jahresgaben Werke zeitgenössischer Künstler zu mäßigen Preisen anbieten. Ein derartiger Erwerb kann der Grundstock für eine Sammlung werden, wie es in der Tat auch nicht selten geschieht.

Hat ein Kunstinteressent seine ersten Käufe getätigt, so muss noch nicht ausgemacht sein, in welcher Weise und in welche Richtung er weitersammelt. Häufig stellt sich erst nach einiger Zeit heraus, wie genau die künftige Kollektion beschaffen sein soll. Erst dann ist wirklich von einer Sammlung zu sprechen, wenn der Kunstkäufer sein Ziel genauer definiert, wenn er unter den zahlreichen Möglichkeiten die auswählt, auf die er sich konzentrieren will. Erst in diesem Stadium wird der eigentliche Sammler geboren, jetzt erst kann sich seine Leidenschaft voll entfalten, wird er nach Erfolg versprechenden Mitteln suchen, um die Werke seiner Wahl engagiert zusammenzutragen.

Längst ist auch das Internet ein Tummelplatz für Kunstsammler geworden, für ernsthafte und auch für die wachsende Schar jener, die dort ihre ersten Erfahrungen machen möchten. Während die Auktionshäuser zusätzlich zu ihren verschickten Katalogen ihr meist hochwertiges Angebot auch ins Netz stellen, erscheint für den Sammler mit geringeren Mitteln eher von Interesse, was Portale wie ebay, eART oder diverse andere offerieren, weil das Preisniveau dort durchweg günstiger ist. Doch Vorsicht ist anzuraten, denn bei dieser Form des Anbietens fällt ein entscheidender Faktor aus, nämlich die Autopsie, also der unmittelbare Augenschein beim Betrachten eines Kunstwerks. Vielmehr ist der potentielle Käufer bei solchen Internet-Offerten ja ausschließlich auf Abbildungen angewiesen, die häufig von mäßiger Qualität sind oder sogar so stark verzerrt, dass ein Interessent keine zutreffende Vorstellung von tatsächlichen Aussehen und von der Beschaffenheit der Objekte gewinnen kann.

Diese Beschneidung seiner Prüfmöglichkeiten legt für den Sammler bestimmte Strategien nahe. So ist es wenig sinnvoll, über ebay etwa Gemälde oder Zeichnungen zu erwerben, wie sie dort in großer Zahl und häufig minderer Güte angeboten werden, weil man sich solche Werke grundsätzlich selbst anschauen und sie einem Echtheitstest unterziehen sollte, soweit das mit eigenen Kenntnissen möglich ist. Anders verhält es sich mit der Originalgraphik, die in noch weit größerem Umfang von den einschlägigen Internetportalen angeboten wird. Der Fälschungsverdacht fällt hier weitgehend weg, da sich kaum ein Betrüger die Mühe machen würde, derartige Werke, mit denen keine großen Gewinne zu erzielen sind, in schwierigen Herstellungsprozessen nachzuahmen.

Wenn man sich also für Originalgraphik interessiert und auf der Suche nach einem zusagenden Blatt die Angebote etwa in den verschiedenen Sektionen von ebay durchmustert, wird man auf große Qualitätsunterschiede stoßen. Die laienhaften Fotos, die von Privatanbietern ins Netz gestellt werden, sind ebenso häufig anzutreffen wie unzulängliche Beschreibungen der Objekte. Nicht selten fehlen auch die richtigen Titel der Blätter, ihr Zustand wird nicht zuverlässig beschrieben, manchmal sogar die graphische Technik falsch angegeben, die Maße unrichtig genannt. Trotzdem kann sich gerade hinter einem so unzureichend charakterisierten Werk ein kleiner Schatz verbergen. Das jedoch zu erkennen, erfordert neben einem besonderen Gespür vor allem Marktkenntnis, die man nur durch anhaltende Bemühung erwerben kann.

Wenn man die Angebote über längere Zeit verfolgt, wird man die seriöseren Händler von jenen unterscheiden lernen, die lediglich das Material von Entrümpelungsaktionen feilbieten und kaum wissen, worum es sich dabei handelt. Doch so problematisch so etwas auch sein mag, ist vielleicht gerade in diesem Sektor ein lohnender Fund zu machen, wenn man eben den richtigen Riecher hat – und die zutreffenden Vorkenntnisse.

Die Erfahrung lehrt jedenfalls, dass man in bestimmten Bereichen der Originalgraphik aus den letzten Jahrzehnten ganz erstaunliche Erwerbungen über die Internetportale tätigen kann. So sind etwa Blätter der Berliner Realisten oder der Rixdorfer-Gruppe häufiger für weniger als 100 Euro zu haben, auch für Radierungen von Horst Janssen oder von etwa von Alfred Hrdlicka muss man im Einzelfall nicht sehr viel mehr aufwenden, und etwa die meisterlichen Lithographien von Reiner Schwarz werden mitunter zu so lächerlichen Preisen im Netz „zugeschlagen“, dass man mitunter für Porto und Versand mehr zahlen muss als für ein Blatt selbst.

| PETER ENGEL

Alle Titel dieser Reihe
| Teil 1: Wie man Kunstsammler werden kann
| Teil 2: Sammeln mit Hilfe des Internets
| Teil 3: Chancen bei den kleinen Auktionshäusern
| Teil 4: Kunsterwerb beim Atelierbesuch
| Teil 5: Echtes und Falsches in der Kunst

2 Comments

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Kriegsgefahr?

Nächster Artikel

Blau ist ein Lockvogel

Weitere Artikel der Kategorie »Kunst«

Beckmann reloaded!

Kulturbuch | Max Beckmann. Von Angesicht zu Angesicht

Nach dem Katalog der Basler Ausstellung Max Beckmann. Die Landschaften hat sich SEBASTIAN KARNATZ nun den Katalog der Leipziger Ausstellung Max Beckmann. Von Angesicht zu Angesicht vorgenommen.

Ein modernes Künstlerleben

Roman | Markus Orths: Max In seinem jüngsten Roman ›Max‹ beleuchtet der deutsche Schriftsteller Markus Orths die privaten, künstlerischen und politischen Wechselfälle des Malers, Grafikers und Bildhauers Max Ernst. Von BETTINA GUTIÉRREZ

Antike Kunst von elektrisierender Wucht

Ausstellung | Nok. Ein Ursprung afrikanischer Skulptur, Frankfurt/Main Im Frankfurter Liebieghaus faszinieren 2500 Jahre alte Tonfiguren aus Nigeria im Dialog mit zeitgleicher mediterraner Kunst. SABINE MATTHES über eine provokante Ausstellung.

From Mystic to Plastic

Ausstellung | From Mystic to Plastic, München

Das Münchner Museum Fünf Kontinente zeigt zwei faszinierende Fotoserien von Stéphan Gladieu: afrikanische Maskenperformance als spiritueller Beistand und Protest, mit unheimlich-poetischer Kraft. SABINE MATTHES hat die Ausstellung gesehen 

THE CUBES

Kunst | Marc Peschke: The Cubes. Liquidacion Total!

Marc Peschkes Fotoobjekte aus der Serie ›The Cubes – Liquidacion Total‹, die seit dem Jahr 2012 entstehen (es sind sechseckige Diasecs) zeigen oftmals Orte des Transitorischen und der Transformation wie leere Schaufenster Plakatabrisse oder Relikte vergangener Architektur- und Designepochen. Bis zum 29. März sind sie in der LAUDA FabrikGalerie zu sehen.